Everybody's fucked in their own special way

Mittwoch, 12. November 2014

Suburban Home

I want to be sterotyped
I want to be classified 
I want to be a clone
I want a Suburban Home (Descendents, Suburban Home)

Naus aufs Land, schaffe mit de Händ,
A Kuh, a Goiß, a Kend (Schwoißfuaß, Laudr guade Leid)


Ein Thema, das ich schon lange mit mir herumtrage, ist die allgemeine städtische Gärtnereuphorie. Finde ich natürlich zunächst gut, dieser Blog bedient das ja auch in gewisser Weise, manchmal macht mich das Ganze aber auch ratlos. Ich denke an meine Kindheit, in einem Dorf, das sich für eine Kleinstadt hielt, wo jeder natürlich sein Gemüse im Garten hatte. Ich kann mich an nicht mehr allzu viel erinnern, weil mich das natürlich alles nicht interessiert hat und ich versucht habe, mich wo es nur geht vor Gartenarbeit zu drücken. Beim Essen fand man alles Abgepackte und fertig Hergestellte viel interessanter als das olle Zeug aus dem Garten. Bei uns in der Schule waren auch einige Bauernkinder, die froh waren, wenn die Ferien vorbei waren, weil sie während der Ferien immer schuften mussten (ein Freund hat sich mal am Anfang der großen Ferien mit der Motorsäge in den Fuß gesägt, er war aber über diesen Unfall dann gar nicht so traurig, weil er dann nicht arbeiten musste). Ich kann mich erinnern, dass ich mich beim Zivildienst öfter mit Jakob, einem Aussiedler von knapp 60 unterhalten habe, der in der Spülküche arbeitete und der sich ein kleines Beet mit Kartoffeln und Gemüse angelegt hatte, weil er sich besser fühlte, wenn er sich selbst versorgen konnte. Ich mochte ihn gerne, aber den Kartoffelanbau fand ich dann doch eher merkwürdig. Den Kram konnte man doch auch kaufen.

20 Jahre später buddelt man selber im Garten und kommt sich bedeutsam vor. Insoweit bin ich wohl schon Städter geworden. Wenn man dann mal wieder auf's Dorf fährt, stellt man fest, dass natürlich jede Oma und jeder Opa schönere Blumen und bessere Tomaten hat, weil die das eben schon ihr Leben lang machen und weil die auch etwas mehr Sachverstand haben. Wie kommt es, dass man sich dann aber als Stadtmensch als besonders bedeutend und kenntnisreich vorkommt, nur weil man das tut, was auf dem Land eigentlich jeder macht? Ich versuche, mich von jeglicher Romantisierung des Landlebens fernzuhalten; ich war da schon mal, und auch wenn ich Berlin nicht in jeder Hinsicht begeisternd finde, möchte ich nicht wieder auf dem Dorf leben. Und was es bedeutet, tatsächlich Ackerbau zu betreiben, habe ich auch kennengelernt, und ich weiß, dass es nix für mich wäre. Ich hatte noch eine Zeitlang romantische Vorstellungen über mediterrane Bauerntätigkeit: auch hier hilft es enorm, wenn man es mal ausprobiert. Da müsste man aus anderem Holz geschnitzt sein als ich es bin.

Deswegen buddele ich zwar im Garten herum, weiß aber, dass das Suburban Home mit Gemüsegarten nicht die Lösung der Menschheitsprobleme sein wird, dass man mit dem Rumgebuddel nicht die Nahrungsmittelprobleme löst und dass die Welt nicht vor lauter Staunen aufhört, sich zu drehen, weil ein Neuberliner selbst Senf herstellt. Und ich kenne dann das Landleben doch ein bisschen zu gut, um es mir als Zuflucht vorstellen zu können. Das mag aber auch an mir liegen.


4 Kommentare:

  1. Antworten
    1. Danke. (Aus irgendwelchen Gründen war das der am wenigsten gelesene Beitrag in diesem Jahr...)

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    2. Zuviel Text für manche Menschen?

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    3. Weiß ich nicht. Will man hier eher weniger Text lesen? Ich vermute eher, dass es wegen des Mottos für einige im Feedreader so aussah, als ginge es um Krachmusik (aber dafür ist ja der Zweitblog reserviert).

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