Everybody's fucked in their own special way

Mittwoch, 28. August 2019

Streetfood am Nordbahnhof



Es gibt ein paar Motive, an denen ich nicht vorbei gehen kann. Dazu gehören Vögel, die irgendetwas essen. Das entzückt mich jedes Mal und ich gehe einfach davon aus, dass es all meinen Leserinnen ähnlich gehen muss. Wenn ich nicht alle Bilder verwackeln würde, gäbe es auf diesem Blog wahrscheinlich nur noch Nebelkrähen, die irgendetwas von der Straße picken. Ich würde das Blog dann in "Birds eating things" umbenennen und alles würde gut. 

Die Nebelkrähe aß übrigens Nudeln.



Sonntag, 25. August 2019

Kommentarprobleme

Das Kommentieren hier auf dem Blog ist für alle Leute ohne Google-Konto schwierig, ich kann daran leider nicht viel ändern. In letzter Zeit bekomme ich immer häufiger die Mitteilung, dass auch mit Google-Konto nicht kommentiert werden kann. Mir ist das auch schon passiert, ich konnte kurzzeitig nicht einmal selbst bei mir kommentieren. Das liegt manchmal am Browser, irgendeine Firefox-Version mag die Blogspot-Kommentare nicht oder Google will die Leute zum eigenen Browser zwingen, ich weiß es nicht. Wer diese Probleme hat, kann ja einmal versuchen, ob sie auch bei einem anderen Browser noch bestehen.

Leider kann ich selbst nicht allzuviel machen, um hier abzuhelfen.   



(Internetnutzer im Kampf mit Google, Symbolbilder)

Samstag, 24. August 2019

Zwischen Handwerk und Religion




(Nein, nicht an der Tür des Verkehrsministeriums, ein paar hundert Meter weiter. Obwohl ich es persönlich begrüßen würde, wenn auch dort "Gott helf" stünde.)

Donnerstag, 22. August 2019

Sponsored Post: Streetfood in Pankow

Streetfood - der neue Trend. Streetfood ist unverfälscht und kraftvoll, hat aber nicht unbedingt etwas mit gehobener Küche zu tun. Es begeistert uns mit seiner Knackigkeit, Würze, Süße, Salzigkeit oder Säure.* Wen wundert es da, dass auch Pankow mit dem vibrierenden Wollankstraßenkiez ein Eldorado des Streetfood-Gedankens geworden ist? 

Natürlich wird hier im Kiez radikal nach vorne gedacht: Street Food kann nur authentisch sein, wenn es auch von der Straße gegessen wird. Kein Verpackungswahn, sondern authentisches Essen mit Terroir. Kulinarik und radikale Ökologie geben sich hier ein begeisterndes Stelldichein. Einige der aufregendsten Streetfood-Angebote möchten wir Ihnen im Folgenden vorstellen (Bestellen Sie mit dem Bestellcode "Ackerbau" und erhalten Sie 15 % Rabatt auf alle Bestellungen, außer Tiernahrung!)

Raw Ramen hat sicherlich das spannendste und authentischste Konzept: Nudeln direkt auf die Straße, in den Geschmacksrichtungen Dog Poo und Street Dust. Darauf einen Sewer Shake! Insbesondere das ökologiebewusste Publikum des Florastraßenkiezes weiß dieses Angebot zu schätzen. 

Ein weitere Vertreter des Ethnofoods ist Knacho, kurz für Wollanknacho. Auch hier wird mit einem konsequenten Verpackungsvermeidungsansatz gearbeitet. Die Unterführungs-Nachos sind der Geheimtipp des jungen Unternehmens, der Kenner spült mit einem Kleinen Feigling nach. 

Ein weiterer Vertreter der High-Carb-Welle ist Bürger-Burger an der S-Bahn-Wollankstraße. Der No-Frills-Ansatz ist natürlich für alle Puristen besonders attraktiv. Wir haben den Stairway to Wollankstraße-Burger probiert und waren begeistert. Es gibt ihn in den Geschmacksrichtungen Glitsch und Schmodder. Bürger-Burger ist streng vegan, außer der Koch findet in der Früh etwas auf der Straße.

Natürlich gibt es neben diesen eher modernen und hippen Angeboten auch traditionelles Berliner Streetfood. Abseits von der Wollankstraße, in der Wilhelm-Kuhr-Straße gibt es das urige Outlet Wuast, eher auf Bratwurstbasis. Aber auch hier finden moderne Konzepte Eingang, sharing is caring, z.B. die halbe Wuast, begleitet mit dem vom Plörre-Sommelier empfohlenen Berliner Kindl. 




* Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich habe es genau so aus dem Band "Street food - Schnelle und einfache Rezepte aus der ganzen Welt" abgeschrieben.

Mittwoch, 21. August 2019

Stories

I heard one earlier that shook me up
I heard one by accident and wish I hadn't
I heard one so many times couldn't care anymore (Minutemen)

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R. wohnte ein paar Straßen weiter, er war ein paar Wochen älter als ich. Als ich klein war, gingen wir oft mit seiner Familie zum Bergwandern. Er hatte zwei Brüder, bei ihm war immer etwas los. 

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Nach der Schule radelten wir öfter zu den Feldern und fingen Grashupfer. Ich weiß nicht mehr, warum wir das taten, wir haben die Tiere dann auch immer wieder freigelassen. Ich war immer sehr stolz darauf, dass ich Grashupfer fangen konnte, das ist nämlich gar nicht so einfach. R. nahm einmal einen in den Mund und aß ihn. Er meinte, es habe gar nicht schlecht geschmeckt, so wie Nüsse. 

Die Wiesen, wo wir Grashupfer gefangen haben, gibt es jetzt nicht mehr. Da stehen jetzt Häuser. 

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An Neujahr gingen wir immer spazieren und sammelten die Böller auf, die nicht losgegangen waren. Wir schnitten sie auf und packten das Schwarzpulver in andere Behälter. Wir waren ziemlich dumm damals. R.s Vater drehte sich selber Zigaretten und hatte deswegen leere Tabaksdosen. Wir packten das Schwarzpulver in die Tabaksdose, machten eine Lunte daran und zündeten das Ganze auf R.s Terrasse. Es tat einen großen Knall, die Explosion hatte einen Sprung in das Garagenfenster gedrückt. R.s Mutter kam raus und fragte, was wir machten. "Nichts", sagten wir. 

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Mit 13 trafen wir uns auf dem Spielplatz ums Eck. R. hatte unbemerkt aus dem Keller einen Kanister Apfelmost mit gebracht. Niemand schmeckte der saure Most, aber es musste ja getrunken werden. R. machte mit einem abgebrannten Streichholz Markierungen an den Kanister, die zeigen sollten, wie viel jeder trinken musste. Uns war allen schlecht danach. 

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Als wir 14 waren, fuhr ich mit R. zu unserem ersten Punkkonzert, im Jugendzentrum, ein paar Kilometer entfernt. Wir fuhren mit dem Fahrrad nebeneinander über die Feldwege. Ich machte einen Schlenker, wir stießen zusammen und fielen beide auf den Schotter. R. hatte sich die Brust aufgeschürft und blutete, ich hatte auch mehrere Schrammen. Wir fanden, dass das schon sehr nach Punk aussähe. Zu dem Konzert ging es eine schmale Treppe hinunter. Als ich herunterging, kam mir ein Punk mit Lederjacke und Nieten mit Widerhaken entgegen, eine davon verhängte sich bei mir im Oberarm. Er kam dann mit einem Feuerzeug und ich dachte ängstlich, dass man vielleicht bei den Punks solche Wunden gleich ausbrennt. Er wollte aber nur sehen, ob ich mich ernsthaft verletzt hatte.

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R. hatte ein Zimmer mit seinen zwei Brüdern. Einmal, als wir betrunken von einem Baggerseefest nach Hause geradelt waren, weckte er mitten in der Nacht seine Brüder, weil er meinte, er sei noch am Baggersee und müsse sein Fahrrad suchen.  

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Im Winter gab es nicht allzuviel Freizeitgestaltung. Wir saßen dann oft bei R. im Keller und tranken Bier und spielten Karten. Lupf oder Poker um Geld. Im Kassettenrekorder in Endlosschleife die zweite Tote Hosen-LP oder die Zwanzig schäumenden Stimmungshits. Nachts um eins, wenn alle schon angetrunken waren, kam dann meist ein Streit, was das bessere Blatt beim Poker war. Freundschaften zerbrachen an diesen Abenden, bis zur nächsten Woche, wenn man wieder zusammen saß. 

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Ab und zu kam K. auf Besuch, der mit seiner Mutter nach Schweden gezogen war. Ich gab ihm immer Geld mit, damit er für mich schwedische Punk-LPs mitbrachte. An einem kalten Januarabend tranken wir bei R. im Keller Bier, K. war dann nicht mehr in der Lage, alleine nach Hause zu gehen. Wir trugen ihn in die Stadt, auf der Suche nach der richtigen Hausnummer der Gartenstraße, in der seine Oma wohnen sollte. Erst spät merkten wir, dass es eigentlich die Margaretenstraße war. Der Transport wurde nicht dadurch erleichtet, dass K. immer behauptete, Ray Parker Jr. zu sein, und begann Ghostbusters zu singen. 
Jahrzehnte später hat mir R. dann erzählt, dass sich K. in Schweden erschossen hatte. 

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Als ich in der siebten Klasse war, besuchte mich R. einmal in der Schule, weil er an seiner Schule einen freien Tag hatte. Wir beschlossen, dass er sich im Englischunterricht neben mich setzen sollte und behaupten, er sei der neue Schüler, R. Schmied.  Unser Englischlehrer bemerkte ihn allerdings zuerst nicht, also ließ sich R. vom Stuhl fallen und stand laut schimpfend auf. Der Englischlehrer glaubte, dass er ein neuer Schüler sei, und man merkte ihm an, dass er sich Sorgen um diesen ungehobelten Jungen machte. R. war danach nie mehr bei uns, wir gaben aber bei der nächsten zu benotenden Hausarbeit für ihn eine vollkommen ungenügende Arbeit ab. Der Englischlehrer merkte den Schwindel erst, als er am Ende des Halbjahres den Klassenlehrer darauf ansprach, dass man sich um den Schüler Schmied doch Sorgen machen müsse bei seinen Leistungen. Offenbar hatte der Lehrer noch über die ganze Zeit mündliche Noten für Schmied eingetragen. Wir waren erschrocken, dass unser Scherz dann beinahe sehr empfindliche Folgen für den Lehrer gehabt hätte. Der Lehrer wurde dann ein paar Jahre später rausgeschmissen, weil er einen Stuhl auf einen Schüler geworfen hatte. R. wurde in Zukunft nur noch Schmied genannt, obwohl er ja gar nicht so hieß. 

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R. wurde Zimmermann, fast zwei Meter groß, mit einem breiten Kreuz. Einmal war er in Berlin und besuchte mich. Ich erklärte ihm, wie er von der S-Bahn Wollankstraße gehen musste, und wartete. Eine dreiviertel Stunde später kam der Anruf: Er war zunächst versehentlich Richtung Wedding gegangen, dann aber zu stur gewesen umzudrehen. 

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Wir haben ihn einmal besucht, in den kleinen Ort in der Nähe des Hügels, auf dem wir immer Schlitten fuhren. Wir grillten, unsere Jungen spielten miteinander. Die Berliner Kinder waren über den Geruch erstaunt, erst da fiel mir auf, dass sie natürlich nicht wissen, wie es auf einem Bauerndorf riecht. 

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Letztes Wochenende fühlte R. sich nicht gut. Er klagte noch, dass er seine Beine nicht richtig spüre und legte sich hin. Er ist nicht mehr aufgestanden. 


Montag, 19. August 2019

Berliner Redensarten - und was sie wirklich bedeuten (1)

Wie oft hört man in Berlin den Volksmund verschmitzt, mit einem Augenzwinkern sagen. "Der sieht aus wie ein Kartoffel am Fenstersims", wenn er einem mitteilen will, dass irgendjemand irgendwie aussieht.* Natürlich schmunzelt man über diesen Beleg des Berliner Grundsatzes "Schnauze, Herz!", aber die wenigsten wissen, wo der Spruch herkommt. 


Im 18. Jahrhundert regierte der große Kurschattenfürst Friedrich von Pommern ( -> Telegrammadresse "Pomm Fritz") in Berlin, der alle Untertanen mit lustigen Sprüchen und Späßchen unterhielt, während sie hungerten, weil er irgendwelche Schlösser und Orangerien baute. Eines Tages kam Friedrich von Pommern ( -> der "kalte Fritz") auf die Idee, auf alle Fenstersimse seines Schlosses in Angermünde Kartoffeln zu legen, mit denen er ansonsten seine Minister bewarf. Als ein Gärtner die Kartoffel vom Fenstersims nahm, brüllte Friedrich von Pommern (-> der "Fritattenkönig") mit seinem ganzen Hofstatt: "Da kiekste, wa?", so dass der arme Gärtner die Kartoffel roh verschluckte und verendete. Da war natürlich ein großes Hallo, alle trunken (tränkten?, besser noch einmal nachschlagen) eine Molle und seitdem sagt der Berliner Volksmund, siehe oben, so sinse halt, kannste nix machen.

Hinweis: Ich bin zwar Zugezogener und deswegen am besten geeignet, den Berlinern zu erklären, was ihre Sprache und Stadt so bedeutet, trotzdem kann ich nicht ausschließen, dass sich trotz aller Sorgfalt in diesem Beitrag möglicherweise der eine oder andere sachliche Fehler eingeschlichen hat. Unterstützt mich bei meinem Crowdfunding für mein Buch: "100 Fakten über Berlin, die bislang noch niemand wusste."






*Wahrscheinlich nicht so oft, weil ich mir das gerade ausgedacht habe bzw. weil ich halt ein Foto von einer Kartoffel auf dem Fenstersims in der Invalidenstraße habe, aber man kann es ja mit der Genauigkeit auch übertreiben.

Samstag, 17. August 2019

Dieses obskure Objekt der Begierde



(Regierungsviertel-Erotik am Limit.)

Morgen brauchen wir wieder starke Nerven, da zeige ich nämlich, was genau gegenüber zu sehen ist.

Freitag, 16. August 2019

Kaum zurück in Berlin

... und schon ist die Invalidenstraße von den Socken.


(In der Wollankstraße hätte ich auch ein paar fotografieren können, aber ich war zu faul.)

Donnerstag, 15. August 2019

Desensibilisierung


(Diese nette Melusine war noch von gestern übrig.)

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Der letzte Urlaubstag steht an, wir fahren noch einmal mit dem Boot hinüber nach Lorient, wo am Abend eine inter-keltisches Festwoche beginnen soll. Wir kommen am Fischerhafen an, der allerdings alles andere als pittoresk ist. Graffiti und verfallene Industriegebäude. Nach zwei Wochen Meer, Natur und Kultur muss wieder eine Desensibilisierung stattfinden, damit ich mich auch in Berlin wieder zurecht finden kann. Dafür ist das kein schlechter Einstieg. 

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Rost und verfallene Gebäude. Da würde man gerne auf richtig dunkle Wolken warten und schöne Fotos machen. Aber ich bin ja traditionell schon immer der Letzte auf unseren Ausflügen, weil ich mir dann alles mögliche noch einmal ansehen will. Eigentlich wäre jetzt der ideale Zeitpunkt, noch einmal ein Kleinkind zu haben, ich habe ein ähnliches Marschtempo. 


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Schöne Streetart, teils beabsichtigt, teils nicht. 




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Wir gehen durch die relativ unspektakuläre Stadt bis zum Festivalgelände. Dort bauen alle noch ihre Stände auf, es gibt Schmonzes aus der Bretagne, Schottland, Irland, der Isle of Man und aus Galizien. Ich hätte Gelegenheit gehabt, mir einen Kilt zu kaufen. Wie viele andere Gelegenheiten meines Lebens lasse ich diese verstreichen. Bevor das Festival richtig losgeht, fahren wir wieder mit dem Boot zurück, wir müssen noch packen. 

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Am Abend ein letztes  Mal in dem Hafenrestaurant. Heute spielt ein Gitarrist irgendwelches funky-jazzy Zeug. Die Musik bewegt mich nicht sonderlich, allerdings wird er von jemanden begleitet, der gleichzeitig Schlagzeug und E-Bass spielt. Das begeistert mich nachhaltig. Sch., ein Schulkamerad meines Bruders, konnte zwar auch das Intro von "Six Pack" von Black Flag gleichzeitig auf Bass und Schlagzeug spielen, allerdings nicht das ganze Lied. 

So endet der Urlaub mit einem Blick auf den Hafen. Es endet auch die Urlaubsberichterstattung, ab morgen gibt es wieder den Berliner Normalbetrieb in gewohnt knapper Form. 

Mittwoch, 14. August 2019

Hummer und Eva



Noch einmal ein weiterer Ausflug geplant. Ich mag mir ein paar der bretonischen Kirchen ansehen, die einen üppig ausgestatteten umfriedeten Pfarrbezirk, oft mit Beinhaus, Triumphtor und Kalvarienbergdarstellungen haben. Im späten 16 Jhd. waren die Orte wohl recht wohlhabend und konnten sich die Ausstattung leisten. Es gab wohl einen Wettkampf zwischen den Orten über die spektakulärste Ausstattung, das lässt sich relativ leicht erkennen, wenn man sich ein paar der Kirchen hintereinander ansieht. Als Reaktion auf die Reformation setzte man wohl auch darauf, den Leuten spektakuläre Bilderchen vorzusetzen. Wie üblich flossen in die katholischen Darstellungen auch alle möglichen lokalen mythischen Inhalte ein; die Bretonen haben ohnehin knapp 1000 zusätzliche Heilige, die ansonsten nicht bekannt sind.

Ich finde ja schon die schroffen Granitkirchen beeindruckend, die tatsächlich manchmal so aussehen, als würden sich dort ganz andere Kulte treffen. 

***

Durch einen zufälligen Fund eines alten Kirchenbuches kann ich hier auch exklusiv und zum ersten Mal in deutscher Sprache Aufschluss über die Entstehung einiger besonders merkwürdiger Ausstattungen einzelner Kirchen geben. Die bretonische Kunstgeschichte muss umgeschrieben werden:

Die guten Leute von Guimiliau: Also Künstler, was hast du denn so? 12 Apostel im Vorraum, einen Josephsaltar, schön, schön. Monumentale Darstellung des Leidens Christi, mit allen Evangelisten und wilden Szenen, ja, da werden die in Saint-Thégonnec sich umschauen. Aber Moment: Haben wir auch einen Drachen?

Künstler: Ja, ja, St. Pol mit dickem Drachen, alles schon dabei. 

DGLVG: Da sind noch ein paar Sachen...

Künstler: Ja?

DGLVG: Wir hätten gerne auch so ein bisschen interessantere Bildchen, du weißt schon. 

Künstler: Hä? Am Josephsaltar habe ich eine gekreuzigte Schlange untergebracht, meint Ihr das?

DGLVG: Sehr schön, nein, wir meinen eher so naja, schöne Frauen. 

Künstler: Kein Problem, am Josephsaltar habe ich weibliche Heilige in prächtigen Gewändern...

DGLVG: Das ist ja das Problem...

Künstler: Hä?

DGLVG: Die Gewänder!

Künstler: Ach so, jetzt verstehe ich Euch. Ich könnte Euch eine Erschaffung Evas im Kirchenvorraum anbieten. Eva hat da kein Gewand an. 

DGLVG: Das hört sich gut an!

Einzelner Bürger von Guimiliau: Sind da auch Hummer dabei?

Künstler: Wer ist denn das bitte? Was hat denn ein Hummer mit der Erschaffung Evas zu tun?

DGLVG: (leise) Das ist der Kirchenvorstand, er finanziert das zu großen Teilen. 

Künstler: Ach ja, natürlich ist dann bei der Erschaffung Evas ein Hummer dabei, wie könnte man sich das Paradies ohne Hummer vorstellen?

EBVG: Und ein Fisch! Und ein Schaf!

Künstler: (seufzend) Gut natürlich, machen wir. 

EBVG: Und ein Exorzismus, wo einem so ein Dämon aus dem Kopf fährt! Hex, Hex!

Künstler: Was?

EBVG: Ein Hund mit Stabhandgranate!

Künstler: Wie bitte?

DGLVG: (flüsternd) Der Kirchenvorstand!

Künstler: Gut, gut. Sonst noch etwas?

DGLVG: (mit sich diskutierend) Eine Erschaffung der Eva ist aber ein bisschen wenig. Vielleicht könnte man noch etwas deutlicheres finden...Katel Gollet* vielleicht, ohne Kleider?

Künstler: Ihr wisst schon, was eine Kirche ist, oder? 

DGLVG: Vielleicht passt es ja zu den Höllendarstellungen. 

EBVG: Und ein Hund mit Stabhandgranate! 

Künstler: Ja, ja, ich kümmere mich darum. Ich schick Euch eine Rechnung. 






*Katel Gollet ist eine legendäre Gestalt in der Bretagne, die etwas zu lebenslustig für ihre Zeitgenossen war. 

***

Die guten Leute von La Martyre: Also Künstler, was hast du denn so?
12 Apostel im Vorraum, schön, schön. Monumentale Darstellung des Leidens Christi, mit allen Evangelisten und wilden Szenen, ja, da werden die in Guimiliau sich umschauen. Aber Moment: Haben wir auch einen Drachen?

Künstler: Ja, wir haben St. Margarete mit einem sehr großen Drachen, alles da.  

DGLVLM: Da sind noch ein paar Sachen...

Künstler: Ja?

DGLVLM: Wir hätten gerne auch so ein bisschen interessantere Bildchen, du weißt schon. 

Künstler: (nimmt sich zusammen) Gut, wir können eine Erschaffung der Eva machen, gerne auch mit Hummer, vielleicht auch eine nackte Katel Gollet, die von Teufeln gequält wird....

DGVLM: ...

Künstler: ...

DGLVLM: Du weißt schon, was eine Kirche ist?

Künstler: (schmollt) 

DGLVLM: Wir hätten da gerne ein tanzendes Skelett, das einen Kinderkopf trägt.

Künstler: (schmollt)

DGLVLM: Außerdem einen Mann, der mit ein paar Knochen und einem Totenkopf hantiert.

Künstler: (schmollt)

DGVLM: Vielleicht auch eine halbnackte Frau, deren Knochen man sieht, als Stütze fürs Beinhaus.

Künstler: Jetzt sind wir im Geschäft!

Einzelner Bürger von La Martyre: Außerdem hätte ich gerne in der Kirche ein paar Hunde, die Hirsche in den Hintern beißen!

Künstler: (leise) Ist das Euer Kirchenvorstand?

DGLVLM: (nicken verschämt)

Künstler: Gut, tanzendes Skelett, nackte Frau, Hunde, die Hirsche in den Hintern beißen. Ich schreib Euch eine Rechnung. 





***

Die guten Leute von La Roche-Maurice: Also Künstler, was hast du denn so?
12 Apostel im Chor, schön, schön. Monumentale Darstellung des Leidens Christi, mit allen Evangelisten und wilden Szenen, ja, da werden die in La Martyre sich umschauen. Aber Moment: Haben wir auch eine Katze?

Künstler: Moment, ja, wir haben eine Katze, gleich am Eingang. 

DGLVLRM:  Da sind noch ein paar Sachen...

Künstler: Ja?

DGLVLRM: Wir hätten gerne auch so ein bisschen interessantere Bildchen, du weißt schon.

Künstler: Eher Skelette oder nackte Frauen?

DGLVLRM: Du weißt schon, was eine Kirche ist?

Künstler: (schmollt) 

DGLVLRM: Wir bräuchten einen Engel, der würfelt. 

Künstler: (schmollt)

DGLVLRM: Und einen Engel, der ein abgeschnittenes Ohr auf dem Schwert hat.

Künstler: (schmollt)

DGLVLRM: Und, naja, vielleicht doch eine Art nackte Frau, aber so, dass man sie sich auch im Gottesdienst ansehen kann, ohne dass es einen unkeuschen Eindruck macht, vielleicht eher ein Fabelwesen, du verstehst?

Künstler: Ich habe genau das richtige für Euch! Ich schicke Euch eine Rechnung. 







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(Wegen Überlänge entfallen die Besprechungen in Saint-Thégonnec, Lampaul-Guimiliau und Locmelar).


Dienstag, 13. August 2019

Links ist mehr Wasser als rechts


Bei jedem Urlaub muss es auch eine Bootsfahrt geben, so will es das Gesetz. Im Nachbarort ging ein Schiff zur Ile de Groix, nur fünf, sechs Kilometer entfernt. Das Wetter sah zwar etwas regnerisch aus, aber Regenjacken eingepackt und los. 

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Auf dem Schiff vor der Abfahrt eine lange Ansage vom Kapitän. Wir sitzen vorne an Deck. Ich verstehe, dass er irgendetwas vom Wasser erzählt, der Zusammenhang wird mir nicht ganz klar. Eine Französin, die neben mir sitzt, beugt sich zu mir und sagt in angestrengtem Deutsch: "Er sagt, dass links mehr Wasser ist als rechts." Ich bedanke mich für die Auskunft, auch wenn ich immer noch nicht verstehe, was es bedeuten soll. Auf dem Meer ist doch links und rechts immer Wasser? Als wir ein paar Meter aus dem Hafen rausfahren und ich die erste große Welle in die Fresse bekomme (die Franzosen waren schon vorher in die Kabine gegangen), kam die Erleuchtung: Ah, links ist mehr Wasser als rechts. Wir setzten uns schnell alle nach rechts.  

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Auch wenn es nur ein paar Kilometer auf dem Atlantik waren, war doch schon ganz ordentlicher Seegang. Die Fähre war ein Katamaran und auch bei großen Wellen erstaunlich stabil. Machte alles noch Spaß, aber längere Fahrten hätte ich dann lieber vermieden. 

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Auf der Insel angekommen fängt es erst einmal zu schütten an. Wir trinken also zunächst im Hafen einen Kaffee und orientieren uns. Die Insel ist nicht sonderlich groß, so dass man einen netten Spaziergang machen kann, bis in sechs Stunden die letzte Fähre zurück geht.  Frau Ackerbau hat im Reiseführer gelesen, dass es einen Ort an der Küste gibt, der Höllenloch heißt, da möchte sie gerne hin. Wir traben los. 

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Endlich einmal wieder Kühe!

(Tikerscherk hat mich auf Twitter darauf aufmerksam gemacht, dass diese Kuh eine ausgeprägte Hungerkuhle hat. Und schon habe ich wieder etwas über Kühe gelernt.)

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Das Höllenloch sieht eigentlich ganz nett aus. Wir entscheiden uns, weiter an der Küste entlang zu gehen. Die Insel ist bekannt für die interessanten Mineralien, ich finde ein paar schöne Stückchen Katzengold. 

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Wir kommen an ein paar Höhlen und einsamen Stränden vorbei (die besten Strandfotos kann man dann machen, wenn das Wetter zu kalt zum Baden ist. Dummerweise haben wir keinen Proviant dabei; es gibt auf dem Weg zwar ein paar Restaurants, die haben allerdings inzwischen nicht mehr auf.  

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J.S. und ich wollen zu einem Strand mit rotem Sand, an dem bei Sturm wohl ab und zu Granate (nicht Granaten) angespült werden. Dafür müssen wir (inzwischen etwas hungrig) noch weiter an der Küste entlang gehen. In einem Ort sehen wir ein Fenster, das auch eine gewisse Horrorqualität hat. 


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Wir finden zwar nach ein bisschen Rumirren den roten Sand, aber leider gibt es dort keine Edelsteine. Vor dem Strand gibt es allerdings einen jungen Distelfink.

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Wir stellen fest, dass wir noch etwa fünf Kilometer vom Hafen entfernt sind und die Fähre in etwas über zwei Stunden kommt. Alles kein Problem, aber wir entschließen uns, lieber direkt zum Hafen zu gehen. Längere Unterhaltung darüber, warum wir eigentlich nicht einmal Kekse mitgenommen haben. 

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Am Hafen haben wir dann noch Zeit, einen Cidre zu trinken, bevor die Fähre kommt. Insgesamt sind wir etwa 14 km gegangen. Die Fährrückfahrt ist deutlich ruhiger als die Hinfahrt. 

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Für das Abendessen fahren wir ein paar Kilometer weiter nach Etel. In dem Haus, in dem die Kapitulation der deutschen Truppen im Gebiet von Lorient im Mai 1945 unterzeichnet wurde, ist jetzt ein Fisch- und Hummerlokal (ein gutes, übrigens!).

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So sahen die letzten Thunfischköniginnen von Etel aus.