Everybody's fucked in their own special way

Montag, 15. Januar 2018

Nachlese

Gestern fand ja die Blogaktion "Let's talk about vegs" statt. Es haben sich noch sechs weitere Bloggerinnen und Blogger beteiligt und das Ergebnis hat meine Erwartungen weit übertroffen. Die sechs Texte über Gemüse sind alle schön zu lesen und sie sind in erstaunlicher Weise (zumindest aus meiner Sicht) für das jeweilige Blog so typisch, so dass jeder der Texte als ganz guter Einstieg in das jeweilige Bloguniversum genommen werden könnte bzw. dringend genommen werden sollte. Das ist ja eigentlich bei Blogaktionen normalerweise überhaupt nicht der Fall, weil die Aktionen ja Bloggerinnen und Blogger in ein bestimmtes formales oder thematisches Konzept zwängen, das nicht immer passen muss. Hier war es anders, ich rechne mir dies mal insoweit an, als damit mein Wahlspruch "In the absence of intimidation creativity will flourish"* verwirklicht wurde (in Wahrheit liegt es sicher eher daran, dass sich eh keiner an meine Regeln hält, aber das macht ja auch nichts).

Also, was gab es alles?

Frau Lakritze, deren Blogmotto "Die einzig normalen Menschen sind die, die man nicht besonders gut kennt" mich immer wieder erfreut, hat etwas über Rosenkohl, genauer über ein Rosenkohlröschen geschrieben. Das Stückchen verbindet genaue Beobachtung mit einer überraschenden Erkenntnis und einer interessanten Reminiszenz und verursacht Hunger. Es ist ein schönes Beispiel für die stille, präzise und humorvolle Überlegung, die ich an ihrem Blog so schätze. 

Der Kiezschreiber hat sich für den Blumenkohl entschieden. Das Gemüsestück gerät aber gleich am Anfang außer Kontrolle und wird Aufhänger für eine dystopische Kurzerzählung, die zwar mit einem breiten Grinsen ankommt, bei der man am Schluß aber dann doch nicht weiß, ob man sich gruseln sollte. Es gibt Anspielungen auf Goethe, Helmut Kohl, ein Mettwurst-Wortspiel und wirklich die lustigsten zwei Sätze, die ich heute gelesen habe (der zweite ist: Eigentlich hatte sich ihr Leben nicht verändert). Das Stück endet mit einer Hommage an den Film "Planet der Affen"; wenn man eine Checkliste hätte, welche Dinge in einem Stück über Gemüse vorkommen müssten, hätte man sicher alle Positionen abgehakt. 

Fellmonsterchen hat sich vor der Aufgabe gedrückt und ihren Hund Socksi etwas zu Salatgurken schreiben lassen. Der Post vereinigt die zwei Haupttendenzen ihres Blogs: Haarsträubende Einfälle und ein Blick auf den Alltag, der einen viele vertraute Dinge in einem neuen, schrägen Licht sehen lässt, verbunden mit Geschichten aus dem Hundehalteralltag (gerne auch haarsträubend). Diesmal habe ich etwas über den Nahrungsmix bei Hunden gelernt. 

Calendula hat eine alten Beitrag umgewidmet, in dem es auch um Gurken geht. Wie immer bei ihr hat man wunderbare und sorgfältige Naturfotografie, die mit ruhigem Humor kommentiert werden. 

Frau Tikerscherk hat sich Bohnen ausgesucht. Das Gemüse taucht als Anfangsmotiv auf, wird Teil eines rätselhaften Mantras, das die Begleitung eines Marsches durch Berlin wird. Durch die Kraft ihrer Erzählung zwingt sie die unterschiedlichsten Dinge zusammen. Die Geschichte ist, wie viele Geschichten auf ihrem Blog, als sähe man ein Stück Berlin als Widerschein in einer Spiegelscherbe und als sei in diesem Widerschein das Wesentliche dieser Stadt enthalten. Am Schluss werden dann auch Bohnen gegessen.

Frau GeschichtenundMeer hat ganz spontan teilgenommen und einen Beitrag, den man als Liebeserklärung an jegliches Gemüse lesen kann, verfasst. Er hat den Untertitel "Moralinsäure ist kein Gewürz" und weist zurecht darauf hin, dass der dümmste Grund, Gemüse zu essen, der ist, dass es ja gesund sei und schlank mache. Der Beitrag enthält auch ein Gedicht von Friedrich Stoltze, den ich bislang nicht kannte, mit der schönen Zeile: Chassez le Gickel aus dem jardin!

Schließlich hat Angelnette in den Kommentaren ein Gedicht von Matthias Claudius auf die Kartoffel eingestellt. Trage ich doch immer auch einige Claudius-Gedichte mit mir, gerade das kannte ich noch nicht. Der Wandsbeker Bote beschreibt die Kartoffeln als "rötlich und weiß wie Alabaster". Ich würde wetten, dass er damals eine Sorte hatte, die später zum Red Duke of York, hier auch noch als Roter Erstling bekannt, wurde. Die Blogaktion endet damit also mit einem Ruf aus längst vergangener Zeit.

Vielen Dank an alle Mitwirkenden!

(Und nach längerer Überlegung: Man kann diese Aktion nicht abschließen, ohne noch auf die Beach Boys zu verlinken, die in dem Lied Vegetables die Hörer auffordern, ihnen doch in einem Brief zu schreiben, was ihr Lieblingsgemüse sei. In dem Lied kann man auch hören, wie Paul McCartney in eine Möhre beißt (erstmals etwa bei 0:51), das nur nebenbei).



*Die ehemaligen Bandmitglieder von Greg Ginn, von dem dieser Spruch ist, könnten darüber wohl nur müde lächeln.

6 Kommentare:

  1. ... gäbe eine ausgezeichnete und geschmackvolle Gemüse-SUPPE !!!
    Möge EUER Montag/Wochenstart mit dem nötigen Salz in dieser beginnen (ړײ) *zwinker*

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    1. Ein bisschen Kohl- und rübenlastig. (Mit Kraut und Rüben habt ihr mich vertrieben)

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  2. Hier noch eine alternative Version von "Vegetables", aus dem erst 2004 von Brian Wilson endlich fertig gestellten "Smile"-Album:
    https://www.youtube.com/watch?v=FsDmD1zFh8Y

    Für alle die sich für die (Nicht-)Entstehungsgeschichte des Albums interessieren empfehle ich den sehr schönen Film "Love and mercy" in dem Brian Wilsons Geschichte von zwei Zeitpunkten aufgerollt wird.

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    1. Ah danke. Der alte Brian hat ja immer etwas rührendes. Meine kontroverseste Ansicht überhaupt ist aber, dass ich Smiley Smile besser finde als Smile.

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  3. Feine Beiträge, aber das kennen wir ja nicht anders von Ackerbau-Blogaktionen.
    Und der heutige Beitrag führte dazu, dass sich mein Zombieapfel in Deine Zombietomate verliebt hat.
    (*denkt über eine Blogparade Zombieobst und -Gemüse nach*)

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