Everybody's fucked in their own special way

Sonntag, 19. Januar 2020

Musterung

In dem Jahr war schon einiges zu erledigen, die Idee der langfristig aufgebauten Nebelkrähenarmee wird aber noch weiter verfolgt: Ich denke, wir werden die in einigen Jahren dringend brauchen. 

Gemäß einer alten Politikerphrase habe ich mich daran gemacht, die Leute Krähen dort abzuholen, wo sie stehen. Auf meinem Weg zur Arbeit habe ich zwar immer wieder welche getroffen; und aus verschiedenen Gründen bräuchte ich meine treuen Krähen auch eher in der Nähe des Regierungsviertels; im Winter lassen sie sich aber nicht blicken oder zumindest nicht zu den Zeiten, zu denen ich auf der Straße bin. Also, wo stehen die Krähen (bemerkt hier eigentlich jemand den eleganten Binnenreim)? Im Bürgerpark, neben der Panke, wo sie die Enten nerven können. (Hinweis: Ich lehne Entennerven ab und unterstütze das in keiner Weise, aber so sind halt die Krähen und wir müssen mit dem Material arbeiten, das wir haben.)

Die Krähen waren erst einmal abwartend, haben aber das Prinzip der Erdnuss relativ fix verstanden. Es ist schon recht beeindruckend, wenn einem ein Schwarm Krähen folgt, ein paar Kinder, die mir zusahen und mich eindeutig für bescheuert hielten, fragten, ob das meine Haustiere seien. Das Abrichten der Tiere wird noch ein bisschen schwierig, die 15 Jahre, die ich dafür angesetzt habe, sind wahrscheinlich nicht zu pessimistisch gesetzt. Derzeit hauen die Tiere sich noch gegenseitig auf den Kopf, weil jeder eine Nuss haben will. Außerdem ist das Interesse an strategischer und politischer Belehrung bei den gefiederten Freunden schlagartig vorbei, wenn sie feststellen, dass es nichts mehr gibt. Da müssen wir noch dran arbeiten.

Im Bürgerpark sieht man die alten große Bäume, kahl und furchteinflössend. Wie immer zu dieser Jahreszeit beschleicht mich ein banges Gefühl, ob man wirklich sicher sein kann, dass der Frühling kommen wird und mit ihm die Blätter und das Licht. 

Ein paar Meter weiter sehe ich nach Westen, die untergehende Sonne gießt einen Schwall Gold in den Himmel, darüber haben die Wolken Schattierungen von Blau, Rot und Grau, die man sich nicht vorstellen oder nachmalen könnte, selbst wenn man tagelang am Tisch säße. Die Natur verschwendet ihre Schönheit für einen kurzen Moment, als würde sie uns zuzwinkern und auslachen. 





17 Kommentare:

  1. "Die Natur verschwendet ihre Schönheit für einen kurzen Moment, als würde sie uns zuzwinkern und auslachen."

    Wo DU recht hast, haste recht... (ړײ)
    denn,

    recht oder Recht haben; aber nur: wie recht sie hat!; du hast ja so recht!; damit hat er völlig recht. recht oder Recht behalten. recht oder Recht bekommen. jemandem recht oder Recht geben.

    Und, bei den KRÄHEN ...auch !!! *zwinkerndamSONNTAGpack*

    AntwortenLöschen
  2. vielleicht wird es leichter, wenn du dein nebelkrähenkostüm trägst!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Eine hervorragende Idee! Das schöne ist, dass das in Berlin keinen interessieren würde. Man bekäme einen merkwürdigen Spitznamen (Der Doofe mit de Federn), bekäme ab und zu etwas nachgerufen ("Pass ma uff, dass de dir die Flügel nich einklemmst, du Vogel!"), ansonsten wäre es aber allen wurscht.

      Löschen
  3. hallo in den sonntag von der kreuzberger krähenfrau.....sie lernen schnell wenns futter gibt, pro krähe 2 ernüsse. transportieren sie ganz locker u verscheppen sie dann in ihre verstecke.....und sie haben bestimmte zeiten. vermute sie schlummern sich fit für die nächste sammlung. wenn vorhanden kriegen sie walnüsse von mir, die lassen sie von oben runterklatschen damit sie aufgehen u mit glück klatschen sie auf meine lieblingsautos *SUV.....am besten die, die mir ständig die abgesenkten gehwege/auffahrten zuparken (Rollifahrerin)......happy sonntag für dich.........

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dir auch einen schönen Sonntag! Da hast du mir schon einige Dressurerfahrung voraus.

      Löschen
  4. Das ist die nächste Stufe, über die ich hier im Blog nicht so viel reden will. Ich glaube auch, da helfen Erdnüsse nicht.

    AntwortenLöschen
  5. Enten, die faul irgendwo in der Landschaft stehen oder sitzen, darf man meinethalben gerne nerven. Das sind Wasservögel, die sollen gefälligst schwimmen – fürs Rumstehen werden sie nicht bezahlt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dieses Blog ist kein Ort für entenverachtende Kommentare. Ich bin schließlich Donaldist.

      Löschen
    2. Ich lasse mir keine Entenverachtung nachsagen, werter Herr. Es handelt sich hier selbstredend um überaus wohlmeinende Entenkritik. Man möchte ja das Tottreten in der hohen Ufervegetation sitzender Enten tunlichst vermeiden.

      Löschen
  6. Frühling kommt vorerst immer noch, egal wie bescheuert die Menschen sind. Da kann ich deine Bedenken zerstreuen.
    Aber die Krähen haben vielleicht eher das Freiheitsprinzip gelebt, tun wozu sie Lust haben. Und das wird schwer, da werden ein paar Erdnüsse nicht reichen, womit willst du sie noch locken, deinen Befehlen zu folgen?

    AntwortenLöschen
  7. Und dafür hat man vor dreißig Jahren verweigert....

    AntwortenLöschen
  8. Schöner Text.
    war es nicht möglicherweise Don Bosco, der die Krähen dort abgeholt wissen wollte, wo sie stähen?


    Mein Krähenplan geht übrigens so: ich werde im Frühjahr unter Bäumen herumlungern und falls ich dort ein aus dem Nest gepurzeltes Krähenküken finde, werde ich es mir von Anbeginn zum Freund machen und es dazu bringen, mich in meinen Vorhaben zu unterstützen. Bald werden sich mehr und mehr Krähen meinem Jakob anschließen usw.
    Zu müde, um das weiter auszumalen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist merkwürdigerweise das zweite Mal heute abend, dass ich von Don Bosco höre. Ich weiß nur, dass er Spatzen pfeifen ließ (eine Internet-Suche Don Bosco und Krähen bringt aber lustige Ergebnisse).

      Der Nestplan ist gefährlich, weil die Krähen zur Brutzeit aggressiv sind. Aber es ist gut, dass wir uns alle Gedanken machen.

      Ihnen gute Nacht!

      Löschen
  9. Im vergangenen Jahr durfte ich vor der Bundesdruckerei erleben, wie mich Kräheneltern angriffen, als ich ihr lebensmüdes winziges und mürrisch dreinbblickendes Küken vor dem sicheren Verkehrstod retten und von der Straße scheuchen wollte. Ein paar Mal ist mir das gelungen, meinen Kopf musste dabeiich mit einem Aktenordner beschirmen, doch immer wieder hüpfte das Küken zurück auf die Straße, die ich schließlich komplett blockieren musste. Das alles begleitet von dem Geschrei und Gezeter und den Angriffen der besorgten Eltern.
    Wenn aber das Kleine unter Bäumen herumhoppsen sollte und ich es nur füttere, werden die Eltern schon einsehen, dass ich eine Freundin bin, hoffe ich.

    Goldene Zeiten brechen an für die Jakobs und ihre Komplizen.

    (Don Bosco hat mich viele Jahre begleitet)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich dachte mir schon, dass ich die Nestwarnung gar nicht schreiben muss. Sie haben ohnehin die umfassendere Krähenerfahrung.
      Goldene Zeiten für die Jakobs, ja. Stellen wir uns besser gut mit ihnen.

      Löschen