Noch einmal ein weiterer Ausflug geplant. Ich mag mir ein paar der bretonischen Kirchen ansehen, die einen üppig ausgestatteten umfriedeten Pfarrbezirk, oft mit Beinhaus, Triumphtor und Kalvarienbergdarstellungen haben. Im späten 16 Jhd. waren die Orte wohl recht wohlhabend und konnten sich die Ausstattung leisten. Es gab wohl einen Wettkampf zwischen den Orten über die spektakulärste Ausstattung, das lässt sich relativ leicht erkennen, wenn man sich ein paar der Kirchen hintereinander ansieht. Als Reaktion auf die Reformation setzte man wohl auch darauf, den Leuten spektakuläre Bilderchen vorzusetzen. Wie üblich flossen in die katholischen Darstellungen auch alle möglichen lokalen mythischen Inhalte ein; die Bretonen haben ohnehin knapp 1000 zusätzliche Heilige, die ansonsten nicht bekannt sind.
Ich finde ja schon die schroffen Granitkirchen beeindruckend, die tatsächlich manchmal so aussehen, als würden sich dort ganz andere Kulte treffen.
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Durch einen zufälligen Fund eines alten Kirchenbuches kann ich hier auch exklusiv und zum ersten Mal in deutscher Sprache Aufschluss über die Entstehung einiger besonders merkwürdiger Ausstattungen einzelner Kirchen geben. Die bretonische Kunstgeschichte muss umgeschrieben werden:
Die guten Leute von Guimiliau: Also Künstler, was hast du denn so? 12 Apostel im Vorraum, einen Josephsaltar, schön, schön. Monumentale Darstellung des Leidens Christi, mit allen Evangelisten und wilden Szenen, ja, da werden die in Saint-Thégonnec sich umschauen. Aber Moment: Haben wir auch einen Drachen?
Künstler: Ja, ja, St. Pol mit dickem Drachen, alles schon dabei.
DGLVG: Da sind noch ein paar Sachen...
Künstler: Ja?
DGLVG: Wir hätten gerne auch so ein bisschen interessantere Bildchen, du weißt schon.
Künstler: Hä? Am Josephsaltar habe ich eine gekreuzigte Schlange untergebracht, meint Ihr das?
DGLVG: Sehr schön, nein, wir meinen eher so naja, schöne Frauen.
Künstler: Kein Problem, am Josephsaltar habe ich weibliche Heilige in prächtigen Gewändern...
DGLVG: Das ist ja das Problem...
Künstler: Hä?
DGLVG: Die Gewänder!
Künstler: Ach so, jetzt verstehe ich Euch. Ich könnte Euch eine Erschaffung Evas im Kirchenvorraum anbieten. Eva hat da kein Gewand an.
DGLVG: Das hört sich gut an!
Einzelner Bürger von Guimiliau: Sind da auch Hummer dabei?
Künstler: Wer ist denn das bitte? Was hat denn ein Hummer mit der Erschaffung Evas zu tun?
DGLVG: (leise) Das ist der Kirchenvorstand, er finanziert das zu großen Teilen.
Künstler: Ach ja, natürlich ist dann bei der Erschaffung Evas ein Hummer dabei, wie könnte man sich das Paradies ohne Hummer vorstellen?
EBVG: Und ein Fisch! Und ein Schaf!
Künstler: (seufzend) Gut natürlich, machen wir.
EBVG: Und ein Exorzismus, wo einem so ein Dämon aus dem Kopf fährt! Hex, Hex!
Künstler: Was?
EBVG: Ein Hund mit Stabhandgranate!
Künstler: Wie bitte?
DGLVG: (flüsternd) Der Kirchenvorstand!
Künstler: Gut, gut. Sonst noch etwas?
DGLVG: (mit sich diskutierend) Eine Erschaffung der Eva ist aber ein bisschen wenig. Vielleicht könnte man noch etwas deutlicheres finden...Katel Gollet* vielleicht, ohne Kleider?
Künstler: Ihr wisst schon, was eine Kirche ist, oder?
DGLVG: Vielleicht passt es ja zu den Höllendarstellungen.
EBVG: Und ein Hund mit Stabhandgranate!
Künstler: Ja, ja, ich kümmere mich darum. Ich schick Euch eine Rechnung.
*Katel Gollet ist eine legendäre Gestalt in der Bretagne, die etwas zu lebenslustig für ihre Zeitgenossen war.
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Die guten Leute von La Martyre: Also Künstler, was hast du denn so?
12 Apostel im Vorraum, schön, schön. Monumentale Darstellung des Leidens Christi, mit allen Evangelisten und wilden Szenen, ja, da werden die in Guimiliau sich umschauen. Aber Moment: Haben wir auch einen Drachen?
Künstler: Ja, wir haben St. Margarete mit einem sehr großen Drachen, alles da.
DGLVLM: Da sind noch ein paar Sachen...
Künstler: Ja?
DGLVLM: Wir hätten gerne auch so ein bisschen interessantere Bildchen, du weißt schon.
Künstler: (nimmt sich zusammen) Gut, wir können eine Erschaffung der Eva machen, gerne auch mit Hummer, vielleicht auch eine nackte Katel Gollet, die von Teufeln gequält wird....
DGVLM: ...
Künstler: ...
DGLVLM: Du weißt schon, was eine Kirche ist?
Künstler: (schmollt)
DGLVLM: Wir hätten da gerne ein tanzendes Skelett, das einen Kinderkopf trägt.
Künstler: (schmollt)
DGLVLM: Außerdem einen Mann, der mit ein paar Knochen und einem Totenkopf hantiert.
Künstler: (schmollt)
DGVLM: Vielleicht auch eine halbnackte Frau, deren Knochen man sieht, als Stütze fürs Beinhaus.
Künstler: Jetzt sind wir im Geschäft!
Einzelner Bürger von La Martyre: Außerdem hätte ich gerne in der Kirche ein paar Hunde, die Hirsche in den Hintern beißen!
Künstler: (leise) Ist das Euer Kirchenvorstand?
DGLVLM: (nicken verschämt)
Künstler: Gut, tanzendes Skelett, nackte Frau, Hunde, die Hirsche in den Hintern beißen. Ich schreib Euch eine Rechnung.
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Die guten Leute von La Roche-Maurice: Also Künstler, was hast du denn so?
12 Apostel im Chor, schön, schön. Monumentale Darstellung des Leidens Christi, mit allen Evangelisten und wilden Szenen, ja, da werden die in La Martyre sich umschauen. Aber Moment: Haben wir auch eine Katze?
Künstler: Moment, ja, wir haben eine Katze, gleich am Eingang.
DGLVLRM: Da sind noch ein paar Sachen...
Künstler: Ja?
DGLVLRM: Wir hätten gerne auch so ein bisschen interessantere Bildchen, du weißt schon.
Künstler: Eher Skelette oder nackte Frauen?
DGLVLRM: Du weißt schon, was eine Kirche ist?
Künstler: (schmollt)
DGLVLRM: Wir bräuchten einen Engel, der würfelt.
Künstler: (schmollt)
DGLVLRM: Und einen Engel, der ein abgeschnittenes Ohr auf dem Schwert hat.
Künstler: (schmollt)
DGLVLRM: Und, naja, vielleicht doch eine Art nackte Frau, aber so, dass man sie sich auch im Gottesdienst ansehen kann, ohne dass es einen unkeuschen Eindruck macht, vielleicht eher ein Fabelwesen, du verstehst?
Künstler: Ich habe genau das richtige für Euch! Ich schicke Euch eine Rechnung.
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(Wegen Überlänge entfallen die Besprechungen in Saint-Thégonnec, Lampaul-Guimiliau und Locmelar).
Köstlich, diese Sammlung der Verhandlungen! Ich sehe die Künstler schon heimlich feixend wegen des guten Verdienstes. Es sei ihnen gegönnt, ist phantastisch.
AntwortenLöschenJa, ich glaube auch, dass die Künstler ihren Spaß hatten...
LöschenGroße Künstler sind die einzigen Reichen, welche ihr ganzes Glück mit uns teilen.
AntwortenLöschenAugust Pauly
...vielleicht wollte uns der Künstler aber auch nur, sein unermessliche Schöpfungskraft/Phantasie und Witzigkeit zeigen/beweisen !!!
*zwinker*
Phantasievoll waren sie, die Schöpfungskraft dagegen war doch sehr unterschiedlich (leider hatte ich keine Zeit mehr für meine Sammlung von Drachen).
LöschenHey, Blogautor!
AntwortenLöschenJa, Du!
Hör’ sofort auf, meine Nachbarn zu terrorisieren!
Wie, Du terrorisierst die gar nicht, Du seist doch sooo nett?
JA, WER BRINGT MICH HIER DENN STÄNDIG DERART ZUM LACHEN, DASS DRAUSSEN DIE PASSANTEN DIE STRASSENSEITE WECHSELN, OBWOHL AUF DER ANDEREN SEITE GAR KEIN GEHSTEIG IST, HMMM!?
Das freut mich.
LöschenEinen größeren Teil der Merkwürdigkeiten konnte ich aus Zeitgründen (und weil ich mich nicht mehr erinnere, wo die Fotos eigentlich aufgenommen wurden) gar nicht verwenden...