Am Kreuz.
Seiten
▼
Samstag, 29. Februar 2020
Freitag, 28. Februar 2020
Donnerstag, 27. Februar 2020
Mittwoch, 26. Februar 2020
Kehraus
Ich habe mir eine Nachrichten-App der Lokalzeitung aus der alten Heimat besorgt. Ich bekomme sonst nie irgendwelche Eil-Benachrichtigungen aufs Handy, jetzt aber immer, wenn irgendwo im Gäu ein Baum umgefallen ist. Das beruhigt mich irgendwie.
Letzthin gab es Berichterstattung über einen Faschingsumzug in einem Nachbarkaff mit weniger als 2000 Einwohnern (musste dann gleich mal recherchieren, ob Schulkollege R. immer noch im Gemeinderat sitzt; er ist aus irgendwelchen Gründen Kiesgrubenbeauftragter).
Die Nachrichten kamen mir sehr vertraut vor:
Nur wäre das vor 30, 40 Jahren erst gar nicht in der Zeitung gestanden. Ich habe mich wieder daran erinnert, wie man früher immer im Blick hatte, ob jemand in der Nähe war, der Ärger wollte, und wie man sich diesen sinnlosen Schlägereien so gut wie möglich entzog. Ab 10 Uhr abends, wenn alle besoffen waren, ging es los, im Fasching, bei Festen, an jedem Wochenende. Wie habe ich es gehasst. Wenn ich meinen Söhnen davon erzähle, sehen die mich nur verständnislos an. Die Großstadt hat manchmal Vorteile.
(Und der Polizeibericht ist immer noch geschrieben, als hätte ihn 1955 ein 70jähriger verfasst.)
Letzthin gab es Berichterstattung über einen Faschingsumzug in einem Nachbarkaff mit weniger als 2000 Einwohnern (musste dann gleich mal recherchieren, ob Schulkollege R. immer noch im Gemeinderat sitzt; er ist aus irgendwelchen Gründen Kiesgrubenbeauftragter).
Die Nachrichten kamen mir sehr vertraut vor:
Nur wäre das vor 30, 40 Jahren erst gar nicht in der Zeitung gestanden. Ich habe mich wieder daran erinnert, wie man früher immer im Blick hatte, ob jemand in der Nähe war, der Ärger wollte, und wie man sich diesen sinnlosen Schlägereien so gut wie möglich entzog. Ab 10 Uhr abends, wenn alle besoffen waren, ging es los, im Fasching, bei Festen, an jedem Wochenende. Wie habe ich es gehasst. Wenn ich meinen Söhnen davon erzähle, sehen die mich nur verständnislos an. Die Großstadt hat manchmal Vorteile.
(Und der Polizeibericht ist immer noch geschrieben, als hätte ihn 1955 ein 70jähriger verfasst.)
Dienstag, 25. Februar 2020
Lasst uns Paprika pflanzen
Ich habe meine übliche Februar-Unlust überwunden und mit dem Pflanzen begonnen.
Vorab mit den Paprikas, die ja ansonsten nicht genug Zeit haben, reichlich Frucht zu bringen. Letztes Jahr hat es gut geklappt, aber da hatte ich nur Chilis. Diesmal nur Paprika. Vollkommen untypisch sind fast alle Samen aufgegangen, die Ausfallrate bei Paprika ist ansonsten groß.
Demnächst kommen die Tomaten dazu, dieses Jahr wieder nur ein paar bewährte Sorten.
Montag, 24. Februar 2020
Sonntag, 23. Februar 2020
Samstag, 22. Februar 2020
Freitag, 21. Februar 2020
Donnerstag, 20. Februar 2020
Begleiter
Vorne, am Giebel sitzt die Amsel, auf irgendeinem Gebäude der Charité. Sie singt , wenn ich aus dem Büro gehe, der Kollege mitkommt, der noch eine rauchen und ein bisschen meckern will. Das Lied der Amsel ist klar, laut und wunderschön melodisch. Anders als in Pankow kommen nicht alle fünf Minuten Flugzeuge und zerschneiden den Gesang. Es ist eigentlich viel zu ruhig für die Innenstadt, aber die Amsel füllt die Stille. Erst hundert Meter weiter, an der Pizzeria vorbei, höre ich etwas anderes: den Heavy-Soundtrack, der dort immer läuft. Wenn der tätowierte Wirt vor seinem Lokal schweigend raucht, nicken wir uns zu.
Schon vor zwei Wochen haben die Krokusse im Bürgerpark geblüht und die Luft war so weich und sanft wie sie zu Frühlingsbeginn ist, aber es war doch erst Anfang Februar. Ich saß schon auf der Terrasse und hörte eine andere Amsel, beim Nachbarn auf dem Baum. Das Lied noch etwas stockend, ohne irgendwelche Schlenker, die ich wieder erkennen würde. Meine 17.30 Uhr-Amsel ist schon lange nicht mehr da, mal sehen, ob das der Nachfolger wird.
Das Wetter beginnt unsere normalen Vorstellungen der Jahreszeiten aufzulösen. Wahrscheinlich kommen die nächsten Jahre auch wieder strengere Winter, der letzte ist ja noch nicht so lange her, aber wir verabschieden uns langsam von den Gewissheiten, den Abfolgen und den Bauernregeln. Wir haben den Rahmen zerbrochen und müssen nun jeden Tag neu abwarten, wie es weiter gehen wird. Die Luft ist weich und ich spüre ein leichtes Grauen. Wahrscheinlich werden wir bald besser verstehen, für was die Fröste, die Regenfälle gut und wichtig waren.
Die Amsel singt weiter, unbeirrt und klar.
Schon vor zwei Wochen haben die Krokusse im Bürgerpark geblüht und die Luft war so weich und sanft wie sie zu Frühlingsbeginn ist, aber es war doch erst Anfang Februar. Ich saß schon auf der Terrasse und hörte eine andere Amsel, beim Nachbarn auf dem Baum. Das Lied noch etwas stockend, ohne irgendwelche Schlenker, die ich wieder erkennen würde. Meine 17.30 Uhr-Amsel ist schon lange nicht mehr da, mal sehen, ob das der Nachfolger wird.
Das Wetter beginnt unsere normalen Vorstellungen der Jahreszeiten aufzulösen. Wahrscheinlich kommen die nächsten Jahre auch wieder strengere Winter, der letzte ist ja noch nicht so lange her, aber wir verabschieden uns langsam von den Gewissheiten, den Abfolgen und den Bauernregeln. Wir haben den Rahmen zerbrochen und müssen nun jeden Tag neu abwarten, wie es weiter gehen wird. Die Luft ist weich und ich spüre ein leichtes Grauen. Wahrscheinlich werden wir bald besser verstehen, für was die Fröste, die Regenfälle gut und wichtig waren.
Die Amsel singt weiter, unbeirrt und klar.
Mittwoch, 19. Februar 2020
Dienstag, 18. Februar 2020
"Achtung, Achtung...
".... der Aufstand der Roboter in der Invalidenstraße konnte niedergeschlagen werden, es besteht keine Gefahr mehr, ich wiederhole, es besteht keine Gefahr mehr..."
Montag, 17. Februar 2020
Brot
Am Wochenende habe ich wieder Brot gebacken, das Brot ging langsam zur Neige. Wie immer zwei große Laibe und ein kleiner, den man der Schwiegermutter mitgeben kann.
Das Brotrezept kommt von meiner Großmutter, die schon als Magd Brot backen musste. Mein Vater hatte wohl Anfang der 70er mit Detektivarbeit herausgefunden, wie man das Holzofen-Brot auch im E-Herd backen kann, meine Großmutter war wohl keine große Hilfe, da sie davon ausging, dass das ohnehin nicht klappen kann und weil die Mengenangaben und Anweisungen denkbar vage waren, "ein Händlein Salz" muss in den Teig. Ich bin also aufgewachsen mit Bauern-Sauerteigbrot, kurz nachdem ich ausgezogen war, habe ich dann auch zu backen begonnen, weil mir das Bäckerbrot nicht richtig schmeckte. Sauerteigbrot hat den Vorteil, dass es auch nach einer Woche schmeckt. Es mag hart werden, aber es bleibt gut.
Ich backe also seit knapp 30 Jahren; es ist nicht mehr derselbe Sauerteig: Einen musste ich einmal wegwerfen, als ich mir das Brot mit zuviel Vollkornmehl versaut hatte, das Brot war sauer wie Zitronensaft; nach Schottland habe ich natürlich auch keinen Sauerteig mitgenommen, da war das Brotbacken sowieso fast unmöglich, weil man (damals) dort kein vernünftiges Mehl bekam. Der Sauerteig hat aber die 23 Jahre in Berlin bislang überstanden.
Ich stelle mir gerne vor, dass ich damit eine Familientradition, die sicher schon 100 Jahre alt ist, weiterführe. Zum Backen nehme ich auch eine Edelstahlschüssel und ein rundes Holzbrett, die zwei Dinge. die ich von meiner Großmutter noch habe. Oberflächlich gesehen ist das Rezept traditionell, als Gewürz kommen nur Kümmel und Koriander in Frage, so wie es auch meine Großmutter gemacht hat. In Wirklichkeit hat sich natürlich in den dreißig Jahren, in denen ich zugange bin, einiges geändert, früher habe ich noch 405er, 1050er Weizen- und 1370er Roggenmehl dazu genommen, jetzt lasse ich das 405er weg (das wird bei uns im Haushalt ohnehin nur noch zum Kuchenbacken verwendet) und nehme lieber Dinkelmehl dazu und seit ich in Berlin bin, finde ich auch kein 1370er Roggenmehl mehr, ich nehme halt, was es so gibt, im Moment 997er. (Lustigerweise kommt mir als Google-Resultat als eines der ersten Ergebnisse für "Roggen 1370" das Mehl aus dem Nachbarsort, das jetzt in Bio-Kreisen sehr beliebt ist, das aus der Mühle des langjährigen NPD-Bürgermeisters des Nachbarsort kommt. Wenn die Nazis wirklich alle aus dem Osten kommen sollten, dann habe ich in den 70ern aber sehr weit im Osten gelebt.) Irgendwann kamen auch die Sonnenblumenkerne dazu; meiner Großmutter würde (hoffentlich) das Brot schmecken, aber sie würde es kaum für das gleiche halten, das sie gebacken hat. In der Familie sind es merkwürdigerweise die Männer, die weiter Brot backen. Das meines Bruders, der ja auch das gleiche Rezept hatte, war anders als meines, wiederum anders als das meines Vaters und wiederum anders als das von diversen Onkeln. Dunkler und heller, schwerer und leichter.
Meine Großmutter hätte auch den Kult, der teilweise ums Brotbacken gemacht wird, nicht verstanden. Brotbacken war etwas, was man machen musste, und hatte nichts mit besonderer Raffinesse oder besonderem Können zu tun. Die Familie musste satt werden.
Mir assistiert seit kurzem immer J.S. beim Backen. Ich bin natürlich ein denkbar schlechter Lehrer, da ich bei den meisten Arbeitsgängen gar nicht erklären kann, was ich da eigentlich genau seit Jahrzehnten mache. Bei den Maßangaben bin ich auch nur wenig konkreter als meine Großmutter. Aber man lernt beim Zusehen, beim Teigkneten, wenn man in den Fingern hat, wann der Teig die richtige Konsistenz hat, wie es riechen, aussehen, sich anfühlen muss.
Wenn das Brot am Abend fertig ist, setzt sich die Familie (und wer ansonsten in der Nähe ist) um den Tisch und isst die ersten frischen Scheiben. Mein Vater hält das für gefährlichen Unfug, das Brot müsse noch einmal einen Tag liegen.
Und vielleicht erinnert sich J.S. dann in einigen oder vielen Jahren an das Brot und beginnt selbst zu backen, und das Rezept unmerklich zu ändern.
(Ein viertel Laib)
Das Brotrezept kommt von meiner Großmutter, die schon als Magd Brot backen musste. Mein Vater hatte wohl Anfang der 70er mit Detektivarbeit herausgefunden, wie man das Holzofen-Brot auch im E-Herd backen kann, meine Großmutter war wohl keine große Hilfe, da sie davon ausging, dass das ohnehin nicht klappen kann und weil die Mengenangaben und Anweisungen denkbar vage waren, "ein Händlein Salz" muss in den Teig. Ich bin also aufgewachsen mit Bauern-Sauerteigbrot, kurz nachdem ich ausgezogen war, habe ich dann auch zu backen begonnen, weil mir das Bäckerbrot nicht richtig schmeckte. Sauerteigbrot hat den Vorteil, dass es auch nach einer Woche schmeckt. Es mag hart werden, aber es bleibt gut.
Ich backe also seit knapp 30 Jahren; es ist nicht mehr derselbe Sauerteig: Einen musste ich einmal wegwerfen, als ich mir das Brot mit zuviel Vollkornmehl versaut hatte, das Brot war sauer wie Zitronensaft; nach Schottland habe ich natürlich auch keinen Sauerteig mitgenommen, da war das Brotbacken sowieso fast unmöglich, weil man (damals) dort kein vernünftiges Mehl bekam. Der Sauerteig hat aber die 23 Jahre in Berlin bislang überstanden.
Ich stelle mir gerne vor, dass ich damit eine Familientradition, die sicher schon 100 Jahre alt ist, weiterführe. Zum Backen nehme ich auch eine Edelstahlschüssel und ein rundes Holzbrett, die zwei Dinge. die ich von meiner Großmutter noch habe. Oberflächlich gesehen ist das Rezept traditionell, als Gewürz kommen nur Kümmel und Koriander in Frage, so wie es auch meine Großmutter gemacht hat. In Wirklichkeit hat sich natürlich in den dreißig Jahren, in denen ich zugange bin, einiges geändert, früher habe ich noch 405er, 1050er Weizen- und 1370er Roggenmehl dazu genommen, jetzt lasse ich das 405er weg (das wird bei uns im Haushalt ohnehin nur noch zum Kuchenbacken verwendet) und nehme lieber Dinkelmehl dazu und seit ich in Berlin bin, finde ich auch kein 1370er Roggenmehl mehr, ich nehme halt, was es so gibt, im Moment 997er. (Lustigerweise kommt mir als Google-Resultat als eines der ersten Ergebnisse für "Roggen 1370" das Mehl aus dem Nachbarsort, das jetzt in Bio-Kreisen sehr beliebt ist, das aus der Mühle des langjährigen NPD-Bürgermeisters des Nachbarsort kommt. Wenn die Nazis wirklich alle aus dem Osten kommen sollten, dann habe ich in den 70ern aber sehr weit im Osten gelebt.) Irgendwann kamen auch die Sonnenblumenkerne dazu; meiner Großmutter würde (hoffentlich) das Brot schmecken, aber sie würde es kaum für das gleiche halten, das sie gebacken hat. In der Familie sind es merkwürdigerweise die Männer, die weiter Brot backen. Das meines Bruders, der ja auch das gleiche Rezept hatte, war anders als meines, wiederum anders als das meines Vaters und wiederum anders als das von diversen Onkeln. Dunkler und heller, schwerer und leichter.
Meine Großmutter hätte auch den Kult, der teilweise ums Brotbacken gemacht wird, nicht verstanden. Brotbacken war etwas, was man machen musste, und hatte nichts mit besonderer Raffinesse oder besonderem Können zu tun. Die Familie musste satt werden.
Mir assistiert seit kurzem immer J.S. beim Backen. Ich bin natürlich ein denkbar schlechter Lehrer, da ich bei den meisten Arbeitsgängen gar nicht erklären kann, was ich da eigentlich genau seit Jahrzehnten mache. Bei den Maßangaben bin ich auch nur wenig konkreter als meine Großmutter. Aber man lernt beim Zusehen, beim Teigkneten, wenn man in den Fingern hat, wann der Teig die richtige Konsistenz hat, wie es riechen, aussehen, sich anfühlen muss.
Wenn das Brot am Abend fertig ist, setzt sich die Familie (und wer ansonsten in der Nähe ist) um den Tisch und isst die ersten frischen Scheiben. Mein Vater hält das für gefährlichen Unfug, das Brot müsse noch einmal einen Tag liegen.
Und vielleicht erinnert sich J.S. dann in einigen oder vielen Jahren an das Brot und beginnt selbst zu backen, und das Rezept unmerklich zu ändern.
Sonntag, 16. Februar 2020
Vögel der Invalidenstraße
Die Invalidenstraße ist ja in vielerlei Hinsicht interessant, ornithologisch ist sie allerdings eher simpel. Man sieht eigentlich nur drei vier Vogelarten, Tauben, Nebelkrähen, Spatzen und gelegentlich Stare. Auf dem Gelände des Zellengefängnisses habe ich auch schon Rabenkrähen gesehen, aber nur gelegentlich.
Die Vögel haben ihre Reviere gut aufgeteilt: Die Stare sind praktisch nur am Hauptbahnhof zu finden. Tikerscherk hat mir letzthin ein Link zu einem Artikel geschickt, in dem stand, dass die Stare auch am Alexanderplatz sich im Bahnhof angesiedelt haben, offenbar mögen die Tiere Bahnhofshallen. Am Hauptbahnhof sieht man auf jeden Fall die schillernden Vögel, wie sie sich um weggeworfene Brötchen balgen.
Die Spatzen waren, als es dort noch unordentlicher war, auch immer am Nordbahnhof unterwegs, ich habe sie aber schon lange nicht mehr dort gesehen. Aus irgendwelchen Gründen mögen die Spatzen dagegen die tote Hecke vor dem Verkehrsministerium. Dort sitzen sie und zwitschern Politik und sonstige Passanten an. (Ich weiß inzwischen gar nicht mehr, ob ich mich daran gewöhnen könnte, wenn beim Verkehrsministerium nach den ganzen Jahren mal die kaputten Heckenstücke ersetzt würden. Das gehört schon irgendwie dazu und die Spatzen finden es anscheinend ja auch besser.)
Am Nordbahnhof, vor dem großen Platz, wo früher der Stettiner Bahnhof war, und wo jetzt die Bahnhochhäuser stehen, ist jetzt das Revier der Tauben. Auf meinem Wege sehe ich sie sonst nicht mehr, dort scheint es ihnen gut gefallen. Im Sommer, wenn die Leute ihre Brötchen vor dem Bäcker essen, stürzen sich die Tauben gleich auf alles, was vom Tisch hinunterfällt.
Die wahren Herren der Invalidenstraße sind natürlich die Nebelkrähen. Sie sieht man eigentlich fast überall, bevorzugt aber bei den 160jährigen Blutbuchen des Naturkundemuseums und den ebenfalls so alten Kastanien des Robert-Koch-Platzes (dort habe ich über die Jahre auch ab und zu tote Nebelkrähen gesehen). Die Nebelkrähen wachen auch über die Gräber des Invalidenfriedhofs und die Überreste des Zellengefängnisses.
(Nachtrag: In der Hannoverschen Straße singt manchmal abends für mich eine Amsel, wenn ich nach Hause gehen. Mal sehen, ob sie dieses Jahr wieder kommt.)
Die Vögel haben ihre Reviere gut aufgeteilt: Die Stare sind praktisch nur am Hauptbahnhof zu finden. Tikerscherk hat mir letzthin ein Link zu einem Artikel geschickt, in dem stand, dass die Stare auch am Alexanderplatz sich im Bahnhof angesiedelt haben, offenbar mögen die Tiere Bahnhofshallen. Am Hauptbahnhof sieht man auf jeden Fall die schillernden Vögel, wie sie sich um weggeworfene Brötchen balgen.
Die Spatzen waren, als es dort noch unordentlicher war, auch immer am Nordbahnhof unterwegs, ich habe sie aber schon lange nicht mehr dort gesehen. Aus irgendwelchen Gründen mögen die Spatzen dagegen die tote Hecke vor dem Verkehrsministerium. Dort sitzen sie und zwitschern Politik und sonstige Passanten an. (Ich weiß inzwischen gar nicht mehr, ob ich mich daran gewöhnen könnte, wenn beim Verkehrsministerium nach den ganzen Jahren mal die kaputten Heckenstücke ersetzt würden. Das gehört schon irgendwie dazu und die Spatzen finden es anscheinend ja auch besser.)
Am Nordbahnhof, vor dem großen Platz, wo früher der Stettiner Bahnhof war, und wo jetzt die Bahnhochhäuser stehen, ist jetzt das Revier der Tauben. Auf meinem Wege sehe ich sie sonst nicht mehr, dort scheint es ihnen gut gefallen. Im Sommer, wenn die Leute ihre Brötchen vor dem Bäcker essen, stürzen sich die Tauben gleich auf alles, was vom Tisch hinunterfällt.
Die wahren Herren der Invalidenstraße sind natürlich die Nebelkrähen. Sie sieht man eigentlich fast überall, bevorzugt aber bei den 160jährigen Blutbuchen des Naturkundemuseums und den ebenfalls so alten Kastanien des Robert-Koch-Platzes (dort habe ich über die Jahre auch ab und zu tote Nebelkrähen gesehen). Die Nebelkrähen wachen auch über die Gräber des Invalidenfriedhofs und die Überreste des Zellengefängnisses.
(Nachtrag: In der Hannoverschen Straße singt manchmal abends für mich eine Amsel, wenn ich nach Hause gehen. Mal sehen, ob sie dieses Jahr wieder kommt.)
Samstag, 15. Februar 2020
Freitag, 14. Februar 2020
Es geht wieder los
Nach den Wochen, in denen ich nur Vögel oder Wolken fotografiert habe, oder - noch schlimmer! - weil nix zum Fotografieren da war, irgendetwas vom letzten Tag erzählen musste, beginnen die Straßen meines Lebens wieder, mir rätselhaftes Material zu liefern. Ich nehme es mit Demut und versuche erst gar nicht, mir irgendeinen Reim zu machen. Es freut allerdings, wenn es mal etwas Neues gibt. Ich bin mir relativ sicher, dass ich in fast neun Jahren Invalidenstraße noch keinen Knollensellerie am Straßenrand gesehen habe, aber gestern war es dann soweit. Ich finde das eine gute Entwicklung, da ich ein Freund des Selleries bin und es kaum ein Gemüse gibt, das merkwürdiger aussieht.
Der Sellerie lag vor der Landwirtschaftlichen Fakultät, das passt ja, mal sehen, ob noch Karotten und Peterling dazu kommen. Ich werde berichten.
(In der Kindheit habe ich mal im Fernsehen einen Mann gesehen, der eine Gemüsesuppe schauspielerisch darstellte. Seine Darstellung des Selleries wird mir immer im Gedächtnis bleiben.)
Der Sellerie lag vor der Landwirtschaftlichen Fakultät, das passt ja, mal sehen, ob noch Karotten und Peterling dazu kommen. Ich werde berichten.
(In der Kindheit habe ich mal im Fernsehen einen Mann gesehen, der eine Gemüsesuppe schauspielerisch darstellte. Seine Darstellung des Selleries wird mir immer im Gedächtnis bleiben.)
Donnerstag, 13. Februar 2020
Kind of blue
Nicht viel los gerade. In der Frühe aus dem Haus, der Mond hängt noch im verwaschenen Hellblau über der Wollankstraße.
Dann verbringe ich meine Stunden mit Unbeschreiblichem, bis ich dann wieder Richtung Heimat gehe.
Über dem Nordbahnhof hat jemand derweil die dunkelblaue Tinte ausgegossen. Ich bleibe erstmal staunend stehen; dieses Blau gibt es im Winter immer wieder einmal, ich finde es jedesmal fantastisch. Das Foto verbiegt derweil die Perspektive wie auf einem expressionistischem Gemälde, kann es denn sein, dass das Bahngebäude so schräg ist.
Irgendwann gehe ich zum Bahnsteig, die S26 ist aber gerade schon weg.
Dann verbringe ich meine Stunden mit Unbeschreiblichem, bis ich dann wieder Richtung Heimat gehe.
Über dem Nordbahnhof hat jemand derweil die dunkelblaue Tinte ausgegossen. Ich bleibe erstmal staunend stehen; dieses Blau gibt es im Winter immer wieder einmal, ich finde es jedesmal fantastisch. Das Foto verbiegt derweil die Perspektive wie auf einem expressionistischem Gemälde, kann es denn sein, dass das Bahngebäude so schräg ist.
Irgendwann gehe ich zum Bahnsteig, die S26 ist aber gerade schon weg.
Mittwoch, 12. Februar 2020
Dienstag, 11. Februar 2020
Montag, 10. Februar 2020
Der große Psychotest: Welcher Fluß bist du?
Dieser Brunnen in Stuttgart hat mich daran erinnert, dass ich ja schon längst mal wieder etwas zu dem rätselhaften Thema "Knaben mit Fischen" machen wollte. An verschiedener Stelle war ja hier schon die Rede von den merkwürdigen Skulpturen, die nackte Knaben mit Fischen in bedenklichen Positionen zeigen (das Beispiel aus Prenzlauer Berg noch einmal zur Illustration). So richtig erklären lässt sich das Sujet nicht.
Natürlich war ich begeistert, dass es in Stuttgart sogar zwei Brunnen gibt, die eigentlich nur knubbelige Knaben auf schlechtgelaunten Fischen in zweifelhaften Posen zeigen. Die Stuttgarter Knaben sind allerdings eher wie Putten, nicht diese naturalistisch brekerhaften Jünglinge der sonstigen Statuen.
Bei näherer Betrachtung stellte ich fest, dass die Knaben hier Flüsse darstellen sollen. Die Darstellung von Flüssen durch allegorische Figuren war offenbar ein heißes Ding im 19. Jahrhundert, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es anderswo auch so kasperlehaft ausgeführt wurde.
Also: Welcher dieser Flüsse wärt Ihr? Enz, Neckar oder Donau?
(Eigentlich wollte ich ja den Post "Materialien zu Knaben mit Fischen" machen, weil ich endlich das eine Buch, aus dem ich eine Abbildung brauche, in meinem Bücherschrank wieder gefunden habe, zwischenzeitlich habe ich es aber schon wieder verlegt, irgendwann anders geht es also weiter.)
Sonntag, 9. Februar 2020
Die erste Kirschblüte
Am S-Bahnhof Wollankstraße stehen Zierkirschen, eine Spende einer japanischen Stadt (ebenso wie die Zierkirschen an der Bornholmer Straße). Das merkwürdige Wetter hat dazu geführt, dass die Bäume an der Bornholmer Straße alle schon geblüht haben und damit praktisch sicher ist, dass die Triebe später erfrieren. In Pankow ist das Klima rauer bzw. die Bäume am S-Bahndamm bekommen weniger Sonne. Allerdings habe ich gestern gesehen, dass dort auch schon zwei Bäume blühen (2014 war es sogar noch schlimmer).
Ich hoffe nur, dass unsere Feige sich noch zurück hält.
Ich hoffe nur, dass unsere Feige sich noch zurück hält.
Samstag, 8. Februar 2020
Ente der Nacht
Vom Allgäu aus geht es relativ schnell wieder an die Arbeit, immerhin muss ich nur nach Stuttgart, das ist ja dann tatsächlich eine relativ einfache Sache. Bevor ich fahre, kann ich noch die Winterlinge im Schnee bewundern. Mit wachsendem Alter kriege ich dann doch einen Hang zur Kalenderblattfotografie, nur ohne das Equipment und ohne das Können.
Im Garten sieht auch der Walnussbaum pittoresk aus, ich mag ihn eigentlich nicht, weil da - zumindest solange ich da war - immer noch eine große Tanne stand. Meine Eltern behaupten zwar, dass sie sie umschlagen mussten, weil sie bei einem Sturm in die Hauswand gefallen ist, aber ich finde, das ist egal, es soll gefälligst alles so bleiben wie in den goldenen Zeiten von 1990 als ich von zu Hause ausgezogen bin.
Die Erwägung war, mit dem Zug nach Stuttgart zu fahren, das ist ja keine besonders umständliche Sache. Allerdings hatte es am Vortag am Stuttgarter Hauptbahnhof gebrannt, so dass der Zugverkehr eingeschränkt war. Da ich allein unterwegs war, der Rest der Familie machte lieber noch Ferien, war mir das aber auch wurscht. Einfach in den Zug einsteigen und schauen, wohin man kommt.
Die Zugfahrt war dann tatsächlich unspektakulär, ich kam in der Stuttgarter Dämmerung an. Ich mag den Stuttgarter Bahnhof sehr gerne, weil man hier als Berliner zumindest kurzfristig denken kann, dass es noch unfähigere Planer gibt. Außerdem kann man hier schon seit langen Jahren interessante Baugruben ansehen; das funktioniert in Berlin auch nicht mehr so umfassend wie noch vor ein paar Jahrzehnten.
Bei der Baugrube des S21 habe ich aber immer das Gefühl, dass sie von Saruman geplant wird:
Ich gehe über den Schlossplatz (bin jetzt zu faul nachzusehen, ob der tatsächlich so heißt, aber wer Stuttgart kennt, wird es schon wissen und der Rest merkt es nicht). Dort treiben sich schemenhafte Gestalten herum, es sind Enten, die in den Pfützen auf den Wegen stehen. Die vorbeigehenden Passanten sind den Enten vollkommen egal, sie möchten einfach nur durch das Wasser watscheln. Ich mache ein paar Fotos dieser Enten der Nacht und fühle große Befriedigung, dass es ja auch ein Lied gibt, das "Ente der Nacht" heißt. Nach kurzem Nachdenken stelle ich fest, dass es dieses Lied wohl doch nicht gibt und ich es nur mit irgendeinem "Engel der Nacht" verwechselt habe. (Eine kurze Recherche ergibt, dass es viele Lieder gibt, die so heißen und dass alle gräßlich sind. Ich will lieber nicht weiter suchen, nachdem ich beim Fellmonster gelesen habe, dass sie nach einer solchen Recherche als nächstes von Youtube ein Lied "In meiner Hose wohnt ein Iltis" vorgeschlagen bekam. Es gibt schlimme Dinge da draußen!)
Trotzdem hält meine kulturell hochstehende Nachtenten-Stimmung an, bis ich in das Hotel komme. Das Zimmer ist etwas karg, was aber auch egal ist, da ich darin ohnehin nur schlafen will. Das Hotel ist an einer belebten Straße und ich kann über die Nacht also zuhören, wie jeder zweite an der Ampel seinen Motor noch einmal aufdreht (bei uns hat man das "fuiren" genannt). Stuttgart hat wirklich ein Autoproblem.
Als ich am nächsten Tag wieder zurückgehe, sind die Enten der Nacht verschwunden, ich sehe allerdings folgenden schönen Brunnen, mit dem ich mich in einem der folgenden Posts beschäftigen kann, weil er mir Gelegenheit gibt, ein Thema, das ich hier schon dringend mal wieder behandeln wollte, etwas ausführlicher darzustellen (Try not to get too excited!).
Danach finde ich mich plötzlich in einem Katastrophenlagezentrum wieder, aber ich muss hier ja auch nicht alles aufschreiben.
Im Garten sieht auch der Walnussbaum pittoresk aus, ich mag ihn eigentlich nicht, weil da - zumindest solange ich da war - immer noch eine große Tanne stand. Meine Eltern behaupten zwar, dass sie sie umschlagen mussten, weil sie bei einem Sturm in die Hauswand gefallen ist, aber ich finde, das ist egal, es soll gefälligst alles so bleiben wie in den goldenen Zeiten von 1990 als ich von zu Hause ausgezogen bin.
Die Erwägung war, mit dem Zug nach Stuttgart zu fahren, das ist ja keine besonders umständliche Sache. Allerdings hatte es am Vortag am Stuttgarter Hauptbahnhof gebrannt, so dass der Zugverkehr eingeschränkt war. Da ich allein unterwegs war, der Rest der Familie machte lieber noch Ferien, war mir das aber auch wurscht. Einfach in den Zug einsteigen und schauen, wohin man kommt.
Die Zugfahrt war dann tatsächlich unspektakulär, ich kam in der Stuttgarter Dämmerung an. Ich mag den Stuttgarter Bahnhof sehr gerne, weil man hier als Berliner zumindest kurzfristig denken kann, dass es noch unfähigere Planer gibt. Außerdem kann man hier schon seit langen Jahren interessante Baugruben ansehen; das funktioniert in Berlin auch nicht mehr so umfassend wie noch vor ein paar Jahrzehnten.
Bei der Baugrube des S21 habe ich aber immer das Gefühl, dass sie von Saruman geplant wird:
Ich gehe über den Schlossplatz (bin jetzt zu faul nachzusehen, ob der tatsächlich so heißt, aber wer Stuttgart kennt, wird es schon wissen und der Rest merkt es nicht). Dort treiben sich schemenhafte Gestalten herum, es sind Enten, die in den Pfützen auf den Wegen stehen. Die vorbeigehenden Passanten sind den Enten vollkommen egal, sie möchten einfach nur durch das Wasser watscheln. Ich mache ein paar Fotos dieser Enten der Nacht und fühle große Befriedigung, dass es ja auch ein Lied gibt, das "Ente der Nacht" heißt. Nach kurzem Nachdenken stelle ich fest, dass es dieses Lied wohl doch nicht gibt und ich es nur mit irgendeinem "Engel der Nacht" verwechselt habe. (Eine kurze Recherche ergibt, dass es viele Lieder gibt, die so heißen und dass alle gräßlich sind. Ich will lieber nicht weiter suchen, nachdem ich beim Fellmonster gelesen habe, dass sie nach einer solchen Recherche als nächstes von Youtube ein Lied "In meiner Hose wohnt ein Iltis" vorgeschlagen bekam. Es gibt schlimme Dinge da draußen!)
Trotzdem hält meine kulturell hochstehende Nachtenten-Stimmung an, bis ich in das Hotel komme. Das Zimmer ist etwas karg, was aber auch egal ist, da ich darin ohnehin nur schlafen will. Das Hotel ist an einer belebten Straße und ich kann über die Nacht also zuhören, wie jeder zweite an der Ampel seinen Motor noch einmal aufdreht (bei uns hat man das "fuiren" genannt). Stuttgart hat wirklich ein Autoproblem.
Als ich am nächsten Tag wieder zurückgehe, sind die Enten der Nacht verschwunden, ich sehe allerdings folgenden schönen Brunnen, mit dem ich mich in einem der folgenden Posts beschäftigen kann, weil er mir Gelegenheit gibt, ein Thema, das ich hier schon dringend mal wieder behandeln wollte, etwas ausführlicher darzustellen (Try not to get too excited!).
Danach finde ich mich plötzlich in einem Katastrophenlagezentrum wieder, aber ich muss hier ja auch nicht alles aufschreiben.
Freitag, 7. Februar 2020
Donnerstag, 6. Februar 2020
Möglicherweise
... muss ich mich mit meiner Nebelkrähenarmee doch deutlich mehr beeilen als ursprünglich geplant.
Mittwoch, 5. Februar 2020
Spaziergang und Schupfen
Der erste Tag im Gäu wurde von strömenden Regen begleitet; normalerweise wäre dies Anfang Februar Schnee gewesen, den man dann alle zwei Stunden schippen dürfte. Der Dauerregen schränkte die Möglichkeiten erheblich ein, aber auch wurscht. Die gute Höhenluft macht ohnehin müde.
Nun hatte der Regen aufgehört, Gelegenheit für einen Spaziergang in die Stadt, der allerdings nach einer Viertelstunde abgebrochen werden musste, weil wir in ein Schneegestöber kamen.
Danach gleich wieder Sonne, Aprilwetter. Abends dann doch wieder Schnee, so wie früher.)
Hier sind im März Kommunalwahlen, ein Bürgermeisterkandidat war mit mir in der Schule, meine Wertschätzung hält sich in Grenzen. Andererseits kann man froh sein, dass sich überhaupt noch jemand findet, der so einen Job machen will. Der Terminkalender eines Bürgermeisters ist mörderisch.
Am Nachmittag kurze Pause des Niederschlags. Deswegen den üblichen Weg über die Felder. Mir fällt auf, dass ich jedes Mal genau die gleichen Fotos mache. Wahrscheinlich finden die sich hier auch schon mehrmals auf dem Blog, aber was will man von jemand erwarten, der über Jahre die Seiten mit immer gleichen Bildern aus Invaliden- und Wollankstraße befüllt. Also gibt es hier wieder ein paar Schupfen mit Bäumen, beim einen wächst der Baum durchs Dach, wahrscheinlich hat man den Schupfen um den Baum gebaut.
Wenn Ihr weit in den Horizont seht, könnt Ihr in 9 km Entfernung den Platz sehen, wo vor Millionen Jahren die aufrechen Menschenaffen rumliefen.
Dienstag, 4. Februar 2020
Nach Hause
Berliner Winterferien, also geht es wieder mal in die alte Heimat. Da ich ohnehin nicht Ski fahre, ist mir auch wurscht, ob Schnee liegt. Da es mal wieder mit dem Auto nach Süden geht, ist fehlender Schnee sogar eher positiv. Dass dieser Frühling im Januar gruselig ist, muss ich ja nicht eigens betonen.
Gestern habe ich die Nachricht bekommen, dass ein früherer Chef von mir gestorben ist. Ich habe ihn schon über ein Jahrzehnt nicht gesehen. Ich kam damals mit ihm aus, er war aber ein bösartiger, wahrscheinlich sogar böser Mensch. Ein Kollege, dem ich die Nachricht weitergeleitet habe, schrieb zurück: Sollte er in die Hölle kommen, muss sich der Teufel warm anziehen. Er hat wohl recht.
Vorgestern war Lichtmess, viel könnte ich dazu schreiben, aber der Sofawandler hat es schon besser getan. Versunkene Bräuche, versunkene Zeiten.
Auf der Fahrt Hörbücher, zunächst Thomas Mann, Joseph und seine Brüder. Das hat große Vorteile, man hört eigentlich nur wie Joseph und Jakob gemeinsam am Brunnen sitzen und ist eigentlich schon in Franken, weil alles so langatmig ist. Zum Lesen fehlt mir dafür inzwischen leider die Konzentration, gut vorgelesen ist es allerdings sowohl langatmig, als auch sehr kurzweilig.
Dazwischen etwas Max Goldt, bei dem ich etwas erschrecke, wie reaktionär manches ist. Das war er, der sich von jeher gegen den jeweiligen Zeitgeist gestemmt hat, zwar immer schon, aber ich beginne mir Sorgen zu machen, dass er auch den Weg der schlauen Männer über 50 zum inkohärenten Wutrentner gehen könnte. Florian Illies hatte ihn ja in seinem behämmerten Pamphlet Generation Golf schon vor 20 Jahren als großen Schulmeister gelobt, das hat mich damals schon erschreckt.
Die Welt zieht im Regen vorbei, kurz vor München sieht es so aus, als läge München unmittelbar an den Bergen. Es ist also heftiger Föhn, das heißt, dass ich gut schlafen werde.
Die Häuser in der Heimatstadt sehen jedes Jahr mehr wie Spielzeug aus.
Gestern habe ich die Nachricht bekommen, dass ein früherer Chef von mir gestorben ist. Ich habe ihn schon über ein Jahrzehnt nicht gesehen. Ich kam damals mit ihm aus, er war aber ein bösartiger, wahrscheinlich sogar böser Mensch. Ein Kollege, dem ich die Nachricht weitergeleitet habe, schrieb zurück: Sollte er in die Hölle kommen, muss sich der Teufel warm anziehen. Er hat wohl recht.
Vorgestern war Lichtmess, viel könnte ich dazu schreiben, aber der Sofawandler hat es schon besser getan. Versunkene Bräuche, versunkene Zeiten.
Auf der Fahrt Hörbücher, zunächst Thomas Mann, Joseph und seine Brüder. Das hat große Vorteile, man hört eigentlich nur wie Joseph und Jakob gemeinsam am Brunnen sitzen und ist eigentlich schon in Franken, weil alles so langatmig ist. Zum Lesen fehlt mir dafür inzwischen leider die Konzentration, gut vorgelesen ist es allerdings sowohl langatmig, als auch sehr kurzweilig.
Dazwischen etwas Max Goldt, bei dem ich etwas erschrecke, wie reaktionär manches ist. Das war er, der sich von jeher gegen den jeweiligen Zeitgeist gestemmt hat, zwar immer schon, aber ich beginne mir Sorgen zu machen, dass er auch den Weg der schlauen Männer über 50 zum inkohärenten Wutrentner gehen könnte. Florian Illies hatte ihn ja in seinem behämmerten Pamphlet Generation Golf schon vor 20 Jahren als großen Schulmeister gelobt, das hat mich damals schon erschreckt.
Die Welt zieht im Regen vorbei, kurz vor München sieht es so aus, als läge München unmittelbar an den Bergen. Es ist also heftiger Föhn, das heißt, dass ich gut schlafen werde.
Die Häuser in der Heimatstadt sehen jedes Jahr mehr wie Spielzeug aus.
Montag, 3. Februar 2020
Sonntag, 2. Februar 2020
Sockenmeteorologie
Wie jedes Jahr muss hier die Theorie wiederholt werden, dass der wahre Frühlingsbeginn dann ist, wenn in Berlin die ersten Socken auf der Straße liegen. Letztes Jahr habe ich das mit alten heidnischen Bräuchen begründet: Der
Dorfälteste zieht Schuhe und Socken aus und zerschmeißt eine Flasche
Sternburg. Die anderen tun es ihm nach. Ab diesem Zeitpunkt dürfen
Ziegen, Gnus und Kühe wieder auf die Brandenburger Weide. Wahrscheinlich sollte ich das noch einmal überprüfen, ggf. habe ich da einige Quellen falsch verstanden oder noch ggfallser habe ich mir das einfach so ausgedacht. Rätselhaft ist es aber schon: Ich meine, jeder kann sich vorstellen, warum überall die Handschuhe auf den Straßen liegen, die stopft man in die Jackentaschen und die fallen halt raus, während man Socken normalerweise ja nicht verliert, ohne das in irgendeiner Weise zu merken.
Wie dem auch sei, vorgestern fand ich den ersten Socken auf der Invalidenstraße. Zeitgeistgemäß vor einem E-Roller. Hat da jemand vor lauter Begeisterung seine Socken ausgezogen, um nachts barfuß zu rollern? Sherlock H. schüttelt missbilligend den Kopf, denn dann würde ja der Roller nicht mehr da stehen und niemand stellt E-Roller wieder dort ab, wo man sie geholt hat, das soll ja irgendwie gerade der Spaß daran sein [ggf. nochmal überprüfen, bevor der Post veröffentlicht wird]. Der Socken war für Größe 43-46, hätte mir also auch gepasst. Letztes Jahr fand sich der erste Socken am 11.2., wir sind also früh dran. Letztes Jahr schrieb Gitta in den Kommentaren: nee Schatz, is noch kein Frühling. Man kann auch noch nix aussähen. Musst noch warten. Und sie hatte vollkommen recht, dieses Jahr sieht es aber Anfang Januar ganz anders aus: Es roch am Freitag tatsächlich schon nach Frühling, die Haselnuss blüht schon seit Mitte Januar, die Kirschbäume an der Bornholmer Straße blühen auch schon über eine Woche und es ist noch kein Frost in Sicht. Das fühlt sich nicht richtig an.
Sollte das Sockenorakel dieses Jahr recht haben? Verlässlicher als die normalen Kalenderdaten scheint es zumindest zu sein.
Wie dem auch sei, vorgestern fand ich den ersten Socken auf der Invalidenstraße. Zeitgeistgemäß vor einem E-Roller. Hat da jemand vor lauter Begeisterung seine Socken ausgezogen, um nachts barfuß zu rollern? Sherlock H. schüttelt missbilligend den Kopf, denn dann würde ja der Roller nicht mehr da stehen und niemand stellt E-Roller wieder dort ab, wo man sie geholt hat, das soll ja irgendwie gerade der Spaß daran sein [ggf. nochmal überprüfen, bevor der Post veröffentlicht wird]. Der Socken war für Größe 43-46, hätte mir also auch gepasst. Letztes Jahr fand sich der erste Socken am 11.2., wir sind also früh dran. Letztes Jahr schrieb Gitta in den Kommentaren: nee Schatz, is noch kein Frühling. Man kann auch noch nix aussähen. Musst noch warten. Und sie hatte vollkommen recht, dieses Jahr sieht es aber Anfang Januar ganz anders aus: Es roch am Freitag tatsächlich schon nach Frühling, die Haselnuss blüht schon seit Mitte Januar, die Kirschbäume an der Bornholmer Straße blühen auch schon über eine Woche und es ist noch kein Frost in Sicht. Das fühlt sich nicht richtig an.
Sollte das Sockenorakel dieses Jahr recht haben? Verlässlicher als die normalen Kalenderdaten scheint es zumindest zu sein.
Samstag, 1. Februar 2020
Serendipity
"Der Begriff Serendipität, gelegentlich
auch Serendipity-Prinzip oder Serendipitätsprinzip, bezeichnet eine
zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich
als neue und überraschende Entdeckung erweist. Verwandt, aber nicht
identisch ist die weiter gefasste Redewendung vom glücklichen Zufall." (Wikipedia)
Das Wort Serendipity fand ich immer merkwürdig, das Prinzip dahinter bedeutet mir allerdings einiges. Finden, ohne gesucht zu haben, das ist die Methode, mit der ich mein Blog fülle. Ich gehe jeden Tag vertrauensvoll los und hoffe, dass mir irgendetwas zustößt, was es wert ist, hier aufgezeichnet zu werden. Und jede, die hier mitliest, kann in den Posts andere Dinge finden, wenn sie denn mag. In den Kommentaren folge ich gerne auch allen Leserinnen, auf welche Abwege sie auch der Beitrag führen mag.
Manchmal verstecke ich auch bewusst Dinge in einen Post und warte ab, ob sie jemand findet. So auch letzte Woche, als ich über die Papierschnipsel schrieb, die ich als Lesezeichen in dem Johannes-R.-Becher-Buch gefunden hatte. Das Buch war einmal in der Bibliothek der Volksbühne gewesen; die Zettel waren wohl aus einem Rollenbuch für einen Schauspieler. Aus welchem Stück waren wohl diese rätselhaften Zeilen?
Meine ersten Recherche-Versuche blieben erfolglos; aber vielleicht gab es ja eine Leserin, die eine Idee hatte. Tikerscherk war hartnäckiger und fand tatsächlich den entscheidenden Hinweis, wer dieser Millo sein könnte: Bei E.T.A Hoffmann, in den Serapionsbrüdern, wurde die Geschichte eines Königs Millo erzählt, der einen Raben tötete und deswegen einem Fluch unterlag (unverhofft kommt also bei dem zweiten Teil meines Blogposts wieder das Rabenmotiv des ersten Teils). Das hörte sich sehr vielversprechend an und ich begann weiter zu forschen. Die E.T.A. Hoffmann-Geschichte wird von einem Dialog eingeleitet, in dem es über die schönsten Märchen eines gewissen Gozzis ging. Weiteres Suchen ergab, dass Carlo Gozzi ein italienischer Theaterdichter des 18. Jahrhunderts war, der tatsächlich auch ein Stück "Der Rabe" verfasst hatte. Dieses Stück findet sich im Internet tatsächlich auch in einer deutschen Übersetzung von 1795. Eine kurze Überprüfung ergibt aber, dass das Deutsch dieser Übersetzung nicht zu dem streng gebundenen Vers auf den zwei Lesezeichen zu passen scheint. Wenn es denn dieses Stück gewesen sein sollte, muss es eine andere Bearbeitung gegeben haben. Das Internet weiß erst einmal nichts davon, auch antiquarisch findet sich kein Rabe von Gozzi (ein paar englische Übersetzungen wären allerdings zu finden). Nach etwas Nachdenken probiere ich die Suche danach, ob es etwas zur Volksbühne und Gozzi gibt: Und tatsächlich, der Rabe wurde an der Volksbühne 1981 aufgeführt, allerdings nur für einen Tag, da es einen Skandal gab, der dazu führte, dass der Regisseur Berndt Renne danach nicht mehr tätig sein durfte. Dieser Spur folgend finde ich tatsächlich eine Ausgabe der damals gegebenen Bearbeitung: Sie war von Richard Leising, einem zu früh verstorbenen Autor. Das Buch kann ich tatsächlich über einen Verlag bestellen, bei dem ich Autorenrabatt bekomme (gelegentlich schreibe ich trockene und zähe Fachliteratur). Serendipity gibt es also in der Geschichte genügend.
Das Büchlein wird geliefert, es enthält auch eine Schilderung des Regisseurs von der Uraufführung: Zwei Schauspieler, darunter Henry Hübchen, hatten etwas zu politisch improvisiert.
Das Stück selbst muss man sich als eine Mischung aus einem Shakespeare-Stück und einem Märchen vorstellen, Folk-Horror und Parabel. Millo, der wegen der Tötung des Rabens einem Fluch unterliegt, sein Bruder Jennaro, der ihn davon befreien will, aber von seinem Bruder verdächtigt wird, ihn umbringen zu wollen. Die Leising'sche Sprache ist wunderbar, ständig wechselnd in Stil und Tonart, lustig und tragisch, frei und gebunden. Das ursprüngliche Zitat ist von Norando, dem Herren des Raben, der Millo und Jennaro verfluchte. Ich hätte das Stück auch gerne einmal auf der Bühne gesehen.
Zwei Zettel in einem Buch haben mich auf die Reise geschickt, zurück komme ich mit neuen Bekannten und der Erkenntnis, dass es hier immer um Krähen und Raben geht, auch wenn es zunächst gar nicht so aussieht.
(Den Titel des Posts verdanke ich auch Tikerscherk.)
Das Wort Serendipity fand ich immer merkwürdig, das Prinzip dahinter bedeutet mir allerdings einiges. Finden, ohne gesucht zu haben, das ist die Methode, mit der ich mein Blog fülle. Ich gehe jeden Tag vertrauensvoll los und hoffe, dass mir irgendetwas zustößt, was es wert ist, hier aufgezeichnet zu werden. Und jede, die hier mitliest, kann in den Posts andere Dinge finden, wenn sie denn mag. In den Kommentaren folge ich gerne auch allen Leserinnen, auf welche Abwege sie auch der Beitrag führen mag.
Manchmal verstecke ich auch bewusst Dinge in einen Post und warte ab, ob sie jemand findet. So auch letzte Woche, als ich über die Papierschnipsel schrieb, die ich als Lesezeichen in dem Johannes-R.-Becher-Buch gefunden hatte. Das Buch war einmal in der Bibliothek der Volksbühne gewesen; die Zettel waren wohl aus einem Rollenbuch für einen Schauspieler. Aus welchem Stück waren wohl diese rätselhaften Zeilen?
Meine ersten Recherche-Versuche blieben erfolglos; aber vielleicht gab es ja eine Leserin, die eine Idee hatte. Tikerscherk war hartnäckiger und fand tatsächlich den entscheidenden Hinweis, wer dieser Millo sein könnte: Bei E.T.A Hoffmann, in den Serapionsbrüdern, wurde die Geschichte eines Königs Millo erzählt, der einen Raben tötete und deswegen einem Fluch unterlag (unverhofft kommt also bei dem zweiten Teil meines Blogposts wieder das Rabenmotiv des ersten Teils). Das hörte sich sehr vielversprechend an und ich begann weiter zu forschen. Die E.T.A. Hoffmann-Geschichte wird von einem Dialog eingeleitet, in dem es über die schönsten Märchen eines gewissen Gozzis ging. Weiteres Suchen ergab, dass Carlo Gozzi ein italienischer Theaterdichter des 18. Jahrhunderts war, der tatsächlich auch ein Stück "Der Rabe" verfasst hatte. Dieses Stück findet sich im Internet tatsächlich auch in einer deutschen Übersetzung von 1795. Eine kurze Überprüfung ergibt aber, dass das Deutsch dieser Übersetzung nicht zu dem streng gebundenen Vers auf den zwei Lesezeichen zu passen scheint. Wenn es denn dieses Stück gewesen sein sollte, muss es eine andere Bearbeitung gegeben haben. Das Internet weiß erst einmal nichts davon, auch antiquarisch findet sich kein Rabe von Gozzi (ein paar englische Übersetzungen wären allerdings zu finden). Nach etwas Nachdenken probiere ich die Suche danach, ob es etwas zur Volksbühne und Gozzi gibt: Und tatsächlich, der Rabe wurde an der Volksbühne 1981 aufgeführt, allerdings nur für einen Tag, da es einen Skandal gab, der dazu führte, dass der Regisseur Berndt Renne danach nicht mehr tätig sein durfte. Dieser Spur folgend finde ich tatsächlich eine Ausgabe der damals gegebenen Bearbeitung: Sie war von Richard Leising, einem zu früh verstorbenen Autor. Das Buch kann ich tatsächlich über einen Verlag bestellen, bei dem ich Autorenrabatt bekomme (gelegentlich schreibe ich trockene und zähe Fachliteratur). Serendipity gibt es also in der Geschichte genügend.
Das Büchlein wird geliefert, es enthält auch eine Schilderung des Regisseurs von der Uraufführung: Zwei Schauspieler, darunter Henry Hübchen, hatten etwas zu politisch improvisiert.
Das Stück selbst muss man sich als eine Mischung aus einem Shakespeare-Stück und einem Märchen vorstellen, Folk-Horror und Parabel. Millo, der wegen der Tötung des Rabens einem Fluch unterliegt, sein Bruder Jennaro, der ihn davon befreien will, aber von seinem Bruder verdächtigt wird, ihn umbringen zu wollen. Die Leising'sche Sprache ist wunderbar, ständig wechselnd in Stil und Tonart, lustig und tragisch, frei und gebunden. Das ursprüngliche Zitat ist von Norando, dem Herren des Raben, der Millo und Jennaro verfluchte. Ich hätte das Stück auch gerne einmal auf der Bühne gesehen.
Zwei Zettel in einem Buch haben mich auf die Reise geschickt, zurück komme ich mit neuen Bekannten und der Erkenntnis, dass es hier immer um Krähen und Raben geht, auch wenn es zunächst gar nicht so aussieht.
(Den Titel des Posts verdanke ich auch Tikerscherk.)