(Zugleich ein Beitrag für Frau Tonaris "Rost-Parade"-Projekt.)
Das Monatsende kommt und noch kein neuer Rost in Sicht. Ich kann zwar in meinen alten Fotos kramen, in denen sich viel Rost findet, der hier noch nicht vorgezeigt wurde, aber ich mag es ja immer lieber, wenn ich Sachen verblogge, die relativ neu sind. Das schönste Foto, das nicht innerhalb zweier Wochen hier landet, wird normalerweise hier auch nicht mehr auftauchen.
Vorgestern gehe ich die Invalidenstraße entlang und ich sehe die große Metallplatte, die wohl schon über ein Jahr auf dem Rasen am Robert-Koch-Platz liegt. Bei irgendwelchen Bauarbeiten wurde sie dort abgelegt und dann vergessen. Rasen wird darunter nicht mehr wachsen, ich stelle es mir ziemlich krabblig vor, wenn man sie kurz anheben würde. Ich sehe die Platte jeden Tag, ohne dass ich sie bislang sonderlich interessant gefunden hätte. Die Platte ist nass und als ich genauer hinsehe, klebt auf ihr ein herbstliches Ahornblatt, das genau den gleichen Farbton wie der Rost hat. Ich freue mich, dass ich mein Motiv gefunden habe, knipse unauffällig drei Mal (mindestens zwei von drei Fotos sind bei mir verwackelt, aber das muss ich hier ja keinem sagen). Zuhause stelle ich aber fest, dass mein Handy sich geweigert hat, die Fotos richtig aufzunehmen, ich habe nur schwarze Fehlermeldungen. Also probiere ich es gestern noch einmal, die Platte ist allerdings inzwischen trocken, kein Ahornblatt darauf, der Rost in jeder Hinsicht unspektakulär, für die Rost-Parade ein doofes Foto, die Farben nicht schön, weil das Licht in Berlin gerade nur trübe und funzlig ist, und die Metallplatte eigentlich nur langweilig und auf dem Rasenstück vollkommen fehl am Platz. Für jeden, der in den letzten Jahren versucht hat, den Rost in der Rost-Parade zu kommentieren, ist das wohl der schwierigste Fall: Was soll man dazu sagen? Rost in der langweiligsten Darbietungsart. Poetisch begabte Naturen denken sich jetzt einfach einen leichten Nässefilm des glitzernden Regens auf der Platte, auf dem ein kaum sichtbares Ahornblatt klebt. Doch, doch, so war es.
Everybody's fucked in their own special way
Mittwoch, 31. Januar 2018
Dienstag, 30. Januar 2018
Montag, 29. Januar 2018
Tänzerin
(Das Bild wurde merkwürdigerweise drüben auf Twitter zu einem meiner beliebtesten Tweets. Zersprungene Gehwegplatten haben offenbar eine solide Fanbase.)
Sonntag, 28. Januar 2018
Samstag, 27. Januar 2018
Freitag, 26. Januar 2018
Donnerstag, 25. Januar 2018
Mittwoch, 24. Januar 2018
Die Antwort auf alle wichtigen Fragen...
...wäre sicher in diesem geheimnisvollem Buch gestanden, das auf einem Verteilerkasten in der Chausseestraße lag, als ich gestern in der Frühe zur Arbeit ging.
Ich habe aber nicht reingesehen. Deswegen müssen wir alle unwissend bleiben. Heute war das Buch auch schon nicht mehr da.
Dienstag, 23. Januar 2018
Im Dunkeln
Dieses Blog lebt ja vom visuellen Input - ich muss irgendetwas interessantes sehen, das mich zu einem Blogpost anregt. Anlaßlose Geschichten gibt es zwar auch immer wieder mal, aber der Großteil der Blogposts hängt an irgendetwas, was in meinem Handyspeicher rumliegt.
Winter ist da immer schwierig. Kaum Gemüse, wenn ich aus dem Haus gehe, ist es dunkel, wenn ich aus der Arbeit komme, auch. Dieses Jahr ging's trotzdem ganz gut im Blog, auch wenn ich gerade selten mehr als einen Post auf Vorrat habe.
Nun ist es zumindest wieder hell, wenn ich am Morgen in die Invalidenstraße biege.
Montag, 22. Januar 2018
Bedeutende Dienstreisen - Classics
Vor ein paar Tagen war ich mit einem früheren Kollegen Mittagessen. Ich hatte schon vor knapp zehn Jahren den Arbeitgeber gewechselt, als ich merkte, dass ich nicht mehr recht erwünscht war, bei ihm hatte es dann noch bis zum letzten Jahr gedauert. Wir haben viel miteinander gemacht, auch einigermaßen erfolgreich. Der Kollege, den ich hier E. nennen will, ist allerdings auch der einzige Arbeitskollege, nach dem ich harte Gegenstände geworfen habe. Er hatte Glück, dass ihn der Hefter nicht getroffen hat. E.s Spezialität war immer, innerhalb kürzester Zeit eine unglaubliche Menge von wahnsinnigen Ideen und Plänen zu entwickeln. Wenn man rausfinden konnte, welche zwei von den hundert irgendwie Sinn gaben, konnte man schöne Ergebnisse erreichen.
Beim Essen erinnerte ich mich wieder an eine Dienstreise, die wir mit unserem damaligen gemeinsamen Chef irgendwann 2006 machten. Wir mussten in irgendein schwäbisches Kaff, flogen nach Stuttgart, mieteten einen Wagen, der Chef fuhr, E. saß neben ihm und ich auf der Rückbank. Der Chef, weder für seinen Humor noch für besondere Lockerheit bekannt, wollte mit Navigationsgerät fahren, und bat deswegen E., das Navi anzumachen und unser Ziel einzugeben. E. lehnte das ab, er fände das nicht angemessen bei einer Autobahnfahrt ein Navi zu verwenden. Der Chef forderte ihn noch einmal auf, E. meinte aber, mit Navi sei langweilig, wir würden schon irgendwie unser Ziel finden. Der Chef wandte sich an mich, der fasziniert zuhörte, und meinte, ich solle das Navi bedienen. Ich wies darauf hin, dass das vom Rücksitz aus nicht ginge. Dann begann der Chef während des Fahrens am Navi zu fummeln und versuchte, das Ziel einzugeben. E. sah sich das eine Zeitlang an und machte dann einfach das Navi wieder aus und erklärte, es sei erwachsenen Leuten unwürdig, solche Fahrten mit Navi zu machen. Der Chef schrie jetzt nur noch "Herr E., lassen Sie das, Herr E., das ist nicht lustig!", machte das Navi wieder an, stellte ein, E. schaltete es dann wieder aus. Der Chef wandte sich wieder an mich, ich wies wieder darauf hin, dass ich vom Rücksitz nichts machen könne, außerdem sei er der Vorgesetzte, da müsse er schon selber sehen, wie er zurecht käme. E. hielt derweil die Hand vor's Navi und erklärte, er würde jeden Versuch zur Eingabe sofort unterbinden. Der Chef schimpfte nur noch leise vor sich hin, dass er sich das nicht bieten ließe und E. schon sehen werde. Wir kamen allerdings an und Nachspiel gab es auch keines (richtigen Ärger hatten wir beide auch erst später mit dem nächsten Vorgesetzten).
Zwei Sachen habe ich dabei gelernt: Es gibt Leute, denen zu viel Harmonie zu langweilig ist, und die deswegen einfach sinnlos Ärger anfangen. Und es gibt eine Art von Autorität, die sich nur auf das Formale stützt, die gegen bodenlose Frechheit komplett hilflos ist. Bezeichnend ist auch, dass E. sich an diese Sternstunde der Dienstreisen heute gar nicht mehr erinnert. Er hat zu viele solche Dinger gemacht, als dass er sich noch jedes merken könnte.
Beim Essen erinnerte ich mich wieder an eine Dienstreise, die wir mit unserem damaligen gemeinsamen Chef irgendwann 2006 machten. Wir mussten in irgendein schwäbisches Kaff, flogen nach Stuttgart, mieteten einen Wagen, der Chef fuhr, E. saß neben ihm und ich auf der Rückbank. Der Chef, weder für seinen Humor noch für besondere Lockerheit bekannt, wollte mit Navigationsgerät fahren, und bat deswegen E., das Navi anzumachen und unser Ziel einzugeben. E. lehnte das ab, er fände das nicht angemessen bei einer Autobahnfahrt ein Navi zu verwenden. Der Chef forderte ihn noch einmal auf, E. meinte aber, mit Navi sei langweilig, wir würden schon irgendwie unser Ziel finden. Der Chef wandte sich an mich, der fasziniert zuhörte, und meinte, ich solle das Navi bedienen. Ich wies darauf hin, dass das vom Rücksitz aus nicht ginge. Dann begann der Chef während des Fahrens am Navi zu fummeln und versuchte, das Ziel einzugeben. E. sah sich das eine Zeitlang an und machte dann einfach das Navi wieder aus und erklärte, es sei erwachsenen Leuten unwürdig, solche Fahrten mit Navi zu machen. Der Chef schrie jetzt nur noch "Herr E., lassen Sie das, Herr E., das ist nicht lustig!", machte das Navi wieder an, stellte ein, E. schaltete es dann wieder aus. Der Chef wandte sich wieder an mich, ich wies wieder darauf hin, dass ich vom Rücksitz nichts machen könne, außerdem sei er der Vorgesetzte, da müsse er schon selber sehen, wie er zurecht käme. E. hielt derweil die Hand vor's Navi und erklärte, er würde jeden Versuch zur Eingabe sofort unterbinden. Der Chef schimpfte nur noch leise vor sich hin, dass er sich das nicht bieten ließe und E. schon sehen werde. Wir kamen allerdings an und Nachspiel gab es auch keines (richtigen Ärger hatten wir beide auch erst später mit dem nächsten Vorgesetzten).
Zwei Sachen habe ich dabei gelernt: Es gibt Leute, denen zu viel Harmonie zu langweilig ist, und die deswegen einfach sinnlos Ärger anfangen. Und es gibt eine Art von Autorität, die sich nur auf das Formale stützt, die gegen bodenlose Frechheit komplett hilflos ist. Bezeichnend ist auch, dass E. sich an diese Sternstunde der Dienstreisen heute gar nicht mehr erinnert. Er hat zu viele solche Dinger gemacht, als dass er sich noch jedes merken könnte.
Sonntag, 21. Januar 2018
"Die zweite Staffel war dann irgendwie unheimlich..."
Als ich dieses Blog startete, waren Riesenkuscheltiere ein Thema, das ich hier regelmäßig abdecken wollte. In der ursprünglichen Blogbeschreibung am Rand standen sie gleichberechtigt neben der Gemüsezucht, sie haben es immerhin auf fünf Blogbeiträge gebracht. Warum ich der Meinung war, dass das thematisch der Renner sei - ich habe keine Ahnung. Werd mir schon irgendetwas dabei gedacht haben. Auf jeden Fall stellte ich relativ schnell fest, dass die Meldungen von Riesenkuscheltieren nicht ganz so zahlreich sind, die Rubrik tauchte nicht mehr auf.
Aber was könnte besser in diese merkwürdigen Jahre, in denen wir leben, passen, als das alles, was wir irgendwann einmal drollig oder nett gefunden haben, wieder auftaucht, aber in einer Weise, die gruselig und creepy ist? 2017, das Jahr in dem man nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Fiebertraum unterscheiden konnte, und keine Schlagzeile, sei sie noch so absurd, nicht auch ernst gemeint sein könnte. Also tauchen auf einmal unvermittelt die Riesenkuscheltiere wieder in meinem Leben auf. In der Frühe, es ist noch nicht hell, gehe ich wie jeden Tag an einem Haus vorbei, auf einmal liegt dort in dem Fenster ein Riesenteddy, offensichtlich im Drogenrausch.
Ich weiß nicht, ob ich wissen will, wie die Geschichte weitergeht.
Aber was könnte besser in diese merkwürdigen Jahre, in denen wir leben, passen, als das alles, was wir irgendwann einmal drollig oder nett gefunden haben, wieder auftaucht, aber in einer Weise, die gruselig und creepy ist? 2017, das Jahr in dem man nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Fiebertraum unterscheiden konnte, und keine Schlagzeile, sei sie noch so absurd, nicht auch ernst gemeint sein könnte. Also tauchen auf einmal unvermittelt die Riesenkuscheltiere wieder in meinem Leben auf. In der Frühe, es ist noch nicht hell, gehe ich wie jeden Tag an einem Haus vorbei, auf einmal liegt dort in dem Fenster ein Riesenteddy, offensichtlich im Drogenrausch.
Ich weiß nicht, ob ich wissen will, wie die Geschichte weitergeht.
Samstag, 20. Januar 2018
Bedeutende Dienstreisen (36)
"Scheint Sturm zu geben, draußen im Land
so flüsterts und wisperts schon
Drum Kinder haltet euch fest an der Hand
sonst flieget ihr alle davon" (alte Volksweise)
***
Kann man sich einen besseren Tag für die erste Dienstreise im Jahr 2018 vorstellen, als den Tag, für den ein großer Sturm angesagt wird? Wenn man so langweilig ist und auf Dienstreisen nichts erleben will, vielleicht schon, aber für mich war die Sache klar: Am 18.01. geht es nach Hamburg.
***
Im Zug morgens alles voll besetzt, lauter zerknitterte Pendler und Dienstreisende mit Kopfhörern im Ohr. Ich füge mich praktisch mimikryhaft in die Atmosphäre ein. In Spandau kommt ein junger Mann auf mich zu und teilt mir mit, sorry, er wolle mich ja nicht verjagen, aber ich säße auf seinem Platz. Durch pädagogisch versierte Fragen und Gesprächsführung lasse ich ihn selbst herausarbeiten, dass er zwar auch Sitz 61, aber im Wagen 21, nicht Wagen 25 hat. Ich darf also sitzen bleiben. Mein Sitznachbar ist so freundlich und lässt mich nach einiger Zeit an der Steckdose, die wir uns teilen müssen, meine Powerbank aufladen. Eine meiner schlaueren Ideen an diesem Tag. Irgendwann kommt ein sehr alter Mann in Bahnuniform durch die Reihen und will eine Fahrgastbefragung durchführen ("Nur fünf Minuten"). Keiner hat Lust darauf. Jeder schaut starr vor sich hin, wer jetzt noch keine Kopfhörer in den Ohren hat, stopft sich schnell welche rein. Der alte Mann spricht dann einzelne Passagiere gezielt an, die Dialoge werden aber auch nicht ergiebiger oder freundlicher. "Ich habe doch nur höflich gefragt." - "Und ich habe höflich geantwortet!" Im Grunde kurz vor der Schlägerei. Als der alte Mann schon einige Zeit weiter gezogen ist, kommt eine Durchsage, dass Mitglieder der Bundespolizei in den Wagen 21 gebeten werden. Alle im Waggon überlegen, ob das mit der Fahrgastbefragung zusammen hängt.
***
Das Wetter in Berlin war mies, das Wetter in Hamburg ist scheiße. Es stürmt und schneit mit kokosmakronengroßen Schneeflocken, die einem quasi waagrecht ins Gesicht wehen. Obwohl es vom Hauptbahnhof bis zum Veranstaltungsort nur 500 m sind, bin ich einigermaßen durchnässt. Ich bin bei einer Konferenz zu einem Thema, mit dem ich mich vor fast 15 Jahren mal ernsthafter beschäftigt habe. Ich kenne kaum noch jemand, ein paar graue Eminenzen, ansonsten haufenweise Mittdreißiger mit Biss und Spannkraft. Ich weiß aus Erfahrung: das gibt sich.
(Scheiße-Wetter, Scheiße-Fotos.)
***
Ich gönne mir den Luxus, drei Stunden Vorträge zu einem Thema zu hören, mit dem ich wahrscheinlich nie wieder etwas zu tun haben werde. In der Mittagspause treffe ich zufällig einen früheren Kollegen, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe und der seit etwa zwölf Jahren eine Glenn Gould-DVD von mir ausgeliehen hat. Wie jedesmal, wenn wir uns sehen, verspricht er baldige Rückgabe. Man muss ja immer etwas haben, auf das man sich noch freuen kann.
***
Nach der Mittagspause schwänze ich einen Vortrag und treffe mich mit einem anderen früheren Kollegen, der inzwischen in Hamburg lebt auf einen Kaffee. Da ich inzwischen sehe, dass die ersten Züge nach Berlin ausfallen, bitte ich ihn um ein Treffen in der Nähe des Bahnhofes. Nachdem immer mehr Ausfallmeldungen kommen, beschließe ich, nicht mehr zur Veranstaltung zurückzugehen, sondern einfach den nächsten Zug zu nehmen, der Richtung Berlin geht. Die Nacht in Hamburg zu verbringen, habe ich keine rechte Lust. Am Gleis stelle ich fest, dass die zwei Züge, die in der DB-App noch gelistet sind, auch ausfallen. Ich stelle mich an der Information an, die Schlange ist sicher 50 Meter lang, da kommt auch schon die Durchsage, dass der Bahnverkehr nach Berlin, Hannover und Bremen eingestellt sei. Neben mir steht ein Mann mit Rucksack, der mich auf englisch fragt, was da durchgesagt wurde. Ich sage es ihm, es stellt sich heraus, dass er auch nach Berlin muss. Er ist Australier, der in Berlin wohnt, und kommt gerade von einem Weihnachtsbesuch nach Hause. Mir wird langsam klar, dass es mit dem Zug wohl nichts mehr wird, und Frau Ackerbau ist so nett, mir auf Whats-App doch den Bus vorzuschlagen. Ich stelle fest, dass es noch Flixbus-Plätze gibt und organisiere für mich und den Australier Tickets. Allerdings müssen wir noch eine Zeitlang warten, die Busse sind, nicht verwunderlich, gut ausgebucht.
***
Wir trinken noch einen Kaffee, der Bus kommt natürlich mit Verspätung, und er könnte viel mehr Leute mitnehmen als er Plätze hat. Ich habe Glück, dass ich meine Powerbank noch aufgeladen habe, ansonsten hätte mir mein Handyticket auch nicht viel genutzt. Ich bin vorher noch nicht Flixbus gefahren, muss aber feststellen, dass die Sitze dort bequemer sind als die Sitze in der zweiten Klasse eines ICE. Allerdings kann ich im Bus nicht lesen, so vertreibe ich mir die Zeit mit dem Hören von Podcasts und ausufernden Twitterkonversationen mit führenden Literatur- und Politikbloggerinnen.
***
Ein bisschen später als geplant komme ich in Berlin an, Friederike hat Berlin und mich nicht entzweien können. Die S-Bahnen fahren, deswegen bin ich auch bald zuhause und froh, dass ich nicht in Hamburg bleiben musste.
so flüsterts und wisperts schon
Drum Kinder haltet euch fest an der Hand
sonst flieget ihr alle davon" (alte Volksweise)
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Kann man sich einen besseren Tag für die erste Dienstreise im Jahr 2018 vorstellen, als den Tag, für den ein großer Sturm angesagt wird? Wenn man so langweilig ist und auf Dienstreisen nichts erleben will, vielleicht schon, aber für mich war die Sache klar: Am 18.01. geht es nach Hamburg.
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Im Zug morgens alles voll besetzt, lauter zerknitterte Pendler und Dienstreisende mit Kopfhörern im Ohr. Ich füge mich praktisch mimikryhaft in die Atmosphäre ein. In Spandau kommt ein junger Mann auf mich zu und teilt mir mit, sorry, er wolle mich ja nicht verjagen, aber ich säße auf seinem Platz. Durch pädagogisch versierte Fragen und Gesprächsführung lasse ich ihn selbst herausarbeiten, dass er zwar auch Sitz 61, aber im Wagen 21, nicht Wagen 25 hat. Ich darf also sitzen bleiben. Mein Sitznachbar ist so freundlich und lässt mich nach einiger Zeit an der Steckdose, die wir uns teilen müssen, meine Powerbank aufladen. Eine meiner schlaueren Ideen an diesem Tag. Irgendwann kommt ein sehr alter Mann in Bahnuniform durch die Reihen und will eine Fahrgastbefragung durchführen ("Nur fünf Minuten"). Keiner hat Lust darauf. Jeder schaut starr vor sich hin, wer jetzt noch keine Kopfhörer in den Ohren hat, stopft sich schnell welche rein. Der alte Mann spricht dann einzelne Passagiere gezielt an, die Dialoge werden aber auch nicht ergiebiger oder freundlicher. "Ich habe doch nur höflich gefragt." - "Und ich habe höflich geantwortet!" Im Grunde kurz vor der Schlägerei. Als der alte Mann schon einige Zeit weiter gezogen ist, kommt eine Durchsage, dass Mitglieder der Bundespolizei in den Wagen 21 gebeten werden. Alle im Waggon überlegen, ob das mit der Fahrgastbefragung zusammen hängt.
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Das Wetter in Berlin war mies, das Wetter in Hamburg ist scheiße. Es stürmt und schneit mit kokosmakronengroßen Schneeflocken, die einem quasi waagrecht ins Gesicht wehen. Obwohl es vom Hauptbahnhof bis zum Veranstaltungsort nur 500 m sind, bin ich einigermaßen durchnässt. Ich bin bei einer Konferenz zu einem Thema, mit dem ich mich vor fast 15 Jahren mal ernsthafter beschäftigt habe. Ich kenne kaum noch jemand, ein paar graue Eminenzen, ansonsten haufenweise Mittdreißiger mit Biss und Spannkraft. Ich weiß aus Erfahrung: das gibt sich.
(Scheiße-Wetter, Scheiße-Fotos.)
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Ich gönne mir den Luxus, drei Stunden Vorträge zu einem Thema zu hören, mit dem ich wahrscheinlich nie wieder etwas zu tun haben werde. In der Mittagspause treffe ich zufällig einen früheren Kollegen, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe und der seit etwa zwölf Jahren eine Glenn Gould-DVD von mir ausgeliehen hat. Wie jedesmal, wenn wir uns sehen, verspricht er baldige Rückgabe. Man muss ja immer etwas haben, auf das man sich noch freuen kann.
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Nach der Mittagspause schwänze ich einen Vortrag und treffe mich mit einem anderen früheren Kollegen, der inzwischen in Hamburg lebt auf einen Kaffee. Da ich inzwischen sehe, dass die ersten Züge nach Berlin ausfallen, bitte ich ihn um ein Treffen in der Nähe des Bahnhofes. Nachdem immer mehr Ausfallmeldungen kommen, beschließe ich, nicht mehr zur Veranstaltung zurückzugehen, sondern einfach den nächsten Zug zu nehmen, der Richtung Berlin geht. Die Nacht in Hamburg zu verbringen, habe ich keine rechte Lust. Am Gleis stelle ich fest, dass die zwei Züge, die in der DB-App noch gelistet sind, auch ausfallen. Ich stelle mich an der Information an, die Schlange ist sicher 50 Meter lang, da kommt auch schon die Durchsage, dass der Bahnverkehr nach Berlin, Hannover und Bremen eingestellt sei. Neben mir steht ein Mann mit Rucksack, der mich auf englisch fragt, was da durchgesagt wurde. Ich sage es ihm, es stellt sich heraus, dass er auch nach Berlin muss. Er ist Australier, der in Berlin wohnt, und kommt gerade von einem Weihnachtsbesuch nach Hause. Mir wird langsam klar, dass es mit dem Zug wohl nichts mehr wird, und Frau Ackerbau ist so nett, mir auf Whats-App doch den Bus vorzuschlagen. Ich stelle fest, dass es noch Flixbus-Plätze gibt und organisiere für mich und den Australier Tickets. Allerdings müssen wir noch eine Zeitlang warten, die Busse sind, nicht verwunderlich, gut ausgebucht.
***
Wir trinken noch einen Kaffee, der Bus kommt natürlich mit Verspätung, und er könnte viel mehr Leute mitnehmen als er Plätze hat. Ich habe Glück, dass ich meine Powerbank noch aufgeladen habe, ansonsten hätte mir mein Handyticket auch nicht viel genutzt. Ich bin vorher noch nicht Flixbus gefahren, muss aber feststellen, dass die Sitze dort bequemer sind als die Sitze in der zweiten Klasse eines ICE. Allerdings kann ich im Bus nicht lesen, so vertreibe ich mir die Zeit mit dem Hören von Podcasts und ausufernden Twitterkonversationen mit führenden Literatur- und Politikbloggerinnen.
***
Ein bisschen später als geplant komme ich in Berlin an, Friederike hat Berlin und mich nicht entzweien können. Die S-Bahnen fahren, deswegen bin ich auch bald zuhause und froh, dass ich nicht in Hamburg bleiben musste.
Freitag, 19. Januar 2018
Donnerstag, 18. Januar 2018
Im Schulbus
Ich war eigentlich fast meine ganze Schulkarriere über Fahrschüler. Als Grundschüler mit dem Stadtbus die 1,5 km zur Schule in die Stadt, für's Gymnasium die 13 km in die Kreisstadt. Nur in der zweiten Klasse hatten wir unser Klassenzimmer in einem Außenposten in dem Stadtteil, in dem ich wohnte. Ansonsten: früh aufstehen, in überfüllten Bussen stehen, immer Sorge haben, dass man die Schülerjahreskarte vergessen haben könnte. Die Busfahrer waren zwar immer dieselben und kannten einen natürlich, ließen sich aber jedesmal die Karte zeigen und schmissen einen raus, wenn man sie nicht dabei hatte. Die Busfahrer waren sowieso Menschenfeinde (das ist inzwischen ja ganz anders, die Berliner Busfahrer sind meistens nett), an der Bushaltestelle musste man vor den älteren Schülern aufpassen, die ab und zu Schulranzen der jüngeren in die Mindel schmissen oder einen dann im Bus festhielten, dass man erst zu spät aussteigen konnte. Einmal bin ich auch selbst eine Haltestelle zu früh ausgestiegen und musste knappe zwei Kilometer laufen, weil ich ganz in Gedanken versunken war und darübe nachdachte, was wohl das beste Beatles-Album sei.* In den öffentlichen Verkehrsmitteln hatte man auch immer wieder mit den alten Nazis zu tun, von denen es in meiner Jugend noch genügend gab, und die einem dann gerne erzählten, was Hitler so mit einem gemacht hätte. Nun hat man ja im Nahverkehr eher Angst vor den jungen Nazis, so ändern sich die Zeiten.
(Jetzt wollte ich gerade schreiben, dass es aber gar nicht um mich gehen soll, musste aber feststellen, dass das eine Lüge wäre.)
In den letzten fünfzehn Jahren habe ich in der Frühe immer irgendein Kind zum Kindergarten oder zur Schule gebracht oder begleitet. Meine Terminlage am Morgen im Wesentlichen davon bestimmt, wen man wohin bringen musste, ob irgendeine Stunde ausfällt oder ob man vielleicht ein bisschen früher da sein muss. Ein Teil davon ging zu Fuß, meistens war es eine Fahrt mit S-Bahn oder Straßenbahn und seit einem halben Jahr finde ich mich, wie vor über 30 Jahren wieder um 7.10 Uhr an einer Bushaltestelle. In Berlin sind es natürlich keine Schulbusse, aber um die Zeit sind die Busse voll mit Schulkindern, die schnell noch versuchen, für Prüfungen zu lernen, die sich über Lehrer und Mitschüler lustig machen, zu dritt um einen, der am Handy spielt, herumstehen oder einfach nur Kopfhörer aufhaben und ins Leere sehen. Ich erinnere mich dann daran, wie ich mich selbst im Schulbus gefühlt habe, und bin insgesamt sehr froh, dass ich nicht mehr auf die Schule muss.
Meine Schulwegbegleitung wird bald ihr Ende finden; J.S. findet den Weg inzwischen auch alleine. Allerdings ist der Punkt noch nicht erreicht, an dem er möglichst nicht mehr mit Papa gesehen werden will. Ich habe festgestellt, dass diese weitgehend schweigsamen 40 Minuten am Morgen eigentlich eher für mich als für ihn sind. Ich mache das mal, solange es noch geht. Und dann stehe ich irgendwann vor dem Problem, wann (und ob) ich aus dem Haus gehe, wenn ich keine Kinder mehr verräumen muss.
*Damals, vor ca. 35 Jahren: Revolver. Heute wohl auch noch.
(Jetzt wollte ich gerade schreiben, dass es aber gar nicht um mich gehen soll, musste aber feststellen, dass das eine Lüge wäre.)
In den letzten fünfzehn Jahren habe ich in der Frühe immer irgendein Kind zum Kindergarten oder zur Schule gebracht oder begleitet. Meine Terminlage am Morgen im Wesentlichen davon bestimmt, wen man wohin bringen musste, ob irgendeine Stunde ausfällt oder ob man vielleicht ein bisschen früher da sein muss. Ein Teil davon ging zu Fuß, meistens war es eine Fahrt mit S-Bahn oder Straßenbahn und seit einem halben Jahr finde ich mich, wie vor über 30 Jahren wieder um 7.10 Uhr an einer Bushaltestelle. In Berlin sind es natürlich keine Schulbusse, aber um die Zeit sind die Busse voll mit Schulkindern, die schnell noch versuchen, für Prüfungen zu lernen, die sich über Lehrer und Mitschüler lustig machen, zu dritt um einen, der am Handy spielt, herumstehen oder einfach nur Kopfhörer aufhaben und ins Leere sehen. Ich erinnere mich dann daran, wie ich mich selbst im Schulbus gefühlt habe, und bin insgesamt sehr froh, dass ich nicht mehr auf die Schule muss.
Meine Schulwegbegleitung wird bald ihr Ende finden; J.S. findet den Weg inzwischen auch alleine. Allerdings ist der Punkt noch nicht erreicht, an dem er möglichst nicht mehr mit Papa gesehen werden will. Ich habe festgestellt, dass diese weitgehend schweigsamen 40 Minuten am Morgen eigentlich eher für mich als für ihn sind. Ich mache das mal, solange es noch geht. Und dann stehe ich irgendwann vor dem Problem, wann (und ob) ich aus dem Haus gehe, wenn ich keine Kinder mehr verräumen muss.
*Damals, vor ca. 35 Jahren: Revolver. Heute wohl auch noch.
Mittwoch, 17. Januar 2018
Zarte Pflänzchen
Im letzten Jahr hatte ich ja ein paar Kerne einer mediterranen Mispel mitgenommen und eingepflanzt und einen zweiten Versuch mit einem Johannisbrotbaum gemacht, nachdem mir das erste winzige Pflänzchen im letzten Winter auf der Strecke geblieben ist.
Ich habe beide Pflänzchen (eigentlich sind es drei, denn ich habe zwei Mispeln) in die Küche geholt und da scheint es ihnen ganz gut zu gefallen. Zumindest die Mispel hat einen gewissen Wachstumsschub, der Johannisbrotbaum ist eher ein bisschen zurückhaltend.
Natürlich könnte es sich auch um irgendein Unkraut handeln, das aus der Blumenerde gewachsen ist. Die Blätter der Mispel schauen aber schon recht ähnlich aus. Beim Johannisbrötchen - na ja.
Wenn das Wachstum in diesem Tempo weitergeht, wird man in 30-40 Jahren die ersten Früchte ernten können. Wegen dieser großen Erfolge habe ich jetzt gleich auch noch ein Lychee-Bäumchen gepflanzt und bereite eine zypriotische Superfrucht vor, die mir die liebe Elke mitgegeben hat.
Ich habe beide Pflänzchen (eigentlich sind es drei, denn ich habe zwei Mispeln) in die Küche geholt und da scheint es ihnen ganz gut zu gefallen. Zumindest die Mispel hat einen gewissen Wachstumsschub, der Johannisbrotbaum ist eher ein bisschen zurückhaltend.
Natürlich könnte es sich auch um irgendein Unkraut handeln, das aus der Blumenerde gewachsen ist. Die Blätter der Mispel schauen aber schon recht ähnlich aus. Beim Johannisbrötchen - na ja.
Wenn das Wachstum in diesem Tempo weitergeht, wird man in 30-40 Jahren die ersten Früchte ernten können. Wegen dieser großen Erfolge habe ich jetzt gleich auch noch ein Lychee-Bäumchen gepflanzt und bereite eine zypriotische Superfrucht vor, die mir die liebe Elke mitgegeben hat.
Dienstag, 16. Januar 2018
Montag, 15. Januar 2018
Nachlese
Gestern fand ja die Blogaktion "Let's talk about vegs" statt. Es haben sich noch sechs weitere Bloggerinnen und Blogger beteiligt und das Ergebnis hat meine Erwartungen weit übertroffen. Die sechs Texte über Gemüse sind alle schön zu lesen und sie sind in erstaunlicher Weise (zumindest aus meiner Sicht) für das jeweilige Blog so typisch, so dass jeder der Texte als ganz guter Einstieg in das jeweilige Bloguniversum genommen werden könnte bzw. dringend genommen werden sollte. Das ist ja eigentlich bei Blogaktionen normalerweise überhaupt nicht der Fall, weil die Aktionen ja Bloggerinnen und Blogger in ein bestimmtes formales oder thematisches Konzept zwängen, das nicht immer passen muss. Hier war es anders, ich rechne mir dies mal insoweit an, als damit mein Wahlspruch "In the absence of intimidation creativity will flourish"* verwirklicht wurde (in Wahrheit liegt es sicher eher daran, dass sich eh keiner an meine Regeln hält, aber das macht ja auch nichts).
Also, was gab es alles?
Frau Lakritze, deren Blogmotto "Die einzig normalen Menschen sind die, die man nicht besonders gut kennt" mich immer wieder erfreut, hat etwas über Rosenkohl, genauer über ein Rosenkohlröschen geschrieben. Das Stückchen verbindet genaue Beobachtung mit einer überraschenden Erkenntnis und einer interessanten Reminiszenz und verursacht Hunger. Es ist ein schönes Beispiel für die stille, präzise und humorvolle Überlegung, die ich an ihrem Blog so schätze.
Der Kiezschreiber hat sich für den Blumenkohl entschieden. Das Gemüsestück gerät aber gleich am Anfang außer Kontrolle und wird Aufhänger für eine dystopische Kurzerzählung, die zwar mit einem breiten Grinsen ankommt, bei der man am Schluß aber dann doch nicht weiß, ob man sich gruseln sollte. Es gibt Anspielungen auf Goethe, Helmut Kohl, ein Mettwurst-Wortspiel und wirklich die lustigsten zwei Sätze, die ich heute gelesen habe (der zweite ist: Eigentlich hatte sich ihr Leben nicht verändert). Das Stück endet mit einer Hommage an den Film "Planet der Affen"; wenn man eine Checkliste hätte, welche Dinge in einem Stück über Gemüse vorkommen müssten, hätte man sicher alle Positionen abgehakt.
Fellmonsterchen hat sich vor der Aufgabe gedrückt und ihren Hund Socksi etwas zu Salatgurken schreiben lassen. Der Post vereinigt die zwei Haupttendenzen ihres Blogs: Haarsträubende Einfälle und ein Blick auf den Alltag, der einen viele vertraute Dinge in einem neuen, schrägen Licht sehen lässt, verbunden mit Geschichten aus dem Hundehalteralltag (gerne auch haarsträubend). Diesmal habe ich etwas über den Nahrungsmix bei Hunden gelernt.
Calendula hat eine alten Beitrag umgewidmet, in dem es auch um Gurken geht. Wie immer bei ihr hat man wunderbare und sorgfältige Naturfotografie, die mit ruhigem Humor kommentiert werden.
Frau Tikerscherk hat sich Bohnen ausgesucht. Das Gemüse taucht als Anfangsmotiv auf, wird Teil eines rätselhaften Mantras, das die Begleitung eines Marsches durch Berlin wird. Durch die Kraft ihrer Erzählung zwingt sie die unterschiedlichsten Dinge zusammen. Die Geschichte ist, wie viele Geschichten auf ihrem Blog, als sähe man ein Stück Berlin als Widerschein in einer Spiegelscherbe und als sei in diesem Widerschein das Wesentliche dieser Stadt enthalten. Am Schluss werden dann auch Bohnen gegessen.
Frau GeschichtenundMeer hat ganz spontan teilgenommen und einen Beitrag, den man als Liebeserklärung an jegliches Gemüse lesen kann, verfasst. Er hat den Untertitel "Moralinsäure ist kein Gewürz" und weist zurecht darauf hin, dass der dümmste Grund, Gemüse zu essen, der ist, dass es ja gesund sei und schlank mache. Der Beitrag enthält auch ein Gedicht von Friedrich Stoltze, den ich bislang nicht kannte, mit der schönen Zeile: Chassez le Gickel aus dem jardin!
Schließlich hat Angelnette in den Kommentaren ein Gedicht von Matthias Claudius auf die Kartoffel eingestellt. Trage ich doch immer auch einige Claudius-Gedichte mit mir, gerade das kannte ich noch nicht. Der Wandsbeker Bote beschreibt die Kartoffeln als "rötlich und weiß wie Alabaster". Ich würde wetten, dass er damals eine Sorte hatte, die später zum Red Duke of York, hier auch noch als Roter Erstling bekannt, wurde. Die Blogaktion endet damit also mit einem Ruf aus längst vergangener Zeit.
Vielen Dank an alle Mitwirkenden!
(Und nach längerer Überlegung: Man kann diese Aktion nicht abschließen, ohne noch auf die Beach Boys zu verlinken, die in dem Lied Vegetables die Hörer auffordern, ihnen doch in einem Brief zu schreiben, was ihr Lieblingsgemüse sei. In dem Lied kann man auch hören, wie Paul McCartney in eine Möhre beißt (erstmals etwa bei 0:51), das nur nebenbei).
*Die ehemaligen Bandmitglieder von Greg Ginn, von dem dieser Spruch ist, könnten darüber wohl nur müde lächeln.
Also, was gab es alles?
Frau Lakritze, deren Blogmotto "Die einzig normalen Menschen sind die, die man nicht besonders gut kennt" mich immer wieder erfreut, hat etwas über Rosenkohl, genauer über ein Rosenkohlröschen geschrieben. Das Stückchen verbindet genaue Beobachtung mit einer überraschenden Erkenntnis und einer interessanten Reminiszenz und verursacht Hunger. Es ist ein schönes Beispiel für die stille, präzise und humorvolle Überlegung, die ich an ihrem Blog so schätze.
Der Kiezschreiber hat sich für den Blumenkohl entschieden. Das Gemüsestück gerät aber gleich am Anfang außer Kontrolle und wird Aufhänger für eine dystopische Kurzerzählung, die zwar mit einem breiten Grinsen ankommt, bei der man am Schluß aber dann doch nicht weiß, ob man sich gruseln sollte. Es gibt Anspielungen auf Goethe, Helmut Kohl, ein Mettwurst-Wortspiel und wirklich die lustigsten zwei Sätze, die ich heute gelesen habe (der zweite ist: Eigentlich hatte sich ihr Leben nicht verändert). Das Stück endet mit einer Hommage an den Film "Planet der Affen"; wenn man eine Checkliste hätte, welche Dinge in einem Stück über Gemüse vorkommen müssten, hätte man sicher alle Positionen abgehakt.
Fellmonsterchen hat sich vor der Aufgabe gedrückt und ihren Hund Socksi etwas zu Salatgurken schreiben lassen. Der Post vereinigt die zwei Haupttendenzen ihres Blogs: Haarsträubende Einfälle und ein Blick auf den Alltag, der einen viele vertraute Dinge in einem neuen, schrägen Licht sehen lässt, verbunden mit Geschichten aus dem Hundehalteralltag (gerne auch haarsträubend). Diesmal habe ich etwas über den Nahrungsmix bei Hunden gelernt.
Calendula hat eine alten Beitrag umgewidmet, in dem es auch um Gurken geht. Wie immer bei ihr hat man wunderbare und sorgfältige Naturfotografie, die mit ruhigem Humor kommentiert werden.
Frau Tikerscherk hat sich Bohnen ausgesucht. Das Gemüse taucht als Anfangsmotiv auf, wird Teil eines rätselhaften Mantras, das die Begleitung eines Marsches durch Berlin wird. Durch die Kraft ihrer Erzählung zwingt sie die unterschiedlichsten Dinge zusammen. Die Geschichte ist, wie viele Geschichten auf ihrem Blog, als sähe man ein Stück Berlin als Widerschein in einer Spiegelscherbe und als sei in diesem Widerschein das Wesentliche dieser Stadt enthalten. Am Schluss werden dann auch Bohnen gegessen.
Frau GeschichtenundMeer hat ganz spontan teilgenommen und einen Beitrag, den man als Liebeserklärung an jegliches Gemüse lesen kann, verfasst. Er hat den Untertitel "Moralinsäure ist kein Gewürz" und weist zurecht darauf hin, dass der dümmste Grund, Gemüse zu essen, der ist, dass es ja gesund sei und schlank mache. Der Beitrag enthält auch ein Gedicht von Friedrich Stoltze, den ich bislang nicht kannte, mit der schönen Zeile: Chassez le Gickel aus dem jardin!
Schließlich hat Angelnette in den Kommentaren ein Gedicht von Matthias Claudius auf die Kartoffel eingestellt. Trage ich doch immer auch einige Claudius-Gedichte mit mir, gerade das kannte ich noch nicht. Der Wandsbeker Bote beschreibt die Kartoffeln als "rötlich und weiß wie Alabaster". Ich würde wetten, dass er damals eine Sorte hatte, die später zum Red Duke of York, hier auch noch als Roter Erstling bekannt, wurde. Die Blogaktion endet damit also mit einem Ruf aus längst vergangener Zeit.
Vielen Dank an alle Mitwirkenden!
(Und nach längerer Überlegung: Man kann diese Aktion nicht abschließen, ohne noch auf die Beach Boys zu verlinken, die in dem Lied Vegetables die Hörer auffordern, ihnen doch in einem Brief zu schreiben, was ihr Lieblingsgemüse sei. In dem Lied kann man auch hören, wie Paul McCartney in eine Möhre beißt (erstmals etwa bei 0:51), das nur nebenbei).
*Die ehemaligen Bandmitglieder von Greg Ginn, von dem dieser Spruch ist, könnten darüber wohl nur müde lächeln.
Sonntag, 14. Januar 2018
Die Schmorgurke. Eine Erledigung.
(Zugleich ein Beitrag zu der "Let's talk about vegs"-Blogaktion. Wer denkt sich denn nur immer diesen Schwachsinn aus?)
Eines der wunderbarsten Gemüse ist die Gurke. Sie hat festes Fleisch, erfrischt im Sommer wie ein Glas kaltes Wasser und hat einen leichten, zarten Eigengeschmack, wie ein Windhauch über einen idyllischen See. Wenn man Glück hat, schmeckt sie leicht süßlich, nur selten ist sie muffig oder bitter. Eine geraspelte Gurke in Joghurt mit etwas Knoblauch - schöner kann es nicht werden. Ein Schälchen Glück muss sich so anfühlen.
Der Biologe sagt, die Gurke sei ein Kürbisgewächs und die Frucht eine Panzerbeere, aber davon muss man sich ja nicht stören lassen. We had enough of experts! Wikipedia meint, es gebe im Wesentlichen zwei Sortengruppen, die Salatgurke und die Einlegegurke. Wäre es doch nur so!
Es gibt noch eine weitere Sorte, die ich auch lange Zeit gar nicht kannte. Die sogenannte Schmorgurke. Allein der Name ist eine Unanständigkeit. Wer Gurken schmort, schlägt auch Kinder. Die EDEKA-Website sagt heimtückisch, es sei eine "erfrischende Frucht" mit einem "intensiveren Geschmack" als Salatgurken. So war ich anfangs auch arglos, dachte nicht weiter über den obszönen Namen nach und aß zum ersten Mal "Schmorgurkenragout" und merkte, was sich hinter dem intensiven Geschmack verbirgt: Was eigentlich klar und frisch schmecken sollte, war auf einmal muffig und von einer Konsistenz einer halbrohen Qualle. Wie als hätte man eine Salatgurke für eine Woche im Garten vergraben und danach mit Gelatine aufgekocht. Zuerst dachte ich, das Essen sei verdorben, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemand freiwillig so etwas essen könnte. Ich musste dann aber feststellen, dass das offenbar so schmecken soll. Allerdings wird der widerwärtige Geschmack auch von den Anhängern mit irgendwelchen ebenfalls blasphemischen Würzungen überdeckt. Man muss nur einen Blick auf die sog. Schmorgurken-"Rezepte" werfen, um festzustellen, was für eine Abnormität dieses Gemüse ist. Gemüse für Leute, die Gemüse hassen! Da ist die Rede von Geheimrezepten! Warum, ach warum, sind sie nicht geheim geblieben?
Ich war den Tränen nahe: Ich hatte das erste, wirklich erste Gemüse gefunden, das mir nicht schmeckt.
(Theoretischer Nachklapp: Angenommen man wäre mit jemandem verheiratet, der Schmorgurken liebt, aber dafür so verehrungswürdiges Gemüse wie z.B. Lauch nicht mag, das muss dann echte Liebe sein, oder?)
Eines der wunderbarsten Gemüse ist die Gurke. Sie hat festes Fleisch, erfrischt im Sommer wie ein Glas kaltes Wasser und hat einen leichten, zarten Eigengeschmack, wie ein Windhauch über einen idyllischen See. Wenn man Glück hat, schmeckt sie leicht süßlich, nur selten ist sie muffig oder bitter. Eine geraspelte Gurke in Joghurt mit etwas Knoblauch - schöner kann es nicht werden. Ein Schälchen Glück muss sich so anfühlen.
Der Biologe sagt, die Gurke sei ein Kürbisgewächs und die Frucht eine Panzerbeere, aber davon muss man sich ja nicht stören lassen. We had enough of experts! Wikipedia meint, es gebe im Wesentlichen zwei Sortengruppen, die Salatgurke und die Einlegegurke. Wäre es doch nur so!
Es gibt noch eine weitere Sorte, die ich auch lange Zeit gar nicht kannte. Die sogenannte Schmorgurke. Allein der Name ist eine Unanständigkeit. Wer Gurken schmort, schlägt auch Kinder. Die EDEKA-Website sagt heimtückisch, es sei eine "erfrischende Frucht" mit einem "intensiveren Geschmack" als Salatgurken. So war ich anfangs auch arglos, dachte nicht weiter über den obszönen Namen nach und aß zum ersten Mal "Schmorgurkenragout" und merkte, was sich hinter dem intensiven Geschmack verbirgt: Was eigentlich klar und frisch schmecken sollte, war auf einmal muffig und von einer Konsistenz einer halbrohen Qualle. Wie als hätte man eine Salatgurke für eine Woche im Garten vergraben und danach mit Gelatine aufgekocht. Zuerst dachte ich, das Essen sei verdorben, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemand freiwillig so etwas essen könnte. Ich musste dann aber feststellen, dass das offenbar so schmecken soll. Allerdings wird der widerwärtige Geschmack auch von den Anhängern mit irgendwelchen ebenfalls blasphemischen Würzungen überdeckt. Man muss nur einen Blick auf die sog. Schmorgurken-"Rezepte" werfen, um festzustellen, was für eine Abnormität dieses Gemüse ist. Gemüse für Leute, die Gemüse hassen! Da ist die Rede von Geheimrezepten! Warum, ach warum, sind sie nicht geheim geblieben?
Ich war den Tränen nahe: Ich hatte das erste, wirklich erste Gemüse gefunden, das mir nicht schmeckt.
(Theoretischer Nachklapp: Angenommen man wäre mit jemandem verheiratet, der Schmorgurken liebt, aber dafür so verehrungswürdiges Gemüse wie z.B. Lauch nicht mag, das muss dann echte Liebe sein, oder?)
Samstag, 13. Januar 2018
Freitag, 12. Januar 2018
Hinweis
Für alle, die sich (wie ich) an nicht mehr so viel aus dem alten Jahr erinnern: Am Sonntag findet die glamouröse Blogaktion "Let's talk about vegs" statt, bei der jeder Gelegenheit hat, empörendes oder herzzerreißendes über Gemüse zu schreiben.
Hier noch einmal die Teilnahmebedingungen:
1. Der Blogpost muss sich mit einer bestimmten Sorte von Gemüse beschäftigen, idealer- (aber nicht notwendiger-)weise handelt es sich dabei um eine ungerechte, rein subjektive Lobeshymne oder Hasstirade. Haarsträubende biographische Details und niveaulose Überschriften ("Kohlrabi hat meine Familie zerstört") sind nicht Bedingung, aber (zumindest von mir) gern gesehen.
2. Der Name der Blogaktion ("Let's talk about vegs") muss natürlich genannt werden, warum sollte nur ich mich blamieren?
Ich selbst bin noch etwas unschlüssig, aber ich werde wahrscheinlich einen schonungslose Enthüllung über das schlimmste Gemüse wo gibt schreiben, auch wenn das ggf. zu häuslichen Verstimmungen führt.
Hier noch einmal die Teilnahmebedingungen:
1. Der Blogpost muss sich mit einer bestimmten Sorte von Gemüse beschäftigen, idealer- (aber nicht notwendiger-)weise handelt es sich dabei um eine ungerechte, rein subjektive Lobeshymne oder Hasstirade. Haarsträubende biographische Details und niveaulose Überschriften ("Kohlrabi hat meine Familie zerstört") sind nicht Bedingung, aber (zumindest von mir) gern gesehen.
2. Der Name der Blogaktion ("Let's talk about vegs") muss natürlich genannt werden, warum sollte nur ich mich blamieren?
Ich selbst bin noch etwas unschlüssig, aber ich werde wahrscheinlich einen schonungslose Enthüllung über das schlimmste Gemüse wo gibt schreiben, auch wenn das ggf. zu häuslichen Verstimmungen führt.