Etwas früher aufstehen als sonst, aber noch verträglich. Tee
kochen, Katzen füttern, Frühstück richten, dann aber schon gleich aus dem Haus,
der Tee ist leider noch zu heiß, um mehr als ein paar kleine Schlucke zu
trinken. Durch die Dunkelheit zur S-Bahn, am Hauptbahnhof aussteigen, noch ein
paar Minuten rumtrödeln, aber der Zug ist pünktlich. Der Zug fährt nach
Hamburg, ich sitze mit dem Rücken zur Fahrtrichtung und kann deswegen sehen,
wie langsam, langsam der Morgen dämmert und die ganzen kahlen Bäume, Strommasten
und Windräder sich schwarz von einem immer heller werdenden Himmel abzeichnen.
Die Farbschattierungen ändern sich minütlich, ein wirklich schöner Anblick. Um
das zu fotografieren, hätte man kurz die Notbremse ziehen und aussteigen
müssen. Und selbst dann würde das Foto nur einen schwachen Abglanz des Bildes
zeigen.
Meine poetische Stimmung hält an, als wir außerplanmäßig in
Schwarzenbek halten. Alter Mann, der ich bin, habe ich eine Verbindung gebucht,
bei der ich noch genügend Zeit habe. Es gibt offensichtlich Probleme mit den
Oberleitungen im Hamburger Bahnhof. Wir stehen eine halbe Stunde, eine ganze,
dann wird uns angeboten, dass wir in einen Regionalexpress nach
Hamburg-Bergedorf einsteigen könnten und von da an dann mit der S-Bahn zum
Hauptbahnhof. Warum nicht? Also in den überfüllten Regionalexpress, die Fahrt
dauert aber nur knapp 10 Minuten. Dann Ausstieg in Bergedorf. (Erst später
fällt mir ein, dass ich hier eine Weltbeherrscherin besuchen hätte können.)
Das wartende Publikum stellt Platos Höhlenparabel nach.
Nach der S-Bahn-Fahrt stelle ich wieder einmal fest, dass
die Berichte von der Schönheit Hamburgs stark übertrieben sind. Sollte das
schon aufkeimender Berliner Lokalpatriotismus sein? Bin ich endlich angekommen?
Die Sonne scheint und die milde Luft hat etwas
frühlingshaftes. Mich macht diese laue Luft immer froh, so auch heute, auch
wenn ich weiß, dass es viel zu früh ist und wahrscheinlich ein Zeichen für das
kommende Wetter-und Klimachaos. Ich freue mich trotzdem, aber mit unspezifisch schlechtem
Gewissen.
Ich komme zu spät zur Veranstaltung, da ich zwei Stunden
später als erwartet angekommen bin, aber noch rechtzeitig zur Kaffeepause (Vor einem Jahr kam ich erst so spät nach Hamburg, dass ich gleich wieder zurück fahren konnte, vor zwei Jahren war bei der Rückfahrt der Zugverkehr wegen Sturm gesperrt und ich hatte Glück, das letzte Flixbus-Ticket zu kriegen, insoweit war das eigentlich dieses Jahr relativ erfolgreich). Ich
stopfe mir irgendwelche süßen Teilchen rein und rede mit den zwei Leuten, mit
denen ich heute reden wollte. Die weiteren Vorträge sind überraschend
interessant, in der Mittagspause treffe ich einen früheren Kollegen, mit dem
ich vor 15 Jahren mal viel gearbeitet habe. Wir gehen die Liste der anderen
früheren Kollegen durch, wenigstens ist da noch keiner gestorben. Er sagt mir,
was er schon seit 15 Jahren sagt, dass er mir mal meine Sachen zurückgeben
müsste. Jo.
Sonst passiert nicht viel, zurück zum Bahnhof, die Luft ist
extrem klar und der Himmel blau. Nachdem ich am Nachmittag überprüft hatte, ob
es Probleme mit der Rückfahrt gegen könnte, blieb ich bei dem Zug, für den ich
eine Reservierung hatte. Tja. Zug fällt aus, Ersatzzug wird gestellt, der
leider kürzer ist als der geplante ICE. Ich kriege allerdings noch einen
Sitzplatz und tippe dies, während wir durch die schwarze Nacht nach Berlin
fahren.
ups. die bahn wäre nix für mich. ist ja wie ein überraschungsei mit wechselnd kaputten inhalten. für den ärger dann auch noch geld ausgeben??
AntwortenLöschenIch finde das immer eine gute Gelegenheit, seinen Stoizismus zu trainieren. Ärgern tu ich mich nie, davon komme ich ja auch nicht schneller an.
Löschendu hast recht. bahnfahren statt meditation.
LöschenDas ist mein Ansatz. Die Wut, die man auf Triviales verschwendet, für würdige Anlässe aufheben.
LöschenSehr schöne Morgen - Lektüre ... DANKE ♥
AntwortenLöschenWirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag 2020
17. Januar 2020 in der Welt
und
"Sie haben ja eine Kinderfahrkarte!"
"Da können Sie mal sehen, wie viel Verspätung der Zug wieder hatte!"
... (ړײ) *TJA*
Vorsätze werden auch über den 17. hinaus gehalten.
LöschenImmerhin Rückfahrt mit Sitzplatz, sonst alles normal DB-gerecht.
AntwortenLöschenAber eine schöne Fahrt ist ja ein Gewinn, Sonnenaufgänge zu schauen geht auch aus dem Zug. Und die Meetings sind ja hauptsächlich zur notwendigen Kontaktpflege.
Eigentlich wollte ich etwas erfahren. Aber die Information bekam ich beim Kaffeetrinken.
LöschenFalls der Titel dieser Heldenreise eine Anspielung auf das Rote Buch der Westermark sein soll, fehlt da was: „Hin und wieder zurück“.
AntwortenLöschenUm Gottes Willen, ich bin doch kein Hobbit! Der Titel soll nur die erhabene Sinnlosigkeit meiner Reisen verdeutlichen. Hin, zurück, im Zug oder gar nicht ankommen: alles wurscht.
LöschenMögen dennoch die Haare Deiner Füße niemals spärlich werden.
LöschenDas nächste Mal zu Onkel Otto.
AntwortenLöschenJa, genau! Und das Jolly Roger ist auch nett, in der Nähe vom Millerntorstation: https://www.google.de/maps/place/Jolly+Roger/@53.5551139,9.962128,17z/data=!3m1!4b1!4m5!3m4!1s0x47b18f6c00cfe12b:0x5b5eb670a170d7d8!8m2!3d53.5551139!4d9.9643167?hl=de
AntwortenLöschenDit ging ja schnell zurück von Tokio
AntwortenLöschenIch habe die Strecke zurück hürdengeschwommen, daher über Hamburg...
AntwortenLöschenWieso? Jolly Roger ist doch das Pferd von Lucky Luke?
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