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Donnerstag, 24. April 2014

Die invalide Straße (2)

Manche Vorsätze hält man schwer durch. Eigentlich wollte ich ja hier grundsätzlich nichts nützliches oder wissenswertes aufschreiben, aber das fällt Leuten wie mir, die auf die Klugscheißerschule gegangen sind, ohnehin so schwer, dass ich mich nicht immer daran gehalten habe. Gerade lese ich allerdings ein Buch "Das Königliche Invalidenhaus zu Berlin" von Laurenz Demps,* das mich geradezu zwingt, einige der dort gewonnenen Erkenntnisse weiterzugeben. Wirklich tolles Buch, das einen die Stadt mit völlig neuen Augen sehen lässt. So war mir nicht klar, dass früher in der Gegend, in der heute der Nordbahnhof ist, die Scharfrichter waren und Galgen standen. Vollkommen fasziniert war ich allerdings, als ich las, wie die Gegend um die Invalidenstraße urbar gemacht wurde. Demps zitiert ein Schreiben von Generalleutnant von Hacke (nach dem der Markt benannt wurde), in dem es heißt: "Dieses Land umher war völlig einer Wüste gleich. Niemand hatte Lust, der Kosten wegen es zu bebauen. Nach der Richtung des Windes entstand bald hier und bald da ein Hügel von Flugsand, so dass man zuweilen sogar über die Palisaden in die Stadt hineinreiten konnte." Der Volksmund habe den Landstrich "Sahara" genannt. Friedrich II. habe deswegen eine Verbesserung des Bodens durch Düngung verordnet. Dazu wurde der sog. Modder der Stadt herangekarrt (Modder bezeichnete "Fäkalien, Straßenkot und andere organische Stoffe") und mit dem Sand vermengt. Dieses Gemisch wurde dann mit Queckengras bepflanzt, das durch seine Wurzeln dem Sand-Scheiße-Gemisch eine gewisse Festigkeit gab, die zumindest die Verwehungen verhinderte. Auf diese Art wurde dann langsam das Gelände zwischen Gartenstraße und jetzigem Hauptbahnhof von der Sandwüste in Ackerland verwandelt. 

Unglaubliche Lektüre. Nachdem ich die Ursprünge der Invalidenstraßengegend aus Sand, Kot und Unkraut kenne, verstehe ich die merwürdige Faszination, die sie auf mich ausübt, schon etwas besser.

*Wirklich zu empfehlen; auch die Bilder geben einem einen völlig neuen Zugang zu der Gegend.

8 Kommentare:

  1. Vielleicht liegen die Wurzeln des Spruches "Aus Schei... Bonbons machen" ja in der Invalidenstraße?

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    1. Glaube ich nicht. Es heißt ja: "Oben auf dem Berg, da steht ein Karton, da drehen die Zwerge aus Scheiße Bonbon". Und in der Invalidenstraße gibt`s ja keinen Berg.....

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  2. Und das Bild ist dort fotografiert?

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    1. Ja. Das ist der Asphalt, der aufgebrochen wurde, darunter noch der (Original-?)-Untergrund der Invalidenstraße. Ich fotografiere immer so vor mich hin und irgendwann kann man die Bilder dann mal brauchen....

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    2. Sehr interessant. Sandig sieht es aus, aber von Rest ist nichts zu erkennen, oder?

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    3. Du gehst den Dingen aber auf den Grund! Das scheint aber tatsächlich nur noch Sand zu sein.....

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