Everybody's fucked in their own special way

Montag, 9. September 2019

Im Wald

Überall lese ich, dass Schwammerl gefunden werden. Das macht mich unruhig, auch wenn ich weiß, dass es im Süden halt mehr geregnet hat und nicht so staubtrocken war wie hier. Um sicher zu gehen, dass ich nicht die Schwammerlschwemme dieses Jahres verpasse, habe ich mich also mal wieder auf in den Wald gemacht. 

Das Waldstück, das ich vor ein paar Jahren mal gefunden habe, ist eine Kiefernmonokultur auf märkischem Sand. Gute Umgebung für Maronen. Steinpilze könnte es auch geben, aber die habe ich noch nie gefunden, die sind für mich so unsichtbar wie das Schlumpfdorf für Gargamel. Falsche Pfifferlinge gibt es auch. Von denen stirbt man zwar nicht, aber besonders schmecken tun sie halt auch nicht. 

Als ich am Parkplatz ankomme, ist noch niemand da, schlechtes Zeichen, wenn es etwas zu holen gäbe, wäre am Sonntag um 9 Uhr der Parkplatz schon voll. Nur der verwaiste Erdbeer/Kirschstand ist da.


Schon den Weg entlang merke ich, wie trocken alles ist. Und offenbar hat man in letzter Zeit gut Holz gemacht, überall sind die Stapel. Eigentlich dachte ich immer, dass man nur im Winter schlägt, nicht, wenn die Vögel brüten, aber ich weiß ja nicht, wie lange die Stapel schon herumstehen. Es sind Zweimeterstücke, bei uns kamen die in die Papierfabrik (die Einmeterstücke waren Feuerholz). Die Borke ist noch an den Stämmen, wir mussten die immer entfernen wegen des Borkenkäfers. Rinde abschäffzgern war eine der unangenehmsten Arbeiten, die ich gemacht habe. Aber vielleicht muss man das bei Kiefern nicht, sondern nur bei Fichten? Ich habe das Grundproblem des Mannes über 50: Ich sehe etwas, von dem ich eigentlich keine Ahnung habe, von dem ich aber noch so vage weiß, dass das früher irgendwie anders gemacht wurde. Anstatt mich daran zu erinnern, dass ich schon damals keine Ahnung hatte und wahrscheinlich in den letzten 35 Jahren irgendwelche Erkenntnisfortschritte in der Forstwirtschaft stattgefunden haben, fühle ich mich empört und den modernen Zeiten überlegen. Gut, dass gerade niemand hier seinen Hund ausführt, sonst hätte ich ihm sicher mitgeteilt, dass man früher ja noch wusste, wie man Rinde abschäffzgert, aber heutzutage machen die siebengescheiten jungen Leute das ja alles anders, aber in Wirklichkeit: Keine Ahnung, armes Deutschland, der kleine Mann muss wieder zahlen. Radikalisierung im Wald, wenn ich nicht so schlurfig wäre, könnte ich ja eine Protestpartei gründen. 

(Und diesen Stapel hätte bei uns früher der Förster auch nicht akzeptiert! Ich sag's ja nur.)

Im Wald sieht es trübe aus, keine Schwammerl zu sehen. Nix Richtiges und nix Falsches, wie wir früher sagten. Alles zu trocken. Im Wald zu spazieren hat heute auch keine beruhigende Wirkung auf mich, aber das hat nur mit mir und nichts mit dem Wald zu tun. Zu viele Dinge passieren gerade.

Der Waldboden ist an vielen Stellen aufgegraben, sieht nach Wildschweinen aus. Ich bin ganz froh, dass ich keinem begegne. Es liegen entwurzelte Bäume kreuz und quer, die noch nicht einmal abgeschäffzgert sind...  (bitte hier sich ein, zwei empörte Absätze vorstellen). Ich schaue bei den Plätzen vorbei, wo ich ansonsten etwas gefunden habe, aber da ist nichts. Ein paar Spechte klopfen lustlos herum.

Nach einer Dreiviertelstunde gehe ich wieder zum Parkplatz. Inzwischen baut der Mann vom Erdbeer-/Kirschenstand auf, ich nehme mir noch eine Schale Erdbeeren und Heidelbeeren mit, damit ich nicht ganz mit leeren Händen nach Hause komme. Ich hätte mir auch Pfifferlinge kaufen können, aber die sahen sehr traurig aus. 

Noch rechtzeitig zum Sonntagsgottesdienst zu Hause.

18 Kommentare:

  1. tausche eierschwammerln gegen paradeiser.
    und im wald wird ganzjährig gearbeitet. zumindest ab und an. rücksicht auf tiere? was ist das?

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    1. Ich würd dir ja ein Packerl schicken, aber die Tomaten sind nicht versandtauglich.

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  2. ERDBEEREN im SEPTEMBER ??? *augenroll*

    Nimm doch lieber ein SCHNITZEL mit,
    heute am...

    Tag des Wienerschnitzels 2019
    9. September 2019 in der Welt

    *zwinkerndindieneueWocheentschwebe*

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    1. Ich hab auch im Garten noch Erdbeeren, die Zeit ist nich nicht vorbei.

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    2. Sogar hier am Balkon wachsen noch welche in der Hängeampel (!) …

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    3. OK OK OK ... ;)))

      Meine sind mir - dieses Jahr, auf´m Balkon - eingegangen ...wie vieles ;( *machemirDAjetztSOmeineGEDANKEN...grübelgrummel...OINK*

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  3. Recht hast Du, alle paar Jahre eine neue Erkenntnis, mit PC hochgerechnet, nur Flora und Fauna geht es immer schlechter. Und den Holzstapel so schichten halte ich für fast kriminell, bei uns sind zwei Kinder verunglückt, weil sie draufstiegen und die Stämme rutschten. Es fühlt sich niemand mehr wirklich verantwortlich, wie fast überall. Die Gemeinde will Ertrag, der NABU Vogelschutz, die Jäger jagdbares Wild, der Förster "belastbare" Statistiken...

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    1. Den Holzstapel hätte früher der Förster nicht abgenommen, weil er viel zu lose ist. Wie soll man denn wissen, wieviel Ster Holz das sind?

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    2. Das sind exakt 3 Ster, weil 3 STERnhagelvolle Lumberjacks daran herum gewerkelt haben *schwört*...

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    3. Ich korrigiere: 3 STERNIhagelvolle Lumberjacks...

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    4. Gerade habe ich nachgelesen, 3 Ster wären ein Klafter. 3 sternhagelvolle Holzfäller sind also ein klafterhagelvoller Lumberjack.

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    5. (Schalten Sie auch nächste Woche wieder ein zu Herr Ackerbaus Spaß mit alten Maßbezeichnungen.)

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    6. … und ich würde jetzt gern den klafterhagelvollen Lumberjack Song anstimmen, leaping from tree to tree, aber mein Kopf spielt hartnäckig immer nur das Spongebob-Schwammkopf-Titellied ab. Auch so ein Problem des Mannes über 50.
      Oooooooooooooooh, wer wohnt in ’ner Ananas, ganz tief im Meer …

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    7. Sponge Bob war mir immer zu heavy.

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  4. Erdbeeren und Heidelbeeren vom Erdbeer-/Kirschenstand!? Wenn man die Erdbeeren wegkürzt, sind das quasi Heidelbeeren vom Kirschstand … da sage noch einer, Multi-Kulti sei gescheitert.

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    1. Wenn man ganz genau hinsieht, stellt man fest, dass auf dem Transparent unten am Stand "Knupper Kirschen" steht.
      Ich hätte auch noch Kartoffeln kaufen können.

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