Seiten

Samstag, 14. November 2020

Die Schrecken des Himmels

(Folgendes Fragment wurde in den Büschen des Bürgerparks gefunden. Wahrscheinlich irgendein Spaßvogel.)


 07.11.2020

Tegelschließung gefeiert. Die Nachbarn standen mit Sektflaschen auf der Straße und hatten thematisch passende Musik, naja "Über den Wolken" geht ja bei Ü50 immer. Endlich Ruhe, also nachdem die Nachbarn dann die Beatbox ausgestellt haben. 


08.11.2020

Ich ertappe mich, wie ich während des Tages in den Himmel lausche. Ist da nicht doch ein Brummen? Am Himmel kreuzen die Flieger in Kilometerhöhe und hinterlassen ab und zu noch Spuren, die aber schnell verwehen. Am Haus kam ein älterer Mann vorbei, der mich aufgeregt ansprechen wollte. Er redete davon, dass die Flugzeuge nun den Norden nicht mehr schützen könnten. Wahrscheinlich war er betrunken, ich fragte ihn, wovor sie denn schützen sollten. Er versuchte einen Namen zu sagen, der so ähnlich wie "der Horla" klang. Sein Gesicht schien schreckensverzerrt, er stammelte noch mehrmals "Über den Wolken... die Wolken!". Es gibt wahrlich keinen Mangel an Bekloppten auf den Berliner Straßen. Habe es am Abend G. erzählt, wir haben beide gelacht. 



09.11.2020

Wahrscheinlich ist dieses Jahr einfach zu viel, aber ich bekomme den Eindruck, dass man nun, nachdem der Fluglärm weg ist, andere merkwürdige Geräusche vom Himmel hört. Um drei Uhr nachts, wenn normalerweise immer die Postmaschine über unser Haus donnerte, hörte ich plötzlich ein unangenehmes Zischen, es schien nicht maschinell zu sein und auch nicht von einem Tier zu kommen. Mit G. gesprochen, sie hat mir geraten, Baldrian zu nehmen. Auch irgendwie schräg, dass man Schlafmittel nehmen muss, nachdem der Flughafen geschlossen wurde. 


10.11.2020

Inzwischen glaube ich eher, dass sich bei mir ein Tinnitus einstellt. Die Geräusche, die ich vom Himmel her höre, lassen sich nicht mehr richtig erklären. Merkwürdig ist allerdings, dass sie verschwinden, wenn ich im Haus bin und die Fenster schließe. Als ich G. davon erzähle, schaut sie mich ernst an, auch wenn sie es nicht anmerken lassen will. Wahrscheinlich ist es wirklich am besten, wenn ich mich mal wieder gründlich durchchecken lasse. Dann auch gleich zum Augenarzt, der vielleicht erklären kann, warum ich am Himmel diese merkwürdigen tanzenden Strukturen sehe. Als ich G. darauf hinweise, dass die Schlieren am Himmel wie Buchstaben zu lesen sind, schaut sie mich entsetzt an. Als sie nachfragt, tue ich so, als hätte ich auch nichts gesehen und nur einen dummen Scherz gemacht. 



11.11.2020

Ich habe den merkwürdigen Mann wieder gesehen und sprach ihn an. Er schüttelte nur den Kopf und ging schnell weiter.  Ich ging ihm hinterher, als ich sah, dass er Angst bekam, ließ ich davon ab. Als ob ich der Bekloppte sei!

Ich muss an sein "Über den Wolken" denken, heute ist der Himmel bedeckt, wie er es in Berlin eigentlich fast immer ist, aber die Wolken sehen irgendwie falsch aus. Ich kann es nicht erklären, möchte es auch nicht mit G. besprechen, die seit dem Vorfall gestern etwas auf Distanz gegangen ist. Ich setze mich auf die Terrasse und sehe diese falschen Wolken an. Hinter den Wolken scheint etwas zu leuchten, man sieht es durch die Risse, die Bewegungen sind fast so, als versuche sich etwas durch die Wolkenschicht durchzuboxen, um auf die Erde zu kommen. Die Wolken wogen und ich sehe immer deutlicher das Leuchten und weiß plötzlich, dass es viele sind. Einer schreit mir zu, ich bin mir aber nicht sicher, ob da wirklich Klang ist oder ob ich es nur im Kopf höre, dass er zu mir komme. Es ist eine furchtbare Gestalt, jeder Dimension spottend, glühend. Er ist gekommen, der – der, wie heißt er – der – es ist mir, als riefe er mir seinen Namen zu und ich höre ihn doch nicht, der – ja, er ruft ihn, ich lausche, ich kann nicht, wiederhole, der – Horla, – ich habe es gehört, – der Horla, – der ists, – der Horla – ist da! 


12 Kommentare:

  1. jetzt steht nix mehr zwischen dir und transzendenten erfahrungen!

    AntwortenLöschen
  2. Wenn es Phantomschmerzen gibt, muss es auch Phantomgeräusche und Phantombilder geben.
    Mann o Mann!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Heute kam die Katze um 3 Uhr, als eigentlich der Postflieger fällig war.

      Löschen
  3. DAS sind ENTZUGS - E r s c h e i n u n g e n !!! *ichmirdaganzsicherbin*

    Events im November 2020
    14 Sa

    oder ... Leoniden (- Halluzinationen)

    Namenstag: Alexander, Benjamin, Bernhard, Milan

    https://www.youtube.com/watch?v=lt-CY3QloHU *Törööö***

    AntwortenLöschen
  4. was hast du gegessen? meine oma sagte immer, abends nicht so schwer essen, dann träumt man schlecht. das die katze auch reaktionen von flugzeugentzug zeigt ja nur, wie nahe sie euch ist.
    es wird sich ändern...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Besser kein Bier mehr am Abend trinken.

      Löschen
    2. Der Horla ist hier noch nicht in Erscheinung getreten. Dafür tummeln sich bei mir in den Stauden andere dubiose Gestalten. Muss wohl ein ähnliches Auffangbecken für wundersame Idividuen sein wie Berlin.

      Löschen
    3. In den Stauden findet sich sicher genug. Große Wälder haben da einen Vorsprung vor großen Städten.

      Löschen