Es gibt einen
Weg, das frühe Aufstehen zu vermeiden: Man reist am Vorabend an. Dann hat man
noch einen Hotelaufenthalt. Als Kind fand ich die Vorstellung, in Hotels zu
übernachten, total spannend. Das war so etwas wie Taxifahren, etwas, das man
bei uns in der Familie nicht machte, weil es viel zu teuer war (Urlaub war
immer bei Verwandten oder in irgendwelchen Pensionen). Inzwischen habe ich
genügend Hotelaufenthalte hinter mir und versuche sie wo es geht zu vermeiden.
Ich finde, es gibt wenig deprimierenderes, als irgendwo spätabends in
irgendeinem Tagungshotel anzukommen.
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Die Lichter
der Großstadt beim Start.
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Vom Flughafen
zum Hotel kommt erst eine längere Taxifahrt. Der Taxifahrer ist schon älter und
er spricht einen Satz, den kein Berliner Taxifahrer je verstehen könnte. „Da
drängelt aber hinter mir wieder einer. Fahren wir halt besonders langsam.“
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Wir fahren
durch den Heimatort von Frank Farian und es kommt gerade im Radio, dass Frank
Farian in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert. DAS MUSS DOCH ETWAS ZU
BEDEUTEN HABEN! (Ansonsten aber als Musik: Helene Fischer, Nicki und noch
irgendetwas, was ich schon verdrängt habe. Wollt Ihr auch nur zruck zu mir?)
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Der
Taxifahrer ist Philosoph. Der folgende Satz ist der Grund, warum ich diese Dienstreise
überhaupt dokumentiere: „Wissen Sie, es gibt zwei Wege: Über die Autobahn, das
ist schneller, aber kostet 20 EUR mehr. Oder über die Dörfer: Das ist 15 EUR
billiger, aber dann auch schneller.“ Darüber kann man wohl jahrelang
nachdenken. Wo sind die 5 EUR hingekommen?
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Blick aus dem
Fenster. Es lässt sich nicht öffnen. Wahrscheinlich sieht man hier die Gäste im
fünften Stock schon als gefährdet an.
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Das steht auf
meinem Karton für die Schlüsselkarte. Ich habe keine Ahnung, was das Hotel mir
damit sagen will.
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Am nächsten
Tag beim Frühstück gibt es keine Teekannen, sondern nur Teetassen. Das ist bei
mir eigentlich das einzige Qualitätserfordernis ans Frühstücksbuffet. Hrmpf.
Neben mir sitzt ein Pärchen, dass sich in einem sehr merkwürdigen Dialekt
unterhält, den ich nicht zuordnen kann. Es braucht ein bisschen, bis ich
verstehe, dass es Niederländer sind.
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Ich gehe
trotz Regen zum Tagungsort. Interessant ein fünfzigwässriges Haus mit viel
Kunst an der Fassade. Mir gefällt so etwas nicht sonderlich, spannend ist
allerdings auch für mich die Frage, ob der unkonventionelle Zaun auch zum
Kunstarrangement gehört oder ob da etwas kaputt gegangen ist.
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Das Saarland
hat Null-Toleranz für Streber.
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Gemessen an
der langen Anreise darf ich nur sehr kurz etwas sagen. Das ärgert mich. (Der Titel der Reihe „Bedeutende Dienstreisen“, der ja immer schon „Sinnlose
Dienstreisen bedeuten sollte, passt diesmal besonders). Ein Redner nach mir streift
die Digitalisierung, ohne auch nur irgendetwas über Disruptivität zu sagen
(dabei habe ich letzthin erst Schäuble gehört, der brav nach „Digitalisierung“
„disruptiv“ gesagt hat). Er weist allerdings darauf hin, dass Cybercrime eine
große Sache wäre, auch wenn der Bürger es nicht mitbekomme, da dort niemand
etwas auf die Fresse bekommen habe. Die Herausforderung der Digitalisierung
illustriert er damit, dass ihm letzthin sein dreijähriger Enkel beigebracht
habe, wie man mit dem Handy Videos aufnehme. Er schaut in die Reihen, weist
darauf hin, dass sich einige im Publikum wohl nicht mehr damit beschäftigen
müssten, aber er sehe auch einige im mittleren Alter, die müssten das noch
meistern.
Die Rede ist
auf mehreren Ebenen beunruhigend.
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Irgendwer
sagt irgendwas zu Donald Trump.
(Irgendwo
bellt ein Hund.)
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Innen in der
Toilettenkabine hängen verschiedene kopierte Zettel. Einer: „Hinterlasst Ihr
zuhause die Toilette auch so dreckig?“, handschriftlich durch ein „Jo“ ergänzt.
Der andere, eine Karikatur eines Mannes, der irgendetwas wie „Ihr Stinker, Ihr
müsst doch sauber machen, sonst kommt der Eierbeisser“ sagt. Es wäre eigentlich
auch noch einmal eine volkskundliche Aufgabe, diese kopierten Kloanweisungen
aus Firmen zu dokumentieren (mir fallen da noch die Zeichnungen „Richtiger
Gebrauch der Klobürste“ ein). Diese Zettelchen sind wohl auch eine Tradition, die langsam
ausstirbt. (Das Blogprojekt können gerne andere machen, ich orientiere mich ja
jetzt eher an Qualitätscontent).
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Rückflug verspätet. Spätabends
Heimkehr.
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Das Flugzeug hält beim Terminal A, Einlass ist allerdings am Terminal C. Das heißt, dass man noch eine längere Busreise über das Flugfeld machen muss. Der Bus fährt außen an den Parkplätzen und Parkhäusern vorbei und dabei ergibt sich ein wunderbares Bild: Es gibt einen großen Parkplatz auf dem die Taxis warten, es stehen dort vielleicht 200 Wagen mit rot leuchtenden Hinterleuchten und gelb leuchtenden Taxischildern. Wie ein surreales Bild oder ein Tableau aus einem irren Science-Fiction-Film. Schön.