Everybody's fucked in their own special way

Donnerstag, 8. August 2019

Die Wracks




Geweckt vom Möwengeschrei, noch einmal umgedreht, erst spät aufgestanden. Im Urlaub träume ich häufig schwer, uralte Geschichten tauchen im Traum auf, Gesichter von ehemaligen Freunden und Freundinnen oder aber auch kafkaeske Arbeitsszenen. Vor dem Aufwachen träume ich, dass ich einen Keller aufräumen muss, als letztes steht dort ein großer Schrank. Ich und ein Kollege stellen fest, dass man diesen einfach mit roher Gewalt umwerfen muss, dann zerfällt er in einzelne Stücke, die man herumtragen kann. Wir tun es, als der Schrank umfällt, fällt allerdings auch ein Karton voller giftiger Schlangen herunter, die uns angreifen wollen. Da kommen allerdings mehrere 12-Jährige mit Gewehren, die die Schlangen erschießen. Abgesehen von dem letzten erstaunlichen Teil muss man kein Freud sein, um den Traum zu deuten. Das Bild ist klar: Beim Versuch, ein Problem mit unzureichenden Mitteln zu lösen, erschafft man neue, viel gefährlichere Probleme. Das ist praktisch meine Arbeitsplatzbeschreibung. 

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Frühstück mit Croissants, Frau Ackerbau war auch so klug, eine Teekanne und losen Schwarztee mitzunehmen. Ohne Tee mit Milch zum Frühstück macht mir der Tag keinen Spaß. Beim Frühstück können wir durch das Fenster auf das Meer sehen, einige Möwen betrachten genau das Wasser und schnappen zu. Eine würgt gleich ein Tier herunter, wahrscheinlich einen kleinen Krebs, eine andere fängt sich etwas und zerteilt es auf den Felsen. Umfassende Frühstücksstimmung.

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Als wir uns zu einem Spaziergang am Strand entlang zur nächsten Stadt aufmachen, ist das Wasser schon wieder zurück gegangen. Am Strand lässt sich viel finden, vor allem leere Austern (als die Flut sehr stark war, wurden auch geschlossene Austern weit angeschwemmt, die habe ich dann wieder ins Wasser geschmissen). Man sieht auch, wo die Möwen ihre Krebse zerlegt haben. An verschiedenen Stellen gibt es ganz unterschiedliche Funde, an einer Stelle sind Miesmuscheln, an einer anderen gibt es Unmengen von leeren Schneckenhäusern. Es gibt einige Miesmuscheldepots, zunächst vermute ich, dass sich Möwen auf einen Fels setzen und dort Muscheln essen. An einer Stelle sind jedoch Miesmuscheln, Langustinoscheren und ein halber Hummer und ich kann mir das dann nur so erklären, dass irgendjemand die Überreste des Meeresfrüchtetellers an den Strand kippt. (Wundert es jemand, dass den Chronisten des Invalidenstraßenmülls vor allem der Strandmüll interessiert?)

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Spannender als die Überreste der Meerestiere sind bald die Schiffswracks, die über den ganzen Strand verteilt sind. Ich vermute, dass es die Reste von Fischerbooten sind, die vielleicht 60-70 Jahre alt sind, aber wer weiß das schon.  Sie sind auf jeden Fall sehr pittoresk. 

(Es folgt eine Reihe von Schiffswracks.)





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Zurück fahren wir mit einem Bateau-Bus, der 1,50 EUR kostet. Leider ist der Hafen doch etwas weiter von unserer Unterkunft entfernt als gedacht, so dass wir doch noch ein gutes Stück nach Hause laufen müssen. Der familiären Laune tut das nicht gut. 

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Auch nicht gut tut es der familiären Laune, dass ich versuche mit französischer Musik auf Land und Leute einzustimmen. Wer meine musikalischen Vorlieben kennt, könnte ja vermuten, dass die Familie besonders irgendwelche Krachpunk-Musik fürchtet, aber ein Rundgang durch französische Chansons der 60er bis 80er führt noch zu viel größerer Nervenzerrüttung. Ich verstehe das immer gar nicht. Ich habe zumindest Gelegenheit, mal wieder Téléphone, France Gall und Les Rita Mitsouki zu hören.  

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Ich habe mir zwar genug zum Lesen mitgenommen, aber natürlich sieht man zuerst, was für Bücher in der Ferienwohnung rumliegen. Ein französisches Mickymausbuch, dessen Schrift mir aber zu klein ist, und ein Heftroman "Der Arzt, dem die Frauen vertrauen der wieder Hoffnung gibt". Ich lese mir die Geschichte von der nach Jahren zurückgekehrten verschwundenen Tochter durch, die in etwa eine Traumschiffgeschichte in Textform ist. Die Dialoge sind fantastisch, aber nachdem ich sie eine Zeitlang mit verteilten Rollen vorlese, bittet der Rest der Familie wieder um französische Musik.

4 Kommentare:

  1. Sehr unterhaltsame Lektüre... da geht mir das Herz auf,
    mit Resten von Genuß,
    Wracks
    und "Le savoir-vivre"
    ... zwinker:

    Familie Ackerbau fährt in den Urlaub.
    Sie werden jeden Abend von Mücken geplagt.
    Eines Abends sieht Herr Ackerbau Glühwürmchen und denkt sich:
    "Mist jetzt kommen die Viecher schon mit Laternen."

    ... damit dürftet IHR - am Meer - keine Probleme haben (ړײ)

    *aufMORGÄHN...gibbel...amheutigenWelttagderKatzen...miau*

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  2. Ob zwischen den alten und gut erhaltenen Booten, noch ein Platz für frei für mich ist.

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    1. Du hast verstanden, wie ich die Überschrift gemeint habe!

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