Everybody's fucked in their own special way

Mittwoch, 31. August 2016

Das Schiff aus Persien

(Zugleich ein Beitrag für Frau Tonaris "Rost-Parade".)

Der heutige Rost muss natürlich aus Zypern kommen. An der See mit der salzigen Luft rostet alles besonders gut. Dieses schöne alte Boot sieht man im Hafen von Latchi, wo es nur noch als Ausstellungsstück dient. Das Schiff war nach dem Heiligen Spiridon benannt, der aus Zypern stammte.


Ein Schiff aus dem griechischen Teil Zyperns gibt mir natürlich Gelegenheit, auf ein paar griechische Seefahrerlieder hinzuweisen. Da gibt es zum Beispiel "Das Fischerboot", das in den dreißiger Jahren von Exilgriechen in den USA in Chicago aufgenommen wurde, und das ursprünglich sehr orientalische Lied wird in dieser Version hart und metallisch, weil die Chicago Boys anstelle der Bouzouki ein Banjo genommen haben. Dann "Das Schiff aus Persien", ein Lied von Vasilis Tsitsanis, der darüber singt, wie der Zoll das Schiff anhält und alle Kiffer Athens weinen, weil sie auf dem Trockenen sitzen. Schließlich die wunderbare Sotiria Bellou mit "Wenn ich auf dem Schiff sterbe". Wer mit einem Glas Rotwein noch etwas traurig in das sich schon verfärbende Laub sehen will, kann das mit diesem Lied wunderbar tun. 

(Und wem das alles zu düster ist, der hört sich das schöne Lied über Kapetan Andreas Zeppo an, der erfolgreich auf Fischfang geht. "Hol ein, hol ein, das Netz ist voller Fische.")

Sonntag, 28. August 2016

The drowning pool

Die Tierwelt Griechenlands hat sich mir im Wesentlichen bei langen Fußmärschen durch überfahrene Tiere am Straßenrand offenbart, in Zypern habe ich eine andere Variante dieser Faunabestimmung kennengelernt: Man sieht sich an, was man aus dem Pool fischt. 

Zunächst hat es mich erschreckt, dass auch kleine Eidechsen im Pool ertrinken. Ich konnte dann aber eine beobachten, wie sie sich an der Wand, kurz über der Wasserfläche aufhielt. Ein kurzer Schritt zum Wasser hin, die Pfoten haben keinen so guten Griff mehr, das Tier rutscht ins Wasser und geht langsam unter. Diese konnte ich noch retten, in dem ich sie im Wasser packte und wieder ans Ufer warf, andere hatten weniger Glück. 

Beruhigender Weise waren die anderen Pool-Opfer eher Insekten. Bei denen konnte mir leider der gute Harry Garms, Pflanzen und Tiere Europas, den ich fast immer im Gepäck habe, nicht viel weiterhelfen; zum einen, weil er nur einen Bruchteil der mediterranen Fauna verzeichnet, zum anderen, weil ich das Buch inzwischen wegen beginnender Altersweitsicht fast nicht mehr lesen kann. Sehr schade. 

Die hier konnte ich immerhin identifizieren. Die Dornenschrecke:

Was für eine farbenfrohe Wespe das ist, habe ich allerdings nicht rausbekommen:

Samstag, 27. August 2016

Verlosung! Die Gewinner!

Vor der Sommerpause habe ich ja eine kleine Verlosung gestartet. Die Gewinner sind jetzt ausgelost, das Mayoral-Bild bekommt Mirjam von der Tauschlade, das Invalidenstraße-Buch Roswitha und das Buch von Eddie Argos Frau Kirschblüte. Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß damit!

Weil der Blog hier halt so ist wie er ist, bekommen die weiteren Teilnehmer, die leer ausgegangen sind, Sonderpreise. Wie inzwischen bei jedem Kindergeburtstag. Alle Päckchen sind schon unterwegs. Nur der Kiezschreiber muss sich seinen Kreativitätssonderpreis selbst abholen, wenn er mal wieder in Berlin ist. Das Dichterleben ist halt hart.

Freitag, 26. August 2016

Ackerbau Zypern

Wir durften uns einige Zeit bei Elke in Zypern einquartieren und waren für die Katzen und die Gartenbewässerung zuständig. Allein der Obstgarten könnte einen auf den Gedanken bringen, die Berliner Scholle einfach besser zuzubetonieren, wunderbare Dinge, die dort wachsen. Frau Ackerbau ist traurig, dass man in Berlin nicht mehr einfach an der Straße ein paar Kilo überreife Orangen für wenig Geld kaufen kann, um wunderbaren Orangensaft zu machen.

Die Wunder des Gartens von Elke und der Insel schaut Ihr Euch am besten in Elkes Blog an, ich habe hier in den nächsten Tagen ein paar Anmerkungen von den Wegesrändern. 

In ganz Zypern kann man Fleischtomaten kaufen, die man in Deutschland wahrscheinlich nicht los bekäme. Die Früchte sind leicht rot, teilweise mit gelben und grünen Einsprengseln. Keine Heritage-Tomaten-Farbpracht, sondern eher so ein leicht unreifer Eindruck. Schmecken tun die Dinger natürlich gut, vor allem für den Salat. 

Ich habe mir mal ein paar Sämereien von den Tomaten extrahiert, mal sehen, ob die nächstes Jahr auch im Pankower Klima etwas wird.

Allgegenwärtig ist in Zypern auch der immergrüne Johannisbrotbaum. Die Früchte hatte ich schon ein paar mal in Deutschland auf dem Markt gesehen, allerdings noch nie probiert. Die Bäume, die hier stehen, werden wohl nicht mehr geerntet; die Schoten schmecken überraschend süß. Dem Reiseführer entnehme ich, dass die getrockneten Kerne wohl sehr präzise ein Gewicht von ca. 0,2 g hatten und deswegen zum Abwiegen von Kostbarkeiten genommen wurden. Das Maß Karat von 0,205 g kommt wohl von den Kernen der Johannisbrotschote. Ich werde die Kerne nicht zum Abwiegen meiner Kostbarkeiten nehmen, sondern mal sehen, ob man für den Garten mal so ein Bäumchen ziehen kann. Würde zu den Zypern-Zitronenkern-Bäumchen passen, die jetzt immerhin schon gut 20 cm groß sind. 





Donnerstag, 25. August 2016

Andererseits: Obacht!

Offenbar genügt das Zuckerstreuerwerfen am S-Bahnhof Wollankstraße inzwischen nicht mehr, ich musste nämlich letzthin folgendes finden:

(Ich habe ja immer noch das Bild von dem Toi-Toi-Häuschen, dass an der Wollankstraße während der Europameisterschaft in die Luft gesprengt wurde, wahrscheinlich radikalisierte Isländer. Das sind aber so Posts, die bei mir auf ewig in den Entwürfen bleiben. In der richtigen Welt wird leider ohnehin schon zu viel gesprengt.)

Mittwoch, 24. August 2016

Wer kennt das nicht,

dass einen alles so aufregt, dass man auf offener Straße einen Zuckerstreuer zerdeppert...

(Ach so, Ihr kennt das nicht? Ich eigentlich auch nicht, aber beim S-Bahnhof Wollankstraße gibt's solche Leute. Offenbar. Anscheinend.)

Dienstag, 23. August 2016

Sommer mit 15

(Der folgende Post liegt nun schon ein paar Jahre im Entwürfeordner. Da sollte er besser auch bleiben. Aber heute hat Michali Geburtstag, und er war dabei. Der Rest hört jetzt zu lesen auf, denn es wird wohl teilweise etwas ziemlich unappetitlich. Aber wie soll man sonst über Dorfjugend schreiben?)

Die Sommer veränderten sich. Zum einen, weil man nicht mehr mit den Eltern in den Urlaub fuhr, sondern die sich langsam alleine auf den Weg machten, zum andern, weil die früheren Zeitvertreibe auf einmal nicht mehr so interessant waren. Ins Freibad fuhr man zwar noch immer, aber im Wesentlichen nur noch, um mit den richtigen Leuten abzuhängen und nach Mädchen zu schauen. Einer war dabei, F., der zwar fast jeden Tag im Freibad war, aber noch nicht einmal sein Hemd oder seine Schuhe auszog, geschweige denn ins Wasser ging. (Während ich das schreibe, durchzucken mich plötzlich tausend Erinnerungen an Leute und Situationen, mein Gott).

Wir waren meistens mit unserer Band beschäftigt, hatten schon unser erstes Konzert hinter uns gebracht und waren dauernd am Üben. Damit verbrachten wir den Sommer zum großen Teil in stinkigen und verqualmten Übungsräumen. Unser erster Bassist hatte uns inzwischen verlassen (eine Woche vor dem ersten Konzert) und wir hatten schnell Ersatz gefunden. Der Sommer war lang, und zum ersten Mal ließen einen die Eltern für ein paar Tage allein zuhause, die Oma hatte dann ein Auge auf uns. Der neue Bassist brachte eine Freundin aus München mit (keine Provinz-Punkette, wie wir sie sonst kannten). Sie hieß P. und spielte angeblich Schlagzeug bei einer Band, die "Die geilen Nonnen" hieß. Wir waren beeindruckt (hier müsste eigentlich ein Exkurs über Drogen im Allgäu und in München kommen, den lasse ich lieber aus. Ich hab's nie weiter als zum Bier gebracht). Nach dem Üben radelten wir nach Hause und lungerten dann bei einem von uns herum. Diesmal hatte M., dessen Eltern auch unterwegs waren, den Vorschlag gemacht, man könne bei ihm essen. Ein großer Topf mit Nudeln wurde aufgesetzt und der Keller nach Bier und Wein durchsucht. So langsam füllte sich die Küche, irgendeiner machte den Kassettenrekorder an, irgendwie will mir scheinen, dass man Exploited hörte (auweia). Die Besucher wurden leise hereingelassen, M.s Oma, die nebenan wohnte, sollte nichts merken. Als alle dann in der Küche saßen, stieg die Lautstärke aber an, alle tranken und die Teller wurden auf den Tisch gestellt und die Nudeln verteilt. Und dann kam eine Szene, die ich heute noch wie auf Film gebannt vor meinem inneren Auge sehe: 

E., der auch schon etwas zu viel hatte, sprach den denkwürdigen Satz: "Die Kinder wollen Schnaps!", nahm mit elegantem Schwung eine volle Weinflasche, trank einen großen Schluck, um dann - quasi aus der Bewegung heraus - die Flasche wieder abzusetzen und über den Esstisch in großem Schwall zu speien. Die gerade ausgeteilten Nudeln wollte dann auch keiner mehr essen, man wischte schnell auf, aufgrund des höheren Lärmpegels kam dann auch M.s Oma, sicherheitshalber mit einem Besen bewaffnet, und schmiss uns alle raus. Ich fiel beim Rückzug irgendwie noch mit P. in die Hecke, ein Höhepunkt des Sommers für mich.

In dem Trubel wäre beinahe untergegangen, dass E. sich den Mund abwischte, die Flasche Wein mitnahm und sagte: "Jetzt geht's wieder."

Mein Gott. (Und ich mag gar nicht daran denken, was sich über E. 10 Jahre später schreiben ließe, das würde richtig weh tun). 

Unser Verhalten war durchaus verbesserungswürdig, würde ich im Rückblick sagen. Aber vielleicht ist es notwendig, dass man diese Bruchstücke fest hält, um wieder ein Gefühl dafür zu bekommen, wie merkwürdig doch das Leben sein konnte.

Montag, 22. August 2016

Sonnenblumen

Die letzten Jahre habe ich es nicht geschafft, den kleinen Sonnenblumenwald an der Grundstücksgrenze wieder zu kultivieren. Das erste Jahr ging es noch einfach, das zweite Jahr haben sich die Sonnenblumen praktisch wieder selbst ausgesät, danach kam aber fast gar nichts mehr. Dieses Jahr habe ich mir ein Kilo Sonnenblumengründüngung gekauft und großzügig verteilt, vorher noch einmal gedüngt (Sonnenblumen zehren den Boden ziemlich aus) und tatsächlich hat das wieder funktioniert. Selbst die Spatzen haben es nicht geschafft, die ganzen Sonnenblumenkerne wegzufressen. 




So werde ich das nächstes Jahr auch wieder machen; an ein paar Stellen habe ich noch versucht, andere Dinge anzusäen, aber das war nicht so richtig erfolgreich. Rucola, Franzosenblümchen und der Stechapfel haben hier alles andere niedergedrückt. Ich habe gar nicht mehr versucht, den Stechapfel auszureißen, der findet ohnehin immer wieder seinen Weg. Und die Nachbarschaft hat sich auch noch nicht daran vergiftet. Als Dank habe ich jetzt aber auch schon Stechapfel im Kartoffelbeet, da hat er nun gar nichts zu suchen. 





Zwischen den Sonnenblumen der unvermeidliche Topinambur, der aber dieses Jahr recht schön geblüht hat. Während die Sonnenblumen dieses Jahr nur knappe zwei Meter hoch werden, ist der Topinambur teilweise bis zu drei Meter hoch; das ist eine schöne Ergänzung. 

Für die Sonnenblumen interessieren sich derzeit vor allem die Hummeln; ich hoffe, dass jetzt dann auch die Distelfinken kommen. Auf den Topinambur haben sich dagegen die Spatzen gestürzt: Zu zweit auf die schwankende Blüte und dann mit wilder Bestimmtheit die Blütenblätter ausgerissen. 



Die Spatzen werden schon wissen, warum sie das tun.

Sonntag, 21. August 2016

Pokemon-Jagd am S-Bahnhof Wollankstraße



(Zwei eherne Regeln dieses Blogs: Keine Fotos von toten Tieren, keine Pokemon-Witze. Aber, scheiß doch die Wand an, wie mein Vater zu sagen pflegte.)

Samstag, 20. August 2016

Bürobesuch



Auch wenn das Amselnest bei uns im Garten schnell verwaist war, in der Arbeit hatte ich etwas mehr Glück. In unserem Innenhof hat ein Amselpärchen ein Nest gebaut. Auf den ersten Blick ein denkbar ungünstiger Ort, mit nur wenig Grün, auf den zweiten Blick gar nicht so unpassend: Keine Katzen, keine Eichhörnchen, verhältnismäßig ruhig. Die Amsel hüpften also von Fensterbrett zu Fensterbrett, Amselpapa fütterte die Juniors (es waren, glaube ich, zwei) und leitete dann auch die Flugstunden. 


An einem Tag sah man die zwei Junioramseln zum ersten Mal ganz weit nach oben fliegen, immer begleitet vom Papa. Am nächsten Tag war die Familie dann verschwunden. 

Schade.

Freitag, 19. August 2016

Kartoffeln

Kein gutes Kartoffeljahr. Liegt sicher auch daran, dass ich mich zuwenig gekümmert habe, aber ich fürchte auch, dass man das Beet mal wieder gründlich düngen muss. Arbeit für den Herbst. 

Mein Grundproblem ist ja ohnehin, dass ich nur einen Platz für die Kartoffeln habe, die aber eigentlich jedes Jahr wandern müssten. Irgendwann habe ich das Beet dann verdorben, aber ich fürchte, ich habe keine Unterstützung dafür, Teile des Rasens umzustechen, um alternative Kartoffelbeete zu schaffen. 

Vom Roten Erstling ist nicht allzu viel gekommen; vielleicht finde ich beim Umgraben doch noch ein paar von den roten Knollen. Die, die ich ausgegraben habe, haben allerdings gut geschmeckt. Bei den Rosa Tannenzapfen ein Novum: Die Pflanzen sind mir schon Mitte Juli verreckt, da sind vielleicht ein paar Murmelkartoffeln daran. Am Gießen kann‘s nicht liegen, zuwenig Nährstoffe? Oder vielleicht liegt es daran, dass ich dieses Jahr nur minimal gejätet und gehackt habe. Man muss halt aufpassen; ich erzähle immer gerne, dass Kartoffeln prima sind, man schmeißt sie in die Erde, kümmert sich monatelang nicht mehr um sie und erntet dann wie ein richtiger Bauer. Ist aber halt doch nicht so einfach. 

Die andere frühe Sorte ist auch nicht überragend, aber meine beklagenswerte Wurschtigkeit dieses Jahr zeigt sich ja schon daran, dass ich mir immer noch nicht merken konnte, wie die Sorte eigentlich hieß. Irgendwas mit A. 

Ein Volltreffer war allerdings dabei: Die mehlige Jelly. Einzige Sorte, die relativ jung ist. Der gefiel es wunderbar, hatte auch guten Ertrag. Und Jelly hatte ich ja ausgewählt, weil ich eher zufällig darauf gestoßen bin, dass das die perfekte Pommes-Sorte ist. Außen knusprig, innen schön mürbe. Ideal für Ofenpommes a la Herr Grünkocht. Da habe ich nun einen schönen Herbstvorrat. 



Donnerstag, 18. August 2016

Bedeutende Dienstreisen (13)

Es geht an den Bodensee. Ich lerne, dass der schnellste Weg dafür über Zürich geht. Nach über 10 Jahren also mal wieder ein Kurzausflug in die Schweiz.

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Bei der Ankunft in Zürich fällt mir schon auf, dass ich das Schwyzerdütsch gar nicht mehr verstehe. Vor einigen Jahrzehnten hatte ich immer Schweizer Radiosender gehört, weil da die bessere Musik kam, und war ganz gut in der Lage, auch den Schwyzerdütschen Ansagen zu folgen. Das ist anscheinend vorbei. Ich muss raten, was die Leute von mir wollen. Daran ist sicher Berlin schuld.

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Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich noch rechtzeitig ankommen würde, da die Verbindung von Zürich Flughafen nach Konstanz nicht vollständig klar war. Aber in der Schweiz gehen die Bahnen offensichtlich noch pünktlich. Alles ganz problemlos; wenn ich vom Düsseldorfer oder Frankfurter Flughafen weiterkommen will, geht das normalerweise nicht so reibungslos.

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Ich darf etwas erzählen und verheddere mich natürlich wie immer in allen möglichen Details. Mich begeistert allerdings, dass ich einen Schlenker zur zukünftigen Handelspolitik von Donald Trump machen kann. Wie immer finde ich es am Schönsten, wenn man irgendwelche Themen einbauen kann, die weder etwas mit meiner Beschäftigung noch mit der meiner Zuhörer zu tun haben.  Bei den weiteren Diskussionen muss ich nur noch zuhören und bin zunächst entzückt, als es um den Methan-Schlumpf geht, den ich bislang nicht kannte. War aber nur ein Verhörer meinerseits.

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Konstanz hat ein relativ laszives Denkmal für die Prostituierten des Konstanzer Konzils, das vorne am Hafen steht und sich andauernd um die eigene Achse dreht (genaueres zu Konzil und Denkmal bei Calendula). Des Weiteren gibt es ein Denkmal für den Grafen Zeppelin, das sich nicht dreht, auf dessen Kopf sich allerdings gerne die Möwen setzen. 

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(Nachteile des Alleinreisens: Ich kann kein Foto von mir als Konzilskurtisane machen.)

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Bei der Stadtführung lerne ich den Ursprung des schönen Wortes "Scheißgasse", das ich zum ersten Mal vor Jahrzehnten in Karl Kraus "Briefwechsel mit der 'Literarischen Welt' " gelesen habe. Die Scheißgasse ist ein schmaler abschüssiger Weg an den hinteren Fassaden der Häuser entlang. Die Aborte waren dann so konstruiert, dass man einfach in die Gasse schiss und auf den nächsten Regen hoffte. Der Schlussatz des genannten Briefwechsels - "...dass Sie sich in etwas befinden mögen, das man außerhalb der literarischen Welt Scheißgasse nennt." - wird auf einmal noch plastischer.

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Während wir später mit einem Boot über den Bodensee fahren, erschießt in München ein Achtzehnjähriger neun Menschen.

Mittwoch, 17. August 2016

Tomatenernte

Hat ganz gut geklappt, dieses Jahr, wenn auch nicht unbedingt mit den Sorten, die ich eigentlich vorhatte. Zunächst mal zu den Cocktailtomaten: Die Black Cherry schmeckt zwar wieder fantastisch, bei mir ist allerdings nur eine Pflanze etwas geworden. Viele Pflanzen habe ich dafür von der Black Plum, die auch sehr schmackhaft ist, dieses Jahr hatte ich auch kein Problem mit Fruchtfäule. Der Gelbe Dattelwein ist auch wieder sehr lecker, vom Ertrag her leider etwas kümmerlich. Aber vielleicht kommt noch etwas. Die Rote Johannisbeere ebenfalls bekannt und bewährt, eigentlich hatte ich geacht, dass ich auch Gelbe Johannisbeere gesät hätte, habe ich aber nicht mehr gefunden oder mit irgendetwas anderem verwechselt. Himbeerrose war wieder lecker, aber die Pflanze war an einer Stelle, die ihr nicht richtig behagt hat, also nur ein paar Früchte. Die Zuckerpflaume war diesmal geschmacklich eher Durchschnitt. Von den neuen Sorten: Barbajanka, ähnlich wie Rote Johannisbeere, nur nicht so ertragreich; braucht man nicht unbedingt. Goldita: mittelgroße gelbe schmackhafte Tomätchen, kann man wieder machen. Dancing with Smurfs: Die Schlümpfchen werden tatsächlich zunächst blau, dann schwarz und schmecken dazu auch noch ganz ausgezeichnet. Die kanarische Tomate von Frau Tonari war ebenfalls lecker und sehr ertragreich. 


Bei den großen Tomaten: German Gold, Goldie, Chocolate Stripes, Ochsenherz, Black Cherryvine und Bührer Kehl haben alle brav und viel getragen; da habe ich dieses Jahr großes Glück gehabt. 

Und die Reisetomate hat dieses Jahr auch schön funktioniert:

Mal sehen, wie lange man noch ernten kann.

Dienstag, 16. August 2016

Endlich verständlich: Die Invalidenstraße

(Keine Sorge, hier wird natürlich nichts verständlich, zumindest nicht, wenn ich es verhindern kann. Ich finde nur diesen Spiegel-Online-Trick, die alten vergurkten Texte mit "Endlich verständlich" zu überschreiben, nicht nur wegen des Binnenreims, so schön, dass ich das auch einmal machen wollte.)

Ein Monat keine Nachrichten aus der Invalidenstraße - das muss sicher hart gewesen sein. Und es ist einiges passiert. Zum einen ameisengleiches Arbeiten am Bundesverkehrsministerium. Immer noch hinter einem blickdichten Zaun, aber es werden wohl irgendwelche Gräben ausgehoben und wieder aufgefüllt, das nun eigentlich schon seit ein paar Jahren. Vielleicht sucht man Gold zur Finanzierung des Breitbandprogramms oder irgendeiner hat das geheime Gutachten zur Rechtmäßigkeit der Autobahnmaut vergraben. Ich finde es aber schön, dass man im Ministerium weiß, dass man mir etwas bieten muss. Ich bilde mir also auch ein, dass das hier nur für mich inszeniert wurde:


Weniger gelungen sind die Anstrengungen unbekannter Gärtner, vor der Diakonie eine Haschplantage anzulegen.

Da geht sicher noch mehr!

Und gar nicht lustig ist das hier: Mitte Juli ist ein Fahrradfahrer in der Invalidenstraße, etwa auf der Höhe der chinesischen Vertretung, in die Straßenbahnschienen geraten, gestürzt und vor eine Straßenbahn gefallen. Wenige Tage später ist er an den Folgen des Unfalls gestorben. An der Unfallstelle ist ein kleiner Schrein aufgebaut, mit Blumen und Teelichtern. Der Fahrradfahrer war erst 22 Jahre alt, das Bild zeigt einen fröhlichen hübschen jungen Mann. Er möge in Frieden ruhen.


Montag, 15. August 2016

War was?

*

Sollte man nach einem Monat hier wieder den Betrieb aufnehmen? Wenn man ehrlich ist, ist tägliches Bloggen doch wie tägliches Fitnesstraining. Wenn man pausiert, fühlt man sich zwar amorph unzufrieden, aber um die Gewohnheit wieder aufzunehmen, braucht es zunächst Disziplin. Man kriegt die Zeit ja auch ohne Bloggen rum. Ein Monat Pause ist für mich auch wunderbare Desensibilisierung in Bezug auf Zugriffszahlen. Dann guckt halt auch keiner mehr, aber das macht ja nichts. Anders als ein Theaterstück ist ein Blogbeitrag nicht auf unmittelbares Publikum angewiesen.

Andererseits war ich auch ganz froh, dass ich pausiert habe, angesichts der gräßlichen Dinge, die im letzten Monat geschehen sind. Was soll man schreiben an solchen Tagen, weiter von Tomaten und Kartoffeln? Oder soll man sich einreihen in die ganzen fiebrigen Beobachter, die jetzt überzeugt sind, dass wir der Ouvertüre der Apokalypse zusehen? Die jedes Ereignis in das Schema des großen Kampfes Gut gegen Böse einordnen und an keine Zufälle mehr glauben können? (Aufgrund meiner derzeitigen freiwilligen und intensiven Beschäftigung mit britischer Innenpolitik hatte ich das Vergnügen mitzulesen, wie die Kommentatoren der Daily Mail die Nachricht, dass ein Mann sich im Keller eines Saarbrückener Restaurants zum Schlafen hingelegt hat, als weiteren Beweis dafür gesehen haben, dass Merkel Blut an ihren Händen habe. Als auch die Daily Mail vermelden musste, dass nun wirklich gar nichts Bedeutendes in Saarbrücken passiert war, wurde das nur als Beweis dafür gesehen, dass die Presse ja gar nicht mehr berichten dürfte, man ja aber ganz genau wüsste, was abginge. Fiebrige Erregung und wohliger Schauer angesichts der Möglichkeit zu sagen: Ich habe es ja gleich gewusst. Mürrische Enttäuschung, wenn man um's Massaker betrogen wurde.)

Wer hier mitliest weiß, dass ich apokalyptisches Denken durchaus schätze. Aber ich muss alle enttäuschen: Die Welt wird so schnell nicht untergehen. Wir kommen nur in eine relativ unangenehme Zeit, nachdem eine längere Zeit - zumindest direkt bei uns - einigermaßen Ruhe geherrscht hat. Den Kampf Gut gegen Böse gibt es zwar tatsächlich, er findet aber jeden Tag in uns selbst statt, mit jeder Entscheidung, die wir treffen. An manchen Tagen schafft man‘s besser, an manchen schlechter. Aber wir fangen alle jeden Tag wieder von vorn an. 

So. Zurück zu den Tomaten und der Invalidenstraße. (Wegen der Verlosung bitte ich noch um etwas Geduld, das dauert noch ein bisschen).

*Das eine Mal kann ich sagen, weiter gegangen zu sein als der Kiezneurotiker. Er war nur beim Hinweisschild, ich ging bis zur Sammelstelle. Und wurde reichlich durch die Fähnchen belohnt. Im digitalen Zeitalter sind auch die Fäkalien international.



Sonntag, 14. August 2016

Under the influence of Andy Bonetti

Dem Kiezschreiber herzlichen Glückwunsch zum runden Geburtstag! Ich nehme an, Schweppenhausen steht heute Kopf!

***
(Vor langer Zeit.)

Mein Nebenmann starrte den Dozenten an. "Was ist denn das hier? Was soll denn das heißen, das Zeichen des Piranha? Wollen Sie mich hier verarschen oder was?" 

Wir alle waren nicht auf das vorbereitet, was dann kam. Der Dozent zog einen Lederhandschuh an und schlug meinem Nebenmann unvermittelt ins Gesicht. Die Nase begann zu bluten, doch es folgte noch ein Schlag. Als der Dozent wieder sprach, war er vollkommen ruhig, was die Sache irgendwie noch unheimlicher machte. Mir fiel auf, dass seine Augen zu flackern schienen, sie hatten eine Farbe, die ich bei einem Menschen noch nie gesehen hatte. "Ihr seid hier hergebracht worden, weil von euch die Zukunft der Menschheit abhängt. Es ist wichtig, dass ihr euch genau merkt, was ich euch sage. Erst in ein paar Jahrzehnten werdet ihr verstehen, um was es hier geht. Irgendwelche Egotrips sind hier vollkommen fehl am Platz." Er machte eine kurze Pause und schlug dann noch einmal zu. "Das Zeichen des Piranha. Ihr werdet es kennen. Und ihr werdet dann genau das machen, genau das, was ihr die letzten Tage erklärt bekommen habt." Er sah uns an. "Findet das hier noch jemand witzig?" Mein Nebenmann war wimmernd zusammengesunken und der Rest schüttelte verängstigt den Kopf. Ich habe danach keinen von den anderen wiedergesehen, aber der Moment hat sich in mein Gehirn eingebrannt. In meinen Träumen habe ich ihn wieder und wieder erlebt. Die Geschichte, die dahinter stand, kam mir aber immer unwirklicher vor. Irgendwann war ich nicht mehr sicher, ob das alles wirklich passiert war.

***

Als ich den Rasen gemäht hatte, sah ich in den Himmel. 

Das Zeichen des Piranha. 

Ich nahm meinen Spaten und den Schlüssel, den ich seit über dreißig Jahren nicht mehr in der Hand gehabt hatte. Als ich ging, sperrte ich die Tür nicht mehr ab; ich würde nicht mehr zurückkehren. Ich wusste, was ich zu tun hatte.