Everybody's fucked in their own special way

Sonntag, 26. Mai 2019

Sonntag

Die S-Bahn-Unterführung an der Wollankstraße ist auch tagsüber nicht immer angenehm - der Krach vom Straßenverkehr und den S-Bahnen, der Geruch von den angepissten Wänden, der auch im Frühling nicht mehr vom Holunderduft überlagert wird, seid die vielen Holundersträuche umgehackt wurden - wahrscheinlich, damit die Drogenverkäufer keine einfache Deckung mehr haben. In der Brückenkonstruktion nisten Tauben, der Weg ist mit Taubendreck übersät.

Aber das war nicht der Grund, warum die Passanten heute zögerten, dort entlang zu gehen. Auf dem Weg war eine sich merkwürdig benehmende Frau. Sie sah ganz normal aus, aber irgendetwas stimmte nicht. Ein Passant meinte, es sei so gewesen, als ginge sie nicht, sondern sei festgewachsen am Boden, eine andere Zeugin berichtete von den merkwürdigen Geräuschen, die von ihr ausgingen, keine Sprache, eher ein Rauschen oder Zischen. Die Beschreibungen des Aussehens gehen soweit auseinander, dass man getrost annehmen kann, dass alle Zeugen selbst, Sonntag früh um 2, nicht mehr ganz nüchtern waren. Man selbst wäre ja auch gern wieder einmal so betrunken, dass man Menschen, deren Haut wie Baumborke aussehe oder deren Haare Ranken ähnelten, zusammen fantasieren würde.

Für das weitere Geschehen gibt es jedoch noch andere Quellen, offenbar gab es dann einen lauten Knall, den man im Umkreis von etwa 400 m hören konnte, und im Viertel fiel für etwa 20 Minuten der Strom aus. Die Augenzeugen - deren begrenzte Glaubwürdigkeit ja schon vorher dargestellt wurde - sind auch hier nicht einheitlich in ihren lächerlichen Aussagen. Sie berichten zwar alle von einem gleißenden Licht, das aber entweder aus einem sich plötzlich sich auftuenden Spalt in der Wollankstraße oder aber, gleichsam wie ein Blitz von oben gekommen sei. Nachdem sie die geblendeten Augen wieder öffnen konnten, war die Frau verschwunden, bis auf ihre Schuhe, die noch - neben Flugblättern, die in einer Schrift abgefasst waren, die niemand entziffern konnte - am Boden standen. Der Wirt von "Tante Olli", der Bar nur wenige Meter entfernt, behauptet, die Polizei habe den Zeugen verboten, den einen letzten verständlichen Satz, den die Frau vor ihrem Verschwinden gerufen habe, irgendjemand mitzuteilen - ein weiteter Beweis, dass wir hier in der Gegend sowohl ein Bildungs- als auch ein Alkoholproblem haben. In der Nachbarschafts-Whats-App-Gruppe wurde vermutet, es handele sich wohl um einen Unfall, verursacht von osteuropäischen Kupferdieben, wahrscheinlich Obdachlosen, an der S-Bahn, und das ist natürlich die richtige und einzige Erklärung, auch wenn einige Kreise so etwas ja nicht mehr hören wollen.




Ich habe mir die Stelle aus Interesse angesehen, der Asphalt ist dort auf ein paar Quadratzentimetern kristallin, als sei der Blitz eingeschlagen. Die Stelle fühlt sich trotzdem nicht hart, sondern merkwürdigerweise fast lebendig, wie weiches Holz an. Wenn es nicht so bescheuert klänge, würde ich sagen, dass meine Hand seit ich dort hingefasst habe, von irgendeinem sich ausbreitenden Ausschlag befallen ist. Wahrscheinlich aber nur einfach schlechte Durchblutung. Ich muss mir meine Hände aber wohl in Zukunft eincremen, so trocken und schrundig wie sie sich anfühlen. Fast wie Baumrinde.

6 Kommentare:

  1. DAS ist mir zuuu SPOOCKY ;)
    Ich bleibe da lieber bei den festgelegten, stimmig, realen EVENTS am heutigen Tage:

    Events im Mai 2019
    26 So

    Europawahl in Deutschland
    National Sorry Day
    Nationaler Tag des Papierfliegers
    Namenstag: Alwin, Augin, Evelyne, Maria Anna, Marianna, Marianne, Philipp
    Kommunalwahlen Thüringen
    Kommunalwahlen Sachsen
    Kommunalwahlen Baden-Württemberg

    ...und mein Kreuzchen = an der richtigen Stelle !!! *ichmirdaganzsicherbin*

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  2. Eindeutig eine Zeitreisende! Passt doch zum gestrigen Towel-Day! Schau mal, ob der Blitz da irgendwo "42" in den Boden geätzt hat.
    ;-)

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  3. Gespenstig ist schon, was in dieser Straße passiert, aber kann es nicht eine Phantasie sein, die sich in die Realität verirrt hatte?
    Es haben einfach zu viele Menschen für Wirklichkeit gehalten, was sie in einem Film gesehen hatten.
    Und Suggestion spielt vielleicht bei Dir mit, wg. der Hände.

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    1. Ich will ganz ehrlich sein: Da standen die zwei Schuhe, die nach einer Geschichte verlangten. Und die haben sie bekommen..

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