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Freitag, 5. Dezember 2014

Dienstreise

Im Flugzeug sitze ich in einer Reihe mit einem Bundeswehroffizier. Ich alter Drückeberger kann natürlich die Sterne keinem Dienstgrad und keiner Truppe zuordnen. Als wir landen, steht er auf, fragt höflich, ob ich auch einen Mantel habe, und gibt mir meinen Mantel weiter. Als ich den Mantel in der Sitzreihe anziehe, fragt er mich, betrübt blickend, ob er mir mit dem Kragen helfen dürfe. Er rückt mir den Kragen zurecht, seine Miene hellt sich auf. Ich danke und wünsche ihm gute Reise. Selten so einen freundlichen Mitreisenden gehabt.



Auf der Konferenz treffe ich einen Ex-Kollegen; vor knapp einem Jahrzehnt hatte ich das Unternehmen verlassen. Er ist mit einem jungen Mitarbeiter da und stellt uns vor. Er meint zu ihm, dass ich der Herr A. sei, von dem er ja schon gehört habe. Ich bin natürlich neugierig, weshalb man im Büro noch nach gut zehn Jahren neuen Mitarbeitern von mir erzählt. Hätte ich doch nicht gefragt! Es stellt sich heraus, dass ich damals den jungen Mitarbeitern öfter mal mitgeteilt habe, wenn es so weiterginge, fiele bald der Watschenbaum um. Das hat bei den Berlinern wohl Eindruck gemacht und gehört immer noch zur Bürofolklore. Ahja, darf ich vorstellen: Watschenbaum-Andreas. Kann man mehr vom Leben erwarten?

***

Ich sitze auch in Vorträgen zu Themen, mit denen ich mich das letzte Mal vor zehn Jahren beschäftigt habe und mit denen ich hoffentlich auch nichts mehr zu tun haben werde. Ich höre etwas über den Wasserbetten-Effekt und kann mich nicht entscheiden, ob ich in den letzten zehn Jahren einfach verblödet bin oder ob ich auch schon früher nichts verstanden habe.  Die Thesen scheinen mir alle irrwitzig. Es beruhigt mich dann, als bei der ersten Frage der Moderator all die Einwände vorbringt - natürlich besser durchdacht und schöner formuliert - die mir auch durch den Kopf gingen. Vielleicht doch noch nicht alles verloren.

2 Kommentare:

  1. Watschenbaum... ich kenne nur den Ohrfeigenbaum, an dem jemand rüttelt, der seine Frechheit zu überziehen droht.

    Unter Wasserbetten-Effekt stelle ich mir das vor, das mit einem schmächtigen Herr passiert, der auf einem Wasserbett schläft, auf dem sich eine sehr korpulente Dame plötzlich niederlässt...

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    1. Watschenbaum und Ohrfeigenbaum sind biologisch verwandte Gewächse, mit eher ungenießbaren Früchten. Der Wasserbetten-Effekt war wohl so ähnlich gemeint (ginge auch mit korpulentem Herr, btw), aber ich konnte da eh nicht mehr ganz folgen....

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