Everybody's fucked in their own special way

Samstag, 1. Februar 2020

Serendipity

"Der Begriff Serendipität, gelegentlich auch Serendipity-Prinzip oder Serendipitätsprinzip, bezeichnet eine zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich als neue und überraschende Entdeckung erweist. Verwandt, aber nicht identisch ist die weiter gefasste Redewendung vom glücklichen Zufall." (Wikipedia)

Das Wort Serendipity fand ich immer merkwürdig, das Prinzip dahinter bedeutet mir allerdings einiges. Finden, ohne gesucht zu haben, das ist die Methode, mit der ich mein Blog fülle. Ich gehe jeden Tag vertrauensvoll los und hoffe, dass mir irgendetwas zustößt, was es wert ist, hier aufgezeichnet zu werden. Und jede, die hier mitliest, kann in den Posts andere Dinge finden, wenn sie denn mag. In den Kommentaren folge ich gerne auch allen Leserinnen, auf welche Abwege sie auch der Beitrag führen mag. 

Manchmal verstecke ich auch bewusst Dinge in einen Post und warte ab, ob sie jemand findet. So auch letzte Woche, als ich über die Papierschnipsel schrieb, die ich als Lesezeichen in dem Johannes-R.-Becher-Buch gefunden hatte. Das Buch war einmal in der Bibliothek der Volksbühne gewesen; die Zettel waren wohl aus einem Rollenbuch für einen Schauspieler. Aus welchem Stück waren wohl diese rätselhaften Zeilen?

Meine ersten Recherche-Versuche blieben erfolglos; aber vielleicht gab es ja eine Leserin, die eine Idee hatte. Tikerscherk war hartnäckiger und fand tatsächlich den entscheidenden Hinweis, wer dieser Millo sein könnte: Bei E.T.A Hoffmann, in den Serapionsbrüdern, wurde die Geschichte eines Königs Millo erzählt, der einen Raben tötete und deswegen einem Fluch unterlag (unverhofft kommt also bei dem zweiten Teil meines Blogposts wieder das Rabenmotiv des ersten Teils). Das hörte sich sehr vielversprechend an und ich begann weiter zu forschen. Die E.T.A. Hoffmann-Geschichte wird von einem Dialog eingeleitet, in dem es über die schönsten Märchen eines gewissen Gozzis ging. Weiteres Suchen ergab, dass Carlo Gozzi ein italienischer Theaterdichter des 18. Jahrhunderts war, der tatsächlich auch ein Stück "Der Rabe" verfasst hatte. Dieses Stück findet sich im Internet tatsächlich auch in einer deutschen Übersetzung von 1795. Eine kurze Überprüfung ergibt aber, dass das Deutsch dieser Übersetzung nicht zu dem streng gebundenen Vers auf den zwei Lesezeichen zu passen scheint. Wenn es denn dieses Stück gewesen sein sollte, muss es eine andere Bearbeitung gegeben haben. Das Internet weiß erst einmal nichts davon, auch antiquarisch findet sich kein Rabe von Gozzi (ein paar englische Übersetzungen wären allerdings zu finden). Nach etwas Nachdenken probiere ich die Suche danach, ob es etwas zur Volksbühne und Gozzi gibt: Und tatsächlich, der Rabe wurde an der Volksbühne 1981 aufgeführt, allerdings nur für einen Tag, da es einen Skandal gab, der dazu führte, dass der Regisseur Berndt Renne danach nicht mehr tätig sein durfte. Dieser Spur folgend finde ich tatsächlich eine Ausgabe der damals gegebenen Bearbeitung: Sie war von Richard Leising, einem zu früh verstorbenen Autor. Das Buch kann ich tatsächlich über einen Verlag bestellen, bei dem ich Autorenrabatt bekomme (gelegentlich schreibe ich trockene und zähe Fachliteratur). Serendipity gibt es also in der Geschichte genügend. 

Das Büchlein wird geliefert, es enthält auch eine Schilderung des Regisseurs von der Uraufführung: Zwei Schauspieler, darunter Henry Hübchen, hatten etwas zu politisch improvisiert. 

Das Stück selbst muss man sich als eine Mischung aus einem Shakespeare-Stück und einem Märchen vorstellen, Folk-Horror und Parabel. Millo, der wegen der Tötung des Rabens einem Fluch unterliegt, sein Bruder Jennaro, der ihn davon befreien will, aber von seinem Bruder verdächtigt wird, ihn umbringen zu wollen. Die Leising'sche Sprache ist wunderbar, ständig wechselnd in Stil und Tonart, lustig und tragisch, frei und gebunden. Das ursprüngliche Zitat ist von Norando, dem Herren des Raben, der Millo und Jennaro verfluchte. Ich hätte das Stück auch gerne einmal auf der Bühne gesehen. 

Zwei Zettel in einem Buch haben mich auf die Reise geschickt, zurück komme ich mit neuen Bekannten und der Erkenntnis, dass es hier immer um Krähen und Raben geht, auch wenn es zunächst gar nicht so aussieht.   

(Den Titel des Posts verdanke ich auch Tikerscherk.) 

4 Kommentare:

  1. +++ W O W +++

    Serendipity lyrics

    이 모든건 우연이 아냐
    그냥 그냥 나의 느낌으로
    온 세상이 어제완 달라
    그냥 그냥 너의 기쁨으로
    네가 날 불렀을 때 나는 너의 꽃으로
    기다렸던 것 처럼 우리 시리도록 펴
    어쩌면 우주의 섭리 그냥 그랬던 거야
    You know, I know
    너는 나, 나는 너
    설레는 만큼 많이 두려워
    운명이 우릴 자꾸 질투해서
    너만큼 나도 많이 무서워
    When you see me
    When you touch me
    우주가 우릴 위해 움직였어
    조금의 어긋남 조차 없었어
    너와 내 행복은 예정됐던 걸
    'Cause you love me and I love you
    넌 내 푸른 곰팡이
    날 구원해준 나의 천사 나의 세상
    난 네 삼색 고양이 널 만나러 온
    Love me now
    Touch me now
    Just let me love you (let me love, let me love you)
    Just let…

    *RaabenundKrähenflatternkrächzendinsWE*

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  2. Ich bin begeistert von der Recherche, wie alles ineinander greift und dann durch Zusammenarbeit etwas geklärt wurde. Es ist auch spannend, einen Faden aufzunehmen und zu suchen, auch ein Gewinn des Netzes, der mich begeistert. Mir gefällt dieses Ergebnis sehr!

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    1. Das freut mich. Ich würde vermuten, dass die meisten Leserinnen mit solchen Ausflügen etwas anfangen können, ansonsten ist das Blog schwer zu ertragen.

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