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Samstag, 8. Dezember 2018

Dienstliche Kettensägen


Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich reichlich Unsinn erzähle und noch mehr Unsinn anhören muss. Ich habe es bis jetzt vermieden herauszufinden, was Blockchain eigentlich wirklich bedeutet, weil ich zuversichtlich bin, dass relativ kurzfristig ein neues Digitalisierungs-Buzzword kommt, das in jeden Vortrag eingebaut werden muss. So sitze ich in zahllosen Vorträgen über irgendetwas, in denen natürlich dann auch die Blockchain kommt, habe keine Ahnung, ohne dass das dem Verständnis groß schaden würde. Anfang des Jahres hatte ich den Plan, jedem, der „Blockchain“ sagt, eine runterzuhauen. Das wäre aber für mein weiteres berufliches Dasein eher ungünstig gewesen und ich bin auch gar kein gewalttätiger Mensch.


Im Sommer saß ich allerdings in einer Sitzung in der wieder jeder irgendetwas von der Blockchain erzählte. Das führte bei mir zu einer Art Wachtraum. Vor meinem geistigen Auge entstand ein Bild, wie ich aufstünde und eine Motorsäge lautstark startete und dabei vielleicht irgendetwas wie „Hört endlich auf mit dem Blockchain-Schwachsinn“ brüllte. Das war merkwürdig befriedigend, allerdings bin ich ja nicht gewalttätig, auch nicht in meinen Wachträumen, so dass ich beim weiteren Überlegen zum Ergebnis kam, dass ich die Motorsäge irgendwie gegen das Mobiliar einsetzen müsste (die ganze Zeit mit einer laufenden Motorsäge in einem Meeting zu stehen und zu brüllen ist als Phantasie gar nicht so befriedigend, wie man es sich vielleicht vorstellt). Also, gedanklich nachjustiert. Der einzige motorsägentaugliche  Gegenstand war aber der große Besprechungstisch, der aus Holz mit Stahlstreben bestand. In meinem Kopf entstand also das Bild, wie ich mit der Motorsäge irrsinnig lachend ansetze, umringt von entsetzt blickenden Menschen, und mit dem Sägeblatt nach kurzer Holzzersplitterung auf die Stahlstrebe treffe – jeder mit einigermaßen ausgeprägter akustischer und visueller Vorstellung wird hier zusammenzucken. Wahrscheinlich hätte in so einer Situation der Sitzungsleiter eine Minute zugesehen und mich dann gebeten, vielleicht nach der Sitzung weiterzusägen, es gäbe noch genug zu besprechen. Gleichzeitig fiel mir ein, dass ich ja im geschlossenen Raum auch kaum die benzinbetriebene Motorsäge (das sog. Fichtenmoped) nehmen könnte, das wäre ja auch äußerst rücksichtslos gegenüber den anderen Teilnehmern. Also müsste es eine elektrische Motorsäge sein. Ich versuchte mir auszumalen, wie ich im Meeting aufstehe, um eine kurze Unterbrechung bitte, nach einer Steckdose für meine Motorsäge suche, dann kurz den Organisator frage, ob er vielleicht ein Verlängerungskabel hätte. Jedem wird einleuchten, dass das eine Gewaltphantasie ist, die nun gar nichts befreiendes hat und wahrscheinlich nicht im Rahmen eines Hollywood-Action-Films verfilmt wird. 


Also hörte ich dann doch lieber weiter zu.


(Die ganze Zeit quälte mich aber, warum mir denn gerade in dieser Sitzung als erstes eine Motorsäge einfiel. Am Abend hatte ich die Erleuchtung: Offenbar war es eine Assoziation mit dem Texas chainsaw massacre, dann halt nur ohne Texas, sondern mit block-chain saw.)

10 Kommentare:

  1. jetzt weiss ich, was mir in meinem leben fehlt. motorsägengewaltphantasien. ich träume nur schön oder blöd, gewaltfrei. gleich starte ich mein kabelfichtemmoperl.

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  2. Wenn ich darüber nachdenke, muss es nicht nur in euren Meetings ähnliche Gedanken geben, nicht ausgeführt, aber nicht ohne Wirkung. Vielleicht wäre eine stundenweise ausgleichende körperliche Tätigkeit wie Gartenarbeit oder Straßen kehren angebracht um das Kopfkino zu erden.

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    1. Ich bin mir gar nicht so sicher. (Ich hätte dazu vielleicht ernsthafter schreiben müssen.) Bei der Arbeit ergeben sich notwendigerweise aggressive Impulse. Wichtig ist, dass man sich ihrer bewusst ist. Dann sollte man diese Impulse symbolisch ausleben, damit man sie los ist (bei mir funktioniert dann Fluchen ganz gut). Wichtig ist, dass man etwas macht, was den Impuls verschwinden lässt. Man mag ja auch nicht den Ärger der Arbeit mit sich rumtragen.

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  3. Ich mag die Phantasie. Besonders dann, wenn Metall auf Metall trifft und brüllend laut Funken sprüht. es braucht eigentlich nur ein geöffnetes Fenster, um die Motorsäge im geschlossenen Raum zu betreiben.
    Meine wiederkehrende Phantasie hat zu tun mit neunmalklugen, frauenbelehrenden Kollegen, deren Gesicht ich mit Wucht in die Tastatur ihres Rechners drücke. Dazu stelle ich mir die Angeber nackt vor. Ich glaube ich bin ein schlechter Mensch.

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    1. Wenn ich demnächst Männer mit Tastatur-Abdrücken auf der Stirn sehe, weiß ich ja, was los ist.

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  4. Du brauchst Bluetooth und eine Powerbank. So mache ich das immer.

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    1. Dann haste kein lästiges Kabel und für Strom ist auch gesorgt.

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    2. Du hast recht. Wahrscheinlich wäre das dann auch geeignet für eine Blockchain-Anwendung... (geht schreiend ab)

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    3. Genau. Ich wollte es nicht schreiben und dachte, du kommst bestimmt von selbst darauf... hehe

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