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Montag, 28. April 2014

Im Klostergarten

Alte Sünden holen einen immer wieder ein. Vor vielen Jahren habe ich bei meinem Zivildienstjob zusammen mit meinem Chef gegärtnert, was vor allem bedeutete, alles was grün war, auszureißen und Bäume umzusägen. Beim Jäten passierte es relativ häufig, dass ich angewiesen wurde, Kraut aus dem Beet auszureißen, das sich später als neu gepflanzte Blumen der Sakristeischwester A. (die Zivildienststelle war ein Krankenhaus, dessen Träger ein Orden war) herausstellte. Erst nach über zwei Jahrzehnten konnte ich nachfühlen, was ich da angerichtet habe (zwar habe ich auf Anweisung gehandelt, aber das ist nie eine Entschuldigung). Schwester A., für die das alles nichts Neues war, nahm es  einigermaßen gelassen. Ich versuchte, bei anderen Erledigungen dann besonders nett zu ihr zu sein.*

Nun bin ich wieder für ein paar Tage in einem Kloster, nicht im Allgäu und nicht mehr zum Zivildienst, den gibt's ja nicht mehr und ich wäre auch schon viel zu alt dafür. Bruder R. fragt mich, ob ich ihm im Garten helfen kann und ich erkenne meine Chance, meine Schuld gegenüber Schwester A. abzutragen** (da sie zum Zeitpunkt meines Zivildienstes schon knapp 80 war, wird sie jetzt nicht mehr leben). Ein Beet soll für  Blumen für die Klosterkirche vorbereitet werden. Es ist schon fast mit Gras zugewachsen, in dem freien Bereich lassen sich einige Pflanzen wie Borretsch erkennen, der Rest ist eher zweifelhaft. Begeistert, dass ich um gärtnerischen Rat gebeten werde, schlage ich vor, bei dem überwachsenem Bereich mit dem Spaten Vierecke auszustechen, weiter Erde auszugraben, und dann die Grassoden umgekehrt wieder einzusetzen und mit etwas Erde zu bedecken. Was ich nicht ganz bedacht habe, ist, dass der Rat begeistert angenommen wird, und ich ihn selbst umsetzen darf. Zuvor schneidet Bruder R. mit der Sense das Gras, das schon beträchtliche Länge hat. Er ist ein barmherziger Schnitter, einige Büschel bleiben stehen. Ich beginne mit den ersten Spatenstichen. Die Sonne scheint und das Beet wird langsam größer, während mir der Schweiß die Stirn herunterläuft. Aber ich habe ja neben der Erde auch Schuld abzutragen, deswegen passt das schon. In der Mitte des Beets lockere ich die Erde mit der Grabegabel, ein paar Pflanzen setzen wir um. Irgendein Kraut mit weichen Blättern wächst hier überall; ich sehe Bruder R. fragend an. Nach kurzem Überlegen kommt seine Anweisung: Raus damit! Ich reiße das Kraut raus, das eine weiße längliche Wurzel hat, die aromatisch riecht. Habe ich gerade Rettich und Pastinaken gejätet? Ich bin froh, dass ich nicht mehr da bin, wenn Bruder J., der den Garten eigentlich angelegt hat, und der sicher genau weiß, was ich da ausgerissen habe, von seiner Reise wieder zurückkommt. Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass die alte Schuld gegenüber Schwester A. nur durch eine neue ersetzt wurde.

*Dazu gehörte z.B. auch, für sie Luftballons für die Faschingsfeier aufzublasen. Irgendwo habe ich noch ihren handnotierten Zettel mit den Anweisungen dazu, der mit folgendem Satz endete: Die aufgeblasenen Ballons dann bei der schmerzensreichen Madonna hinlegen.

**Zu den philosophischen Hintergründen dieses Konzepts, vgl. "My name is Earl", Staffel I-IV.

(Alternativtiteil: Karma is a bitch; wg. Profanität verworfen)


3 Kommentare:

  1. Ich glaube Du kannst da nichts dafür. Wenn deine Altlast in eine Neulast umgewandelt wurde, so war das einzig Schwester A.' s Werk. Sie hat alles von oben aus beobachtet und dachte sich wohl, wenn ich damals die vernichtenden Aktionen dieses jungen Mannes aushalten musste, dann soll das jetzt Bruder J. auch aushalten!
    Gruß Papierfrau

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  2. ... und wenn sie Dir nicht "gscheit" sagen, was das alles ist, dann kannst Du sowieso nix dafür. Find ich!

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