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Dienstag, 10. November 2020

Die erhobenen Hände

 Der Sonntagsspaziergang in der Schönholzer Heide führte uns an diesen zwei Baumskulpturen vorbei. 




Ich habe kurz überlegt, zu den beiden eine kleine Folk-Horror-Geschichte zu schreiben, wie es sie hier im Blog an der einen oder anderen Stelle gibt. (Ich fände es auch mal eine schöne Blogaktion, wenn man an einem Tag solche Geschichtchen sammeln würde, aber wahrscheinlich gibt es nicht mehr so viele Blogs, die da mitmachen könnten oder wollten.)

Wenn man eine Grusellegende erfinden will, schadet es ja nicht, ein bisschen über die Geschichte des Ortes nachzulesen. Die Schönholzer Heide kennen die meisten wohl aus dem Bolle-Lied, als Schauplatz einer Keilerei. Oder als Ort mit einem großen Sowjetischen Ehrenmal und Kriegsgräbern. Vielleicht weiß man auch noch, dass die Rodelhügel in ihr mit dem Aushub der U2-U-Bahnlinie aufgeschüttet wurden. 

Dunkel in Erinnerung hatte ich, dass in der Schönholzer Heide in den Dreißigern der größte Vergnügungspark Berlins war, das Traumland. Noch dunkler, dass auf dem Lunapark-Gelände ab 1940 Zwangsarbeiter kaserniert wurden. (Warum gibt es in Berlin so häufig Vergnügungspark-Gelände, die später zum Schauplatz von Grausamkeiten wurden? Die ULAP-Geschichte, hier und hier, ist schon schlimm genug.) Beim Nachlesen stellte ich fest, dass über 2500 Zwangsarbeiter für die Munitionsindustrie dort waren. Viele starben durch Unterernährung und Krankheit. Als ich mir die Karte ansah, wurde mir klar, dass ich all die Jahre an der letzten, halb zugeschütteten Baracke vorbei gegangen bin, ohne zu wissen, worum es sich handelte.  Die Bestrebungen, in der viel besuchten Heide an die Zwangsarbeiter zu erinnern, waren anscheinend bislang nicht erfolgreich. [Nachtrag: Es gibt eine ganz informative Schautafel an der Hermann-Hesse-Straße.]

Deswegen muss ich mir keine Geschichte zu den Baumstümpfen ausdenken; es gibt genug reales Grauen, auch im harmlosesten Berliner Park. 

Lang ist das alles nicht her, und die Transformation von Vergnügungspark zu Lager dauerte auch nur ein paar Jahre. 

Kein Vergessen.  

12 Kommentare:

  1. du wirst nie mehr unbefangen durch den park gehen können. so geht es mir, wenn ich mit der behn durch kleinere orte fahre, in denen ein kz war. seit ich mich damit befasst habe, muss ich jedesmal daran denken. und wie es den menschen damit geht, die heute dort leben.

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    1. Ganz Berlin hat blutgetränkten Boden. Es ist wichtig, sich zu erinnern, damit man nicht vergisst, wie schnell es gehen kann. Und das Unrecht war nicht abstrakt und zentral, sondern ganz konkret in der Nähe.

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  2. den titel finde ich sehr passend, sehen doch die stümpfe im ersten foto aus wie flehend erhobene hände. es braucht eigentlich kein denk-mal, es braucht menschen die willens sind aus der erinnerung zu lernen, immer wieder neu. und es braucht schulen, die zeit dafür haben, z.b. diese geschichte des parks mit kindern in berlin zu erarbeiten. wie soll sich etwas ändern, wenn alle immer das gleiche tun, wenn lehrstoff/-plan wichtiger ist als lernen?...

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  3. PASST ...

    Vergissmeinnicht-Tag 2020
    10. November 2020 in der Welt

    und

    Das-Chaos-nimmt-kein-Ende-Tag 2020
    9. November 2020 in der Welt

    Namenstag Nektarios

    https://www.youtube.com/watch?v=ZP4aly_sXMU

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  4. lange vor vergnügungspark und zwangsarbeitern soll ebenda königin elisabeth christine (frau von friedrich zwo) im 18. jhd. seidenraupen auf maulbeerbäumen gezüchtet haben. die tierchen wurden vorher in china geklaut und in spazierstöcken nach preußen geschmuggelt. ob das stimmt? ich meine, ich habe das bei jens bisky gelesen, bin mir aber nicht sicher. gibt es denn maulbeerbäume in der schönholzer heide?

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    1. Das habe ich auch gelesen. Die Senatsverwaltung nennt zwei alte Maulbeerbäume in Pankow, aber keinen mehr in der Schönholzer Heide.

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    2. wikipedia sagt, sogar im bürgerpark: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerpark_Pankow

      nur wo, challenge accepted?

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    3. Machen wir uns mal auf die Suche..

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    4. Wenigstens weiß ich auf Anhieb, wo die Sumpfzypresse und der Trompetenbaum stehen. Der Maulbeerbaum ist dann aber auch noch nicht so alt, also nicht mehr aus den Zeiten, als man noch Seidenraupen mit den Blättern füttern wollte.

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    5. hier im brosepark gibts wohl einen, den könnten wir ausgraben und nach alt-pankow umsiedeln.

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