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Donnerstag, 24. Oktober 2019

Die Briefträgerin

Unsere Briefträgerin ist wirklich gut. Noch Jahre nach unserem Umzug und lange nach Ende des Nachsendeauftrags hat sie uns Briefe gebracht, die noch an die alte Adresse gerichtet waren. Auch sie kann sich allerdings nicht wirklich gegen die Sparmassnahmen stemmen; inzwischen kriegen wir maximal zwei bis drei Mal die Woche Post, an vielen Tagen kommt sie halt nicht mehr vorbei. 

Ich kann mich erinnern, wie ich früher auf die Post gewartet habe. Man hat Briefe an alle möglichen Leute geschrieben und sehnsüchtig auf Antworten gewartet. Einmal täglich hatte man die Chance, hatte der Briefträger nichts, musste man mindestens noch einen Tag warten. Fantastisch, wenn man Post hatte, vielleicht sogar eine Cassette oder ein Fanzine. Inzwischen ist man es gewohnt, alle paar Minuten neuen Input zu bekommen, könnte sich gar nicht mehr vorstellen, tagelang auf Antwort zu warten. 

Ich bin froh, dass ich neben den Rechnungen und Werbepost auch noch vernünftige Sachen bekomme. Ab und zu handadressierte Päckchen mit CDs, an die sich wohl nicht mal mehr die Künstler, die sie einmal aufgeno mmen haben, erinnern. Kunstwerke von Leuten, die man irgendwo im Internet getroffen hat (wo ich schon dabei bin, mag vielleicht noch jemand das Buch Field Notes von Maxim Griffin unterstützen; ich hätte es gerne in Händen, dazu müssen sich aber noch ein paar Enthusiasten finden). 

Seit ein paar Monaten bekomme ich auch in unregelmäßigen Abständengrößere Umschläge, in denen sich jahrzehntealte Zeitschriften finden, zusammen mit Abzügen von Fotos aus ferneren Berliner Ecken. Und ich denke mir, es wäre doch wahrscheinlich netter, rätselhafte Dinge per Post zu verschicken, als hier immerzu das Internet vollzuschreiben.  (Aber des is no ned aso...) Bis dahin schreibe ich halt ab und zu mal Briefe und verschicke auch gelegentlich rätselhafte Briefe, aber wenn ich sie geschrieben habe, finde ich nicht die richtige Briefmarke und es dauert noch einmal zwei Wochen, bis ich den Brief frankiert habe und dann noch einmal zwei Wochen, bis ich ihn zum Briefkasten bringe. Wahrscheinlich ist es doch besser, das Internet vollzuschreiben. 

Der Text sollte eigentlich lediglich Einleitung für folgenden Papierschnipsel sein, den ich letzthin auf der Straße in meinem Heimatort gefunden habe. Ich finde Papierschnipsel immer schon interessant, in Berlin sind es aber normalerweise nur Einkaufslisten. Bei dem Schnipsel handelt es sich allerdings offensichtlich um enen Teil eines Liebesbriefes. Der Empfänger war aber anscheinend wenig angetan und verteilte die Fetzen über dreihundert Meter auf der Alpenstraße. Schade eigentlich. 



4 Kommentare:

  1. Briefe: Es ist das Leben selbst, regt an, beschäftigt, nährt; bleiben sie aus, so schwindet man kraftlos dahin und kann die Umwelt nicht ertragen; kurz, ich stelle fest, dass es lebenswichtig ist, diese Mitteilungen eines so geliebten Menschen zu erhalten.

    Marie de Rabutin-Chantal, Marquise de Sévigné

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  2. Einen malerischen Schnipsel mit Einblick in ein fremdes Leben hast Du gefunden. Ja, ich habe immer eine Reihe Briefmarken, unsere Enkelin hat über Jahre jede 2. Woche eine Karte bekommen, jetzt noch gelegentlich. Ich habe sehr viele 40-50 Jahre alte Briefe, und manchmal erinnere ich mich und schaue. Und dann habe ich Schnipselsammlungen von 2 toten Freunden, die immer alles auf Zettel schrieben: Gedichte, Einkäufe, Ideen fürs Testatment...Zum Teil sehr anregend, bringt mir die Menschen nah, obwohl sie ein paar Jahre tot sind(und sich nicht kannten!). Die Postzustellung läßt auch auf dem Land nach!

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    1. Ich habe auch noch hunderte von Briefen, ein paar tun weh beim Lesen, nicht alle der Schreiber leben noch. Ehrlicherweise muss man sagen, dass E-Mail die Kommunikation einfacher macht, aber es ist halt doch etwas anderes...

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