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Sonntag, 17. Mai 2015

Kraut- und Rübenreporter

Seufz.

(Medienkritik ist ja nicht unbedingt üblich hier, von einem Ausrutscher nebenan mal abgesehen, aber ausnahmsweise geht es nicht anders.)

Bei den Krautreportern, die ich auch unterstützt habe, aber kaum lese, gab es letzthin einen Artikel "Von der Schwierigkeit, legal gutes Gemüse zu finden". Auf Twitter wurde das Ganze angekündigt mit "Tomaten, die nicht bloß nach Wasser schmecken? Gar nicht so leicht zu finden." Das war natürlich etwas, was mich interessiert. Der Artikel zeigt aber weniger das Elend der Gemüsezucht, sondern mehr dasjenige des (nicht Kraut-, sondern Gemüse-)Journalismus.

In dem Artikel findet sich die Passage:

"Ein Kollege von mir meinte, er würde auf seinem Balkon Tomatensorten anbauen, die in der EU verboten sind. Die würden gut schmecken. Aber es muss doch einen legalen Weg geben, um an gutes Gemüse zu kommen. Nein. "


(Die habe ich selbst gezogen. Muss ich jetzt ins Gefängnis?)

Also sind offensichtlich gesetzliche Regelungen daran schuld, dass unser Gemüse, wie die Autorin meint, so mies ist? Da würde man gerne mehr dazu erfahren, da kommt aber leider nix. Bei den Lesern bleibt allerdings hängen, dass es offensichtlich EU-Regelungen gibt, die uns Wassergemüse vorschreiben. Ob das tatsächlich so ist, weiß ich nicht, der Autorin war es aber offensichtlich zu aufwendig, dazu noch zu recherchieren. Es ist wohl in der Tat nicht erlaubt, Tomatensamen zu verkaufen, die kein zertifiziertes Saatgut sind. Das heißt, als Zierpflanzensaat darf man den Kram wohl verkaufen, nur nicht als Pflanzen für den Verzehr. Viel von den Pflänzchen, die ich mir gezogen habe, sind aus solchem Saatgut. Sind das dann illegale Tomaten? Wenn ich es richtig sehe, gibt es aber auch genug zertifizierte Sorten, die etwas taugen, selbst im Kaufland kann ich inzwischen auch Black Cherry oder Rote Johannisbeere- Saatgut kaufen und der größere Teil des Saatgutes, das ich habe, ist auch ganz offiziell zugelassen. Gibt es Tomatenbauern, die gerne andere Sorten anbauten, dabei aber von der EU, der Saatgutlobby oder der NATO gehindert werden? 
(Saatgutlobby, Symbolbild)

Ich habe keine Ahnung, würde es gerne wissen, habe deswegen den Artikel gelesen, der allerdings dazu nur die drei zitierten Sätze hergibt, die das Publikum nicht schlauer, sondern eher dümmer machen.

Ebenso habe ich ein Problem mit der These, dass das in Deutschland angebotene Gemüse weitgehend geschmacklos sei. Seit ein paar Jahren bekommt man tatsächlich auch Paprika, die nach irgendetwas schmecken. Auch in Bezug auf Tomaten habe ich den gegenteiligen Eindruck, zumindest, was Cocktailtomaten betrifft. Man bekommt in den Supermärkten inzwischen sehr schmackhafte Cocktailtomaten, die es auch mit meinen Gartentomaten aufnehmen können. Nur die Fleischtomaten sind weitgehend Ausfälle (das kann aber kaum an EU-Normen liegen, da man z.B. in Frankreich auch schöne Fleischtomaten auf dem Markt kriegt). Hier hätte ich es spannend gefunden, wenn man bei Einkäufern von Großmärkten recherchiert und nicht nur einen Gemüsehändler nebenan gefragt hätte. Wahrscheinlich hätte man dann ein paar spannende Dinge erfahren, genauso wie man sicher schlauer geworden wäre, wenn man mit ein paar Leuten, die im großen Stil Tomaten anbauen, über den Markt gesprochen hätte. Oder mit alternativen Anbietern, die alte Sorten züchten und verkaufen. Und mal nachfragt, ob die CO2-Bilanz von regionalem Gemüse tatsächlich besser ist als bei den Importen (auch da würde ich vermuten, dass es ganz drauf ankommt...). Eine vergebene Chance.

Wie es anders geht, zeigt dieser wirklich spannende Artikel zur Tomatenproduktion von Herrn Wurstsack, der nicht einmal bei mir um Geld gebettelt hat, um seine Recherche zu ermöglichen. Dieser Artikel zeigt allerdings auch, dass die Fragen der Gemüseproduktion sich nicht unbedingt in ein einfaches Schwarz-Weiß-Schema pressen lassen. Und dass man, bevor man wirklich etwas ändern kann, erst einmal wissen muss, wo eigentlich die Probleme sind. Und dass solche Artikel wie bei den KR letztlich nur ein diffuses Gefühl fördern, "allet schlimm, aber was soll man schon machen, die EU is ja schuld." Ändern wird sich so nichts, aber man konnte sich kurz empören.



(Das ist ja für meine Verhältnisse schon fast ein Rant. Anstrengend. Ich weiß schon, warum ich das sonst lieber outsource.)

12 Kommentare:

  1. Danke Dir! Ich habe diesen Artikel der Krautreporter zwar nicht gelesen, aber er ist sehr beispielhaft. Es wird sich an irgendwas hochgezogen und dann bekommt man keine Fakten. Ist das bös, wenn ich sage, dass das nach BILD- Jornalismus klingt?
    Seltsamerweise geht es mir auch mit anderen Fachblättern zur Zeit so. Und ich geb zu, sowas ärgert mich!
    Hey, bist Du dann eigentlich n Tomatendealer, wenn Du illegale Sorten verschickst *gg. Bei mir hat das Gesetz dann wohl hintenherum für Ordnung gesorgt. Meine Sämlinge sind mir eingegangen *schnief* Nuja, dafür kommt ne Menge anderer "Kram". Übrigens auch so kleine Cocktailtomaten. Ich finde, es macht auch sehr viel aus, wenn man Tomaten richtig reif, direkt vom Strauch, ernten und naschen kann.

    Schönen Sonntag

    LG Namenlos

    PS: Irgendwann schaff ich es auch, so ein buntes Sammelsurium zu ziehen. Es ist einfach so hübsch anzusehen.

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    1. Nö, von Bild-Journalismus ist das weit entfernt, und ich habe von der Autorin auch schon Sachen gelesen, die ich gut fand. Das Problem ist eher die mangelnde Recherche. Tja, und jetzt hast du keine illegalen Tomatenpflänzchen mehr..... Glück gehabt! ;-) Liebe Grüße, Andreas

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    2. Pfft.. keen Glück gehabt! Ich hätt doch dies Jahr schon gern bunte Tomaten gehabt *aufstampf*.Andererseits übernimmt man sich beim Ausäen gern mal. Ich hab genug Pflanzenkinder, die noch versorgt werden müssen. Erst kommt immer gar nichts.. und man wartet so auf den Frühling, will ihn sozusagen herbeipflanzen .. sät vielleicht sogar nach .. und dann explodieren die Pflanzschalen nahezu. Ups! Wieder zuviel. Wohin mit all den Pflanzenkindern?! :D

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  2. Möglicherweise würde eine medienwirksam angekündigte Selbstanzeige helfen ?
    Stelle mir grade den Wortlaut bzw. den Gesprächsverlauf auf dem Polizeirevier vor. Meterweise Gartenboden, verseucht mit Pflanzen, die aus höchst illegalem Samengut entstanden sind, sowie die doch bestimmt strafbare Weitergabe der Ernte auch an Dritte usw.
    Nur schade, das, nachdem die mit Blaulicht und 4 Mann hoch zum Garten gesausten Polizisten feststellen, das es sich doch nicht um Cannabis oder ähnliches handelt, das ganze bestimmt unter den Tisch fallen wird ;-)

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    1. Aber am Schluss stellen die fest, dass ich Petersilie anbaue, das kann auch zu Komplikationen führen, wie man hier nachlesen kann.... ;-)

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    2. (Noch mal ein Versuch mit dem Link . Jetzt sollte es klappen.

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  3. Vielen Dank für diesen Artikel. Das Saatgutlobby-Symbolbild ist am besten.

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    1. Wenn an einem in diesen Blog kein Mangel besteht, dann an doofen Tomatenfotos.....

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  4. Das Problem mit nicht zertifizierten Saatgut ist doch offensichtlich. Viele alte Sorten enthalten sehr giftige Stoffe. Jeglicher Lebensmittelskandal (Außer die mit E.Coli) in der jüngeren Vergangenheit war früher kein Skandal sondern ein Standartwert. Solaninvergiftungen durch Kartoffeln waren früher Standard. Der Solaningehalt in Kartoffeln war (eben googeln :-) ) bis 1943 noch teilweise noch 20 mal höher als heute.
    Auch die Menge an Aflatoxinen die 2013 einen Skandal in Deutschland ausgelöst hat ist ein Witz im Vergleich zu historischen Werten. (Hier geht es aber eher um Fungizide und Lagerung von Getreide und nur Sekundär um die Sorte indem sie sich besser verarbeiten lässt)

    Hinter solchen Sorten steckt dann natürlich kein komerzielles Interesse so das sich niemand um eine Zulassung kümmert. Zumal es diese für giftige Pflanzen ja eh nicht geben sollte. Gerade Nachtschattengewächse (Solanaceae. Genau, davon kommt auch das Wort Solanin), also auch Tomaten sind sehr gerne Giftig. In kleinen Mengen natürlich ungefährlich. Aber trotzdem jenseits jeglicher Grenzwerte. Schlechte Muskatnüsse können einen sogar umbringen. ach und Rhizinusöl selber herstellen kann einen bei "schlechter" Anwendung sogar einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz einbringen.

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    1. Danke für die Informationen. Ich bin da völlig ahnungslos, aber das wäre ja mal Stoff für einen Artikel. Irgendwelche Freiwilligen?

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    2. Bei Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz bin ich immer mit dabei :-P

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