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Dienstag, 7. Juni 2016

Berlin durch die Jahre (1)

"Biegt man von der Leipziger Straße in die südliche Friedrichstraße ein, so hat man vor sich ein mächtiges, kraftvolles Schauspiel: Die Untergrundbahn, die Berlin von Norden nach Süden durchfährt, wird gedeckt, die schweren Betondecken werden geschlossen, die Kabel eingeführt, aufgelegt, die neue Straße wird hergerichtet über der bodenversenkten Bahn. Ein Anblick, der jeden, der in dieser Zeit lebt, tief bewegen muss: diese nicht zu sprengenden Zementklötze, diese furchtbaren Eisenträger, diese Verankerung rechts und links. Eine Röhre aus Metall und Beton liegt kilometerlang in der Masse von Sand und Erde, durch die Röhre wird auf dünnen Drähten Strom geschickt, alle Minuten jagen Wagen mit Menschen hin und her. Blickt man von der Leipziger Straße in die Friedrichstraße, so hat man das Gefühl: dieser Boden würde aufgerissen und ein Urwelttier, ein Ichtyosaurus, wird eben ausgegraben, man sucht schon seine Rippen, seinen unendlich langen Rücken, blickt in die leere schwarze Brusthöhle hinein."

(Alfred Döblin, 30.11.1921, aus "Ein Kerl muss eine Meinung haben")*


*Danke Michali!

8 Kommentare:

  1. Ab- und tiefgründiges...

    „Auch der Untergrund hat ein festes Fundament.“
    ―Stefan Schütz


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  2. Mensch, Herr Ackerbau, jetzt hast du mich in die Irre geführt. Ich dachte bis zum Schluss, der Text ist von dir! Doah... Hat sich wohl nix geändert in fast 100 Jahren...

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    1. So schön kann ich doch gar nicht schreiben...

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    2. Ha, ging mir aber zuerst genauso... :D

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    3. Aber der Text beginnt doch mit der Leipziger Straße, der kann doch gar nicht von mir sein...

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    4. (Das Foto ist natürlich Invalidenstraße, Ecke Chausseestraße).

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  3. Cool! Schöne Grüße aus Schuttgart.

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