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Sonntag, 3. Februar 2013

Sellmals, als der Baum auf den Traktor von meinem Chef fiel und ich nicht mal lachen durfte (2)

(Fortsetzung von hier)

Vivian und Wiebke waren zwei Orkane, die im Februar 1990 durch Deutschland fegten. Bei uns im Wald schmissen sie reihenweise Bäume um; eine Fichtenmonokultur ist auch nicht unbedingt sonderlich orkanresistent. Ein Waldspaziergang war auch nach den Stürmen eine gefährliche Angelenheit, weil überall Bäume angeknickt waren und noch umzufallen drohten. 


Damals hieß es auch, dass die Stämme möglichst rasch aufgeschnitten und von der Rinde befreit werden müssen, damit der Borkenkäfer sich nicht ausbreiten kann. Soweit ich das sehen kann, ist das heute nicht mehr Stand der Wissenschaft, jetzt lassen die Waldbesitzer den Kram einfach Jahre lang liegen. Damals bedeutete das aber, dass wir noch bevor die Frühlingsarbeiten begannen, den Wald aufräumen mussten. Das war nicht mehr ganz so geruhsam wie die paar Bäume umzuhauen, die der Förster markiert hatte. 

Normalerweise ging die Arbeit so vor sich. Der Chef suchte die Bäume, die umgesägt werden mussten. Bei den meisten Fichten, die etwa 30 m hoch waren, waren keine besonderen Vorkehrungen notwendig, Er begann mit der Motorsäge an der Seite zu sägen, in deren Richtung der Baum fallen sollte. Ich durfte mit dem Griffbengel, einem etwa 1,50 m langen massiven Eichenstock mit zwei metallenen Spitzen assistieren: Ich drückte, den Griffbengel etwa in Brusthöhe mit beiden Händen haltend, mit den Spitzen mit voller Kraft gegen den Baum, so dass dieser, sobald er genügend angesägt war, in die richtige Richtung fiel. Wer gerne blaue Flecken auf der Brust hat, dem sei diese Arbeit empfohlen. Das Problem war, dass mein Chef mit sicherem Blick die Richtung sah, in die der Baum ungehindert fallen konnte, und er mir diese Richtung ungefähr zeigte und lossägte. Ich sah hingegen meistens nur, dass da alle möglichen anderen Bäume standen. In den meisten Fällen fiel der Baum dann ein Stück, blieb dann aber in den Ästen eines anderen Baumes hängen. Mein Chef sah mich dann immer traurig kopfschüttelnd an, nicht fassend, dass man nicht sehen konnte, dass genau daneben doch eine gute Lücke gewesen wäre. Ich durfte dann den Baum an einer Stelle, wo er etwa 1,70 m vom Boden entfernt war, auf die Schulter nehmen und dann mit dem Baum auf der Schulter losrennen. Irgendwann befreite sich dann der Stamm und fiel zu Boden. Während ich das machte, hatte der Chef schon seine Säge an einen anderen Baum angesetzt und zeigte mir mit einer fahrigen Bewegung an, in welche Richtung ich drücken sollte. Wiederholung des Schauspiels. Wenn erstmal genug gesägt war, durfte ich mit der Axt die Äste vom Baum abhauen; später musste ich dann noch die Rinde entfernen (abschäffzgern nannte man das, eine ekelhafte Arbeit). 

Wenn die Bäume größer waren oder die Gefahr bestand, dass sie beim Fallen etwas beschädigen könnten, musste man natürlich vorsichtiger sein. Dann wurde normalerweise an der Seite, in deren Richtung der Baum fallen sollte, ein kleiner Keil ausgesägt. Angesägt wurde dann von der anderen Seite, die Lücke sorgte dann dafür, dass der Baum richtig fiel. In noch problematischeren Fällen nahm man Metallkeile, die während des Sägens mit dem Hammer in den Spalt geschlagen wurden, um zu verhindern, dass der Baum falsch fiel.

Bei dem Baum, den wir aber an jenem Märztag umsägen mussten, war uns auch das noch zu unsicher. Der Baum war ein wirklich großer Solitär, der dummerweise an verschiedenen Zäunen stand. Der durfte nur in eine Richtung fallen, da mussten noch weitere Vorkehrungen getroffen werden. Und so nahm das Unheil seinen Lauf....

(Fortsetzung folgt)

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